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Landtag Brandenburg - 5. Wahlperiode - Plenarprotokoll 5/23 - 7. Oktober 2010 1729<br />
wollen. Wenn wir einmal die Hauptprobleme der Schulpolitik<br />
in diesem Land betrachten, nämlich die zu großen Klassen, die<br />
zu niedrig angesetzte Vertretungsreserve, den Lehrermangel<br />
und den zu hohen Unterrichtsausfall, wird doch schnell klar,<br />
dass selbst 99 Vollzeiteinheiten aus den Leistungs- und Begabungsklassen<br />
nicht ausreichen, um flächendeckend eine individuelle<br />
Förderung zu gewährleisten.<br />
Da hilft es nur, genügend neue Lehrer einzustellen und neue<br />
Stellen zu schaffen. Das haben wir, glaube ich, schon oft genug<br />
gemeinsam gefordert. Zudem gäbe es mit der Abschaffung der<br />
Leistungs- und Begabungsklassen gar keine Förderungsmöglichkeit<br />
mehr für begabte Kinder und für Höchstleister, genauso<br />
wenig wie es jetzt eine echte Hochbegabtenförderung im<br />
Land gibt; denn das leisten die Leistungs- und Begabungsklassen<br />
nicht. Auch die fünf Begabungsstützpunkte pro Schulamtsbezirk<br />
können dies nicht auffangen. Sie geben unter anderem<br />
Beratung zum Thema individuelle Förderung im Unterricht.<br />
Aber das ist nun wirklich irgendwo ein Widerspruch in sich,<br />
wenn die Lehrer fehlen und der Unterricht ausfällt. Olympiaden<br />
und Schulwettbewerbe sind zwar gut und auch sinnvoll,<br />
aber sie ersetzen doch keine Forderung und Förderung von Talenten<br />
in der Schule.<br />
Wir stimmen in diesem Punkt auch wieder mit dem Antrag der<br />
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN überein, dass es eine<br />
qualitative Verbesserung der Begabtenförderung geben muss.<br />
Auch mehrfach hochbegabte Kinder und Jugendliche müssen<br />
gemäß ihren Fähigkeiten gefordert und gefördert werden. Das<br />
ist in Brandenburg bisher von der Bildungspolitik vernachlässigt<br />
worden.<br />
Fakt ist auch, dass Schülerinnen und Schüler mit Hochbegabung<br />
im regulären Unterricht leicht in Gefahr kommen, sich zu<br />
Minderleistern zu entwickeln, da sie oftmals gar nicht erst entdeckt<br />
werden. Daher ist die Identifizierung der hochbegabten<br />
Kinder ein wichtiger Punkt und steht am Beginn einer Talentförderung<br />
in der Schule. Darum ist es auch so wichtig, ihn in<br />
der Lehrerausbildung an Bedeutung gewinnen zu lassen. Natürlich<br />
muss die Sensibilisierung der Erzieher für Kinder mit<br />
Hochbegabung auch schon in den Kindertagesstätten erfolgen.<br />
Meine Damen und Herren, eine qualitative Weiterentwicklung<br />
der Begabungsförderung in diesem Land ist unumgänglich.<br />
Dies darf jedoch nicht auf Kosten der Leistungs- und Begabungsklassen<br />
gehen. - Vielen Dank.<br />
(Beifall FDP)<br />
Präsident Fritsch:<br />
Minister Rupprecht spricht für die Landesregierung.<br />
Minister für Bildung, Jugend und Sport Rupprecht:<br />
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird Sie alle sicherlich<br />
nicht wundern, dass ich den Antrag der Fraktionen<br />
SPD und DIE LINKE für einen wesentlich vernünftigeren Ansatz<br />
halte als den Ursprungsantrag der Grünenfraktion.<br />
Ich habe - das ist heute schon bemerkt worden - dem Fachausschuss<br />
im September einen gründlichen und auch umfangreichen<br />
Bericht zum Gesamtkonzept der Begabtenförderung im<br />
Land vorgelegt. Vielleicht, Frau von Halem, ist es sogar Anerkennung<br />
für die Qualität dieses vorgelegten Berichts, dass die<br />
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nur wenige Tage später<br />
erneut einen Bericht von der Landesregierung beantragt hat.<br />
Ich finde es allerdings bemerkenswert, wie breit Sie in Ihrem<br />
Antrag den Bogen spannen. Dabei ist sicher manches richtig,<br />
manches schießt aber aus meiner Sicht am Ziel vorbei.<br />
Begabtenförderung, meine Damen und Herren, ist nur erfolgreich<br />
- und das ist unumstritten -, wenn sie eine individualisierte<br />
Förderung ist. Es gibt kaum eine Fördermaßnahme, die für<br />
alle besonders begabten und leistungsstarken Kinder und Jugendlichen<br />
gleichermaßen geeignet ist. Richtig ist: Der Ansatz<br />
einer inklusiven Schule rückt die Möglichkeiten individueller<br />
Förderung in integrativen Angebotsformen auch für die Begabtenförderung<br />
noch stärker in den Vordergrund.<br />
Jedoch bitte ich hier auch zu beachten: Spezialklassen und auch<br />
Spezialschulen mit besonderem Profil sind nicht unvereinbar<br />
mit dem Anspruch auf eine inklusive Entwicklung des Schulsystems.<br />
Wenn wir besondere, beispielsweise sportliche oder<br />
musische Begabungen auf Exzellenzniveau fördern wollen -<br />
und das sind wir den besonders begabten Kindern ebenso<br />
schuldig wie der Gesellschaft -, dann werden wir das nicht flächendeckend<br />
können, und wir müssen das auch nicht tun, jedenfalls<br />
nicht auf demselben Niveau wie Spezialklassen und<br />
Spezialschulen. Diese Spezialeinrichtungen können die Förderung<br />
der vergleichsweise wenigen Ausnahmetalente deutlich<br />
besser und auch individueller leisten.<br />
Es ist kein Gegensatz zur Inklusion, wenn wir Exzellenz auch<br />
exzellent fördern. Herausragende Begabungen integrativ oder<br />
separierend zu fördern ist ein Problem, und diese Polarisierung<br />
engt aus meiner Sicht auch die Handlungsoptionen ein. Ich finde,<br />
besondere Begabungen angemessen zu fördern und dafür<br />
unterschiedliche Angebotsformen zu ermöglichen, das ist die<br />
Aufgabe des öffentlichen Schulwesens, und es zeigt dann auch<br />
seine Leistungsfähigkeit.<br />
Die Koalitionsfraktionen, meine Damen und Herren, haben in<br />
ihrem Entschließungsantrag wichtige Schwerpunkte benannt,<br />
an denen sich auch die Landesregierung bei der Weiterentwicklung<br />
des Gesamtkonzepts der Begabtenförderung orientiert.<br />
Dieser Antrag spannt den Bogen von der Kindertagesstätte<br />
bis zu den Eltern und auch zu den Lehrkräften. Er bindet die<br />
Begabungsförderung in ein größeres Ganzes ein, und er findet<br />
daher auch meine volle Unterstützung.<br />
Der Entschließungsantrag der FPD-Fraktion, Herr Büttner, ist<br />
völlig überflüssig. Jeder hier kennt das eigentliche Ziel dieses<br />
Antrags, und jeder weiß auch, dass wir die sechsjährige Grundschule<br />
nicht infrage stellen werden. So viel dazu. - Danke<br />
schön.<br />
(Beifall SPD und DIE LINKE)<br />
Präsident Fritsch:<br />
Das Wort erhält noch einmal die antragstellende Fraktion. Die<br />
Abgeordnete von Halem, bitte.<br />
Frau von Halem (GRÜNE/B90):<br />
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und<br />
Kollegen! Erst einmal sollten wir den Begriffswirrwarr „Weiter-