Antwort
Antwort
Antwort
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1698 Landtag Brandenburg - 5. Wahlperiode - Plenarprotokoll 5/23 - 7. Oktober 2010<br />
Kollegin Stark, so ungern ich Ihnen widerspreche: Polizeifachliche<br />
Gründe spielten bei dieser Reform wirklich überhaupt<br />
keine Rolle.<br />
(Frau Stark [SPD]: Aber hundertprozentig!)<br />
Es ging ausschließlich um die Reduzierung der Zahl der Angehörigen<br />
der Polizei von gegenwärtig 8 900 auf 7 000. Das war<br />
die klare Zielvorgabe, unter der die Reform erarbeitet wurde.<br />
Polizeifachlich war da nichts untersetzt.<br />
(Holzschuher [SPD]: Dann haben Sie das Konzept nicht<br />
verstanden!)<br />
Zum Konzept: Herr Bosch, der das Konzept im Innenausschuss<br />
vorgestellt hat - ich bin gerührt angesichts des Umstands, dass<br />
mir nun Leute, die in der Sitzung des Innenausschusses nicht<br />
anwesend waren, erklären wollen, was dort gesagt worden ist;<br />
wären Sie erschienen, wüssten Sie es -, erklärte, dass das vorliegende<br />
Konzept die polizeiunschädlichste Lösung sei. Es<br />
wurde nach einem Konzept gesucht, das den geringsten Schaden<br />
anrichtet. Alle, die in der Ausschusssitzung anwesend waren,<br />
haben es gehört. Klar ist: Mit 1 900 Beamten weniger kann<br />
die Polizei nicht dieselbe Leistung erbringen wie derzeit; das<br />
ist eine Tatsache, und damit wird man leben müssen.<br />
Herr Kollege Woidke, Sie sagten, im Gesetzentwurf stehe<br />
nichts zur künftigen Umsetzung. Das trifft zu. Das Gesetz ist<br />
eine Ermächtigungsgrundlage für Sie zu agieren. Die Abgeordneten<br />
der rot-roten Koalition müssen wissen, dass sie dem<br />
Innenminister damit freie Hand geben, künftig mehr oder weniger<br />
nach Belieben Wachen zu schließen. Wenn Sie davon<br />
sprechen, dass die Priorität auf der Bildung liege, so ist das gut<br />
und schön, aber es heißt eben, dass Sie im Grunde nicht verstanden<br />
haben, dass Polizei und Justiz besondere Institutionen<br />
sind, die den Staat ausmachen, und man insofern darauf einen<br />
besonderen Schwerpunkt legen muss. Das Innenministerium<br />
kann nicht gleichwertig wie das Ministerium für Infrastruktur<br />
und Landwirtschaft behandelt werden. Fragen Sie Ihren Kollegen<br />
Schöneburg, der das Justizministerium leitet. Er hat verstanden,<br />
wie es in der Justiz zugeht. Von ihm können Sie als<br />
Innenminister noch lernen. Es ist dann sicherlich kein Problem,<br />
es entsprechend umzusetzen.<br />
Natürlich werden Sie in der nächsten Zeit viele Wachen besichtigen;<br />
davon gehe ich aus. Ich bin am 22. Oktober im Landkreis<br />
Spree-Neiße unterwegs: in Cottbus, Forst, Guben und Spremberg.<br />
Ich werde mir in Ihrem Heimatkreis ansehen, wie die Wachen<br />
gegenwärtig aufgestellt sind und welche Konsequenzen<br />
es haben wird, wenn sie denn geschlossen werden.<br />
Herr Minister, ich begegne Ihnen durchaus mit einem gewissen<br />
Vertrauensvorschuss. Ich habe Sie im Verlauf des letzten Jahres<br />
kennengelernt, und ich traue Ihnen zu, dass Sie im Gegensatz<br />
zu Ihrem Amtsvorgänger im Laufe der Zeit mit dem Herzen im<br />
Innenministerium ankommen. Das ist wichtig für die Beamten<br />
und für die von der Reform Betroffenen. Ob dies eintritt, wird<br />
sich zeigen. Sie werden die Ergebnisse vorlegen, und daran<br />
werden Sie dann sicherlich gemessen werden.<br />
Ein erster Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens wäre<br />
die Aufhebung einer Entscheidung Ihres Vorgängers. Es gibt<br />
die Regelung, dass Mitglieder des Landtages bei Besuchen einer<br />
Polizeidienststelle nur von einem Mitarbeiter, der gegebenfalls<br />
mitschreiben kann, begleitet werden dürfen. Früher war<br />
das unkompliziert. Wenn drei oder vier Begleiter erlaubt wären,<br />
wäre uns schon geholfen.<br />
(Jürgens [DIE LINKE]: Wir können selbst schreiben!)<br />
Die Konsequenz dieser Regelung ist, dass ich zum Beispiel<br />
Bürgermeister von betroffenen Kommunen nicht zu den Wachenbesichtigungen<br />
mitnehmen kann, weil sie nicht zu meinen<br />
Mitarbeitern zählen. Da müsste der Bürgermeister dann wohl<br />
erst ein Praktikum in unserer Fraktion machen. Es wäre eine<br />
vertrauensbildende Maßnahme, wenn Sie die Zahl ausweiteten,<br />
sodass auch Bürgermeister, wenn die Wache in ihrem Ort von<br />
Landtagsabgeordneten besichtigt wird, an dem Besuch teilnehmen<br />
können.<br />
Viele Fragen sind offen geblieben. Offen ist, wie der Dienstantritt<br />
erfolgen soll und wo die Polizisten ihre Waffen in Empfang<br />
nehmen. Offen ist, was aus der Gewahrsamnahme wird, das<br />
heißt, wie weit nach einer Festnahme gefahren werden soll und<br />
wie die Beamten zurück zu ihren Einsatzbereichen kommen.<br />
Das alles ist offengeblieben. Das muss alles gestaltet werden.<br />
Zur Kriminalpolizei findet sich fast nichts im Konzept. Die<br />
Aufklärungsquoten sinken. Sie haben Schleswig-Holstein als<br />
Benchmark für die Reform angegeben. Schleswig-Holstein ist<br />
bundesweit das Land mit der niedrigsten Aufklärungsquote. Ist<br />
das jetzt unsere Benchmark? Kommen wir dahin, uns am<br />
Schlechtesten zu orientieren und dann die Polizeireform auf<br />
dieser Grundlage umzusetzen? Das kann so nicht funktionieren.<br />
Sie wollen den Polizeibeirat künftig bei den Direktionen ansiedeln,<br />
bisher war er bei den Präsidien. Bisher war es so, dass die<br />
Präsidien, eigentlich die Präsidenten, über Wachenschließungen<br />
entschieden haben. Ich vermute, dass es auch künftig so<br />
sein wird, dass der Präsident entscheidet. Wenn Sie die Polizeibeiräte<br />
dort wegnehmen und auf die Direktionen verlagern,<br />
heißt das, dass die Polizeibeiräte in die Schließung von Wachen<br />
nicht mehr einbezogen werden sollen. Das wäre die Konsequenz<br />
daraus. Darüber werden wir reden müssen, weil es so<br />
nicht funktionieren kann.<br />
Vizepräsidentin Große:<br />
Herr Abgeordneter Goetz, Sie werden wohl später darüber reden<br />
müssen, Ihre Redezeit ist zu Ende.<br />
Goetz (FDP):<br />
Dann komme ich zum Schluss. - Herr Minister, wenn Sie den<br />
Innenausschuss und die Anhörung dort nicht nur als Durchlauferhitzer<br />
betrachten, sondern wirklich mit dem Ziel, das Gesetz<br />
zu verbessern, dann haben Sie in der FDP-Fraktion einen guten<br />
Partner. Ihre Arbeit dort wird Ihre Nagelprobe. - Ich danke Ihnen.<br />
(Beifall FDP)<br />
Vizepräsidentin Große:<br />
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Wir setzen mit dem<br />
Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Dr.<br />
Scharfenberg erhält das Wort.