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Literaturanalyse Integration in die Arbeitswelt durch Gleichstellung

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Pärli/Lichtenauer/Caplazi: <strong>Literaturanalyse</strong> „<strong>Integration</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> <strong>durch</strong> <strong>Gleichstellung</strong>“ 18<br />

E<strong>in</strong> Grund dafür ist, dass <strong>die</strong> Behörden hier weniger darauf angewiesen s<strong>in</strong>d, klare<br />

Grenzen zu def<strong>in</strong>ieren. Da das Erkenntnis<strong>in</strong>teresse der europäischen Stu<strong>die</strong> spezifisch <strong>in</strong><br />

der Def<strong>in</strong>ition des Beh<strong>in</strong>derungsbegriffs liegt, fehlen Aussagen darüber, ob solche<br />

<strong>in</strong>tegrierten Strukturen generell für <strong>die</strong> <strong>Integration</strong> von Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung<br />

<strong>in</strong> den Arbeitsmarkt förderlicher s<strong>in</strong>d. 65<br />

2.25 Bei der Feststellung der Anspruchsberechtigung auf e<strong>in</strong>e Invalidenrente kommt jedoch<br />

meist e<strong>in</strong> eher mediz<strong>in</strong>isch gefärbter Begriff von Beh<strong>in</strong>derung zur Anwendung, da hier<br />

genau festgelegt werden muss, wer als beh<strong>in</strong>dert gilt und wer nicht. Die<br />

Invalidenversicherung bezieht sich von ihrem Auftrag her explizit auf Menschen mit<br />

e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung und nicht z.B. auf Arbeitslose oder alte Menschen. E<strong>in</strong>e tendenziell<br />

mediz<strong>in</strong>ische Def<strong>in</strong>ition liegt z.B. auch dem <strong>Integration</strong>smodell der Quotenregelungen<br />

zugrunde, braucht es auch hier klare Abgrenzungskriterien. 66<br />

2.26 Angesichts der Schwierigkeit, Beh<strong>in</strong>derung zu def<strong>in</strong>ieren, plä<strong>die</strong>ren <strong>die</strong> Autoren der<br />

Stu<strong>die</strong> dafür, wenn immer möglich, nichtbeh<strong>in</strong>derungsbezogenen sozialpolitischen<br />

Massnahmen den Vorrang zu geben, denn <strong>in</strong>sgesamt, so resümieren sie, gibt es ke<strong>in</strong>e<br />

wirklich geeignete Methode <strong>in</strong> der Sozialpolitik, Grenzen zwischen Menschen mit e<strong>in</strong>er<br />

Beh<strong>in</strong>derung und solchen ohne Beh<strong>in</strong>derung zu ziehen. 67<br />

2.27 MASCHKE und JUSTIN kritisieren <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Zusammenhang, dass <strong>die</strong> herkömmlichen<br />

Klassifikationssysteme sich hauptsächlich darauf konzentrieren, <strong>in</strong>dividuelle Defizite<br />

herauszuf<strong>in</strong>den, und Kontextbed<strong>in</strong>gungen wie „spezifische Interaktionen und<br />

<strong>in</strong>stitutionelle sowie materielle Barrieren“ auszublenden. 68<br />

2.28 E<strong>in</strong>e Politik, <strong>die</strong> sich am sozialen Modell von Beh<strong>in</strong>derung orientiert, richtet ihre<br />

Massnahmen generell so aus, dass sie zur Beseitigung von Barrieren beitragen, welche<br />

<strong>die</strong> Partizipation von Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung e<strong>in</strong>schränken. Insgesamt zielt sie<br />

darauf ab, beh<strong>in</strong>dernde Faktoren zu beseitigen und befähigende Faktoren zu fördern.<br />

Damit konzentriert sie sich mehr auf <strong>die</strong> Ermittlung von beh<strong>in</strong>dernden Situationen als<br />

darauf, Menschen mit Beh<strong>in</strong>derung zu klassifizieren. Sie steht damit im Gegensatz zum<br />

klassischen Sozialfürsorgeansatz, der sich an dem mediz<strong>in</strong>ischen Modell von<br />

Beh<strong>in</strong>derung orientiert und mit Hilfe von Geldleistungen und anderen Massnahmen der<br />

Sozialfürsorge der Benachteiligung entgegengewirkt werden soll, <strong>die</strong> sich aus der<br />

Schädigung der Person ergibt. Die Zuteilung von <strong>in</strong>dividuellen Leistungen kommt<br />

zurzeit nur schwer ohne beh<strong>in</strong>derungsbezogene Def<strong>in</strong>itionen aus. Massnahmen, <strong>die</strong> auf<br />

dem sozialen Modell von Beh<strong>in</strong>derung basieren, können demgegenüber so festgelegt<br />

werden, dass auf e<strong>in</strong>e spezielle Def<strong>in</strong>ition von Beh<strong>in</strong>derung verzichtet werden kann,<br />

wie <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> der EUROPÄISCHEN KOMMISSION festhält. So richtet sich z.B. das<br />

Recht auf flexiblere Arbeitszeiten oder Massnahmen, bei denen der Arbeitgeber im<br />

Bezug auf <strong>die</strong> Arbeitsumgebung ausreichende Vorkehrungen treffen muss, potentiell an<br />

alle Arbeitnehmer. Für Arbeitnehmer mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung können sie aber von<br />

besonderem Wert se<strong>in</strong>. 69<br />

65 EUROPÄISCHE KOMMISSION (Def<strong>in</strong>itionen), Kap. 3 und 4; vgl. auch S. 105f.<br />

66 siehe zur Def<strong>in</strong>ition <strong>in</strong> den Quotenregelungen auch das Kapitel über Quotenregeln <strong>in</strong> der vorliegenden<br />

Analyse.<br />

67 EUROPÄISCHE KOMMISSION (Def<strong>in</strong>itionen), S. 61ff.<br />

68 MASCHKE/JUSTIN, S. 4 ; siehe dazu auch BARNES/MERCER.<br />

69 EUROPÄISCHE KOMMISSION (Def<strong>in</strong>itionen),S. 21f.; für <strong>die</strong> Def<strong>in</strong>itionen von Beh<strong>in</strong>derung <strong>in</strong> den<br />

Sozialversicherungssystemen e<strong>in</strong>zelner Länder siehe Tabelle S.8f. <strong>in</strong> WYNNE/MACANANEY.

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