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Literaturanalyse Integration in die Arbeitswelt durch Gleichstellung

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Pärli/Lichtenauer/Caplazi: <strong>Literaturanalyse</strong> „<strong>Integration</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> <strong>durch</strong> <strong>Gleichstellung</strong>“ 52<br />

Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld<br />

geschaffen wird“. Die Richtl<strong>in</strong>ie beschränkt das Belästigungsverbot nicht auf<br />

Handlungen der Arbeitgeber oder höhergestellter Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen gegenüber ihren<br />

Untergebenen. Es ist auch ke<strong>in</strong>e Belästigungsabsicht notwendig (siehe den<br />

Richtl<strong>in</strong>ientext „… bezwecken oder bewirken…“). Die Richtl<strong>in</strong>ie enthält ke<strong>in</strong>e<br />

Vorschriften zur Verantwortung des Arbeitgebers von Belästigungen unter<br />

Arbeitnehmenden oder von Kunden gegenüber Arbeitnehmenden. 214 Die Anweisung zur<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung ist nach Art. 2 Abs. 2 Ziff. 4 RL 2000/78/EG der Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />

gleichgestellt. Bei der Umsetzung <strong>die</strong>ser Bestimmung kommen allgeme<strong>in</strong>e rechtliche<br />

Grundsätze der Mittäterschaft zur Anwendung. 215<br />

3.9 Nach Art. 5 der RL 2000/78/EG müssen Arbeitgebende angemessene Vorkehrungen<br />

treffen, damit der Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Menschen mit Beh<strong>in</strong>derung<br />

gewährleistet werden kann. Die Arbeitgebenden müssen „geeignete und im konkreten<br />

Fall erforderliche Massnahmen“ ergreifen, damit Menschen mit Beh<strong>in</strong>derung der Zugang<br />

zur Beschäftigung, <strong>die</strong> Ausübung e<strong>in</strong>es Berufes, der berufliche Aufstieg und <strong>die</strong><br />

Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmassnahmen ermöglicht werden kann. Solche<br />

Belastungen s<strong>in</strong>d <strong>durch</strong> <strong>die</strong> Arbeitgebenden <strong>in</strong> dem Rahmen zu tragen, wie sie den<br />

Arbeitgeber nicht unverhältnismässig belasten.<br />

3.10 Die RL 2000/78/EG führt <strong>in</strong> Art. 7 so genannte positive und spezifische Massnahmen<br />

auf, <strong>die</strong> ke<strong>in</strong>e Diskrim<strong>in</strong>ierung aufgrund e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung darstellen. Unter positiven<br />

Massnahmen s<strong>in</strong>d solche zu verstehen, <strong>die</strong> Benachteiligungen aufgrund von Beh<strong>in</strong>derung<br />

bei der <strong>Integration</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> ausgleichen sollen. Art. 7 Abs. 2 der RL<br />

2000/78/EG erlaubt den Mitgliedstaaten, „Bestimmungen zum Schutz der Gesundheit<br />

und der Sicherheit am Arbeitsplatz beizubehalten oder zu erlassen (…)“. Das ist nicht<br />

unproblematisch. 216 Stu<strong>die</strong>n zeigen, dass arbeitsmediz<strong>in</strong>ische und Sicherheitsvorschriften<br />

e<strong>in</strong> schwerwiegendes H<strong>in</strong>dernis beim Zugang von beh<strong>in</strong>derten Arbeitskräften zu<br />

Beschäftigung bzw. Weiterbeschäftigung darstellen können. 217 Mediz<strong>in</strong>ische<br />

E<strong>in</strong>stellungstests bergen e<strong>in</strong> erhebliches Diskrim<strong>in</strong>ierungspotenzial. Die strikte<br />

Beachtung von Daten- und Persönlichkeitsschutzbestimmungen ist evident.<br />

3.11 Nach Art. 4 RL 2000/78/EG können <strong>die</strong> Mitgliedstaaten vorsehen, dass e<strong>in</strong>e<br />

Ungleichbehandlung aufgrund e<strong>in</strong>es Diskrim<strong>in</strong>ierungskriteriums ke<strong>in</strong>e Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />

darstellt, „wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art e<strong>in</strong>er bestimmten Tätigkeit<br />

oder der Bed<strong>in</strong>gung ihrer Ausübung e<strong>in</strong>e wesentliche und entscheidende berufliche<br />

Anforderung darstellt, sofern es sich um e<strong>in</strong>en rechtmässigen Zweck und e<strong>in</strong>e<br />

angemessene Anforderung handelt“. Die Ausnahmen vom Diskrim<strong>in</strong>ierungsverbot im<br />

S<strong>in</strong>ne von Art. 4 der RL 2000/78/EG s<strong>in</strong>d nicht mit den Rechtfertigungsgründen e<strong>in</strong>er<br />

mittelbaren Diskrim<strong>in</strong>ierung zu verwechseln. Liegen Ausnahmetatbestände im S<strong>in</strong>ne von<br />

Art. 4 der RL 2000/78/EG vor, so liegt trotz bestehender Ungleichbehandlung unter<br />

Anknüpfung an e<strong>in</strong>es (oder mehrere) der verbotenen Unterscheidungsgründe bereits<br />

tatbestandsmässig ke<strong>in</strong>e Diskrim<strong>in</strong>ierung vor. In Erwägungsgrund Nr. 23 zur RL<br />

214 COMACK/BELL, S. 35.<br />

215 COMACK/BELL, S. 37.<br />

216 DE SCHUTTER, S. 42.<br />

217 Siehe The Extent of use of health and safety requirements as a false excuse for not employ<strong>in</strong>g sick of<br />

disabled persons, HSE Research Report 167, 2003, Quelle: http://www.hse.gov.uk/RESEARCH/rrpdf/rr167.pdf<br />

(28.02.2007).

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