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Literaturanalyse Integration in die Arbeitswelt durch Gleichstellung

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Pärli/Lichtenauer/Caplazi: <strong>Literaturanalyse</strong> „<strong>Integration</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> <strong>durch</strong> <strong>Gleichstellung</strong>“ 22<br />

M<strong>in</strong>derheit der Welt. 85 Die hohen Erwerbslosenquoten unter Menschen mit e<strong>in</strong>er<br />

Beh<strong>in</strong>derung zeigen, dass beh<strong>in</strong>derter Personen sehr schlecht im Arbeitsmarkt <strong>in</strong>tegriert<br />

s<strong>in</strong>d. Armut und soziale Ausgrenzung s<strong>in</strong>d oft <strong>die</strong> Folge. Ausserdem s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> tiefen<br />

Beschäftigungsquoten „makroökonomisch <strong>in</strong>effizient“, so <strong>die</strong> OECD, denn e<strong>in</strong><br />

grosser Teil der Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung könnte unter geeigneten Bed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>durch</strong>aus e<strong>in</strong>er Beschäftigung nachgehen. 86 Auch <strong>die</strong> ILO ist der Auffassung, dass <strong>die</strong><br />

Erwerbstätigkeit von Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung für <strong>die</strong> Volkswirtschaft von<br />

wesentlicher Bedeutung wäre und <strong>die</strong> Sozialausgaben deutlich senken könnte. 87 Um <strong>die</strong><br />

schlechte Beschäftigungssituation von Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung zu verbessern,<br />

ist e<strong>in</strong>e beschäftigungsorientierte Beh<strong>in</strong>dertenpolitik gefordert. Es lässt sich festhalten,<br />

dass <strong>die</strong> defizitorientierte Sichtweise des klassischen Sozialfürsorgeansatzes nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt geeignet ist, <strong>die</strong> <strong>Integration</strong> <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt voranzutreiben, widerspricht<br />

sie doch der Forderung der OECD, sich von der Gleichsetzung von Beh<strong>in</strong>derung mit<br />

Erwerbsunfähigkeit zu verabschieden (siehe 2.30). Im Gegenteil: Nach DEGENER<br />

zw<strong>in</strong>gt <strong>die</strong> Tatsache, dass Leistungen hier an Unfähigkeit und Hilfebedürftigkeit<br />

gebunden s<strong>in</strong>d, Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung gewissermassen dazu, sich e<strong>in</strong>e<br />

„beschädigte Identität“ zuzulegen. 88 Ausserdem blendet e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuumszentrierte<br />

Sichtweise aus, dass <strong>die</strong> Ursache der Erwerbslosigkeit häufig <strong>in</strong> gesellschaftlichen<br />

Zugangsbarrieren liegt und weniger <strong>in</strong> der <strong>in</strong>dividuellen Schädigung der Person<br />

selbst. 89 So kann z.B. das Fehlen beh<strong>in</strong>dertengerechter öffentlicher Verkehrsmittel sich<br />

als das grössere H<strong>in</strong>dernis bei der Ausübung e<strong>in</strong>er Erwerbstätigkeit herausstellen als <strong>die</strong><br />

e<strong>in</strong>geschränkte physische Mobilität an sich. Im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> berufliche <strong>Integration</strong><br />

von Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung könnten sich evtl. ressourcenorientierte<br />

Massnahmen, welche auf <strong>die</strong> Beseitigung von Barrieren und <strong>die</strong> Herstellung von<br />

Chancengleichheit zielen, als geeigneter erweisen, <strong>die</strong> Forderung der OECD zu erfüllen<br />

und e<strong>in</strong>e gleichberechtigte Teilnahme am Erwerbsleben zu ermöglichen. 90 Interessant ist,<br />

dass sich <strong>die</strong> Forderung der OECD nach e<strong>in</strong>er beschäftigungsorientierten<br />

Beh<strong>in</strong>dertenpolitik im Gegensatz zu e<strong>in</strong>er auf Fürsorge ausgerichteten Politik mit den<br />

langjährigen Forderungen der Beh<strong>in</strong>dertenbewegung deckt, Menschen mit e<strong>in</strong>er<br />

Beh<strong>in</strong>derung als gleichberechtigte Mitbürger zu behandeln, <strong>die</strong> <strong>durch</strong>aus fähig s<strong>in</strong>d, sich<br />

auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten. Auch <strong>die</strong> EU hat erkannt, dass <strong>die</strong> <strong>Integration</strong> <strong>in</strong> den<br />

Arbeitsmarkt e<strong>in</strong> wesentliches Ziel ihrer Sozialpolitik se<strong>in</strong> muss, wenn sie den steigenden<br />

Kosten der Sozialsysteme begegnen und der Ausgrenzung beh<strong>in</strong>derten Menschen<br />

entgegenwirken will. 91 Im rechtlichen Teil wird darauf genauer e<strong>in</strong>gegangen.<br />

2.36 Die soziodemographischen Daten zur Beschäftigungssituation von Menschen mit<br />

Beh<strong>in</strong>derung legen im Weiteren den Schluss nahe, Massnahmen zur <strong>Integration</strong> <strong>in</strong> den<br />

Arbeitsmarkt möglichst vielschichtig anzugehen. Wie gezeigt wurde, erhöht e<strong>in</strong>e gute<br />

Ausbildung, <strong>die</strong> Chancen erwerbstätig zu se<strong>in</strong>, erheblich. Aus <strong>die</strong>sem Grund muss der<br />

Aus- und Weiterbildung von Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung e<strong>in</strong>e hohe<br />

85 siehe dazu UN-Convention on the Rights of Persons with disabilities: Die UNO geht von e<strong>in</strong>em Anteil von<br />

10% an der Weltbevölkerung aus UN(Facts).<br />

86 OECD (Beh<strong>in</strong>dertenpolitik), S. 32.<br />

87 ILO (WORK).<br />

88 DEGENER (Konstruktion), S. 457.<br />

89 vgl. dazu auch DEGENER (Konstruktion), S. 456.<br />

90 siehe dazu auch SCHULTE (Beh<strong>in</strong>dertenpolitik), S. 482ff.<br />

91 vgl. dazu SCHULTE (Beh<strong>in</strong>dertenpolitik).

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