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Literaturanalyse Integration in die Arbeitswelt durch Gleichstellung

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Pärli/Lichtenauer/Caplazi: <strong>Literaturanalyse</strong> „<strong>Integration</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> <strong>durch</strong> <strong>Gleichstellung</strong>“ 9<br />

Versorgung“ der OECD 3 von 2003 zu erwähnen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> fast jedem Bericht, der nach<br />

Ersche<strong>in</strong>en der Stu<strong>die</strong> verfasst worden ist, zitiert wird. Auch <strong>in</strong> der vorliegenden<br />

<strong>Literaturanalyse</strong> wird dem OECD Bericht e<strong>in</strong>e hohe Aufmerksamkeit geschenkt, da es<br />

sich zum jetzigen Zeitpunkt mit Abstand um <strong>die</strong> ausführlichste und breitest angelegte<br />

Stu<strong>die</strong> zu <strong>die</strong>ser Thematik handelt.<br />

II Literaturüberblick<br />

1 Beh<strong>in</strong>derung / Invalidität / Beh<strong>in</strong>derungsbegriff<br />

2.1 Sowohl <strong>in</strong> offiziellen wie auch <strong>in</strong> <strong>in</strong>offiziellen Quellen herrscht e<strong>in</strong>e grosse<br />

Übere<strong>in</strong>stimmung darüber, dass Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung überproportional<br />

schlecht im ersten Arbeitsmarkt vertreten s<strong>in</strong>d. 4 Verlässliche Zahlen hierzu s<strong>in</strong>d jedoch<br />

schwer zu ermitteln. In ihrer Stu<strong>die</strong> über den <strong>in</strong>ternationalen Vergleich der<br />

Beh<strong>in</strong>dertenpolitik hebt <strong>die</strong> OECD gleich zu Beg<strong>in</strong>n hervor, dass es e<strong>in</strong>e<br />

allgeme<strong>in</strong>gültige Def<strong>in</strong>ition von „Beh<strong>in</strong>derung“ zurzeit nicht gibt. 5 Wer als beh<strong>in</strong>dert<br />

gilt, variiert je nach Beh<strong>in</strong>derungsbegriff, der e<strong>in</strong>er Erhebungsmethode zugrunde liegt;<br />

deshalb können auch nur schwer objektive und <strong>in</strong>ternational vergleichbare statistische<br />

Angaben zur Anzahl der von e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung betroffenen Menschen sowie zu ihren<br />

Beschäftigungsquoten gemacht werden. Viele der für <strong>die</strong> vorliegende <strong>Literaturanalyse</strong><br />

konsultierten Stu<strong>die</strong>n beg<strong>in</strong>nen denn auch mit e<strong>in</strong>em Verweis auf <strong>die</strong> Schwierigkeit, den<br />

Begriff Beh<strong>in</strong>derung zu def<strong>in</strong>ieren. 6 In unserem Zusammenhang stellt sich <strong>die</strong> Frage,<br />

welche unterschiedlichen Def<strong>in</strong>itionen von „Beh<strong>in</strong>derung“ es gibt, und wie sie sich auf<br />

beh<strong>in</strong>dertenpolitische Massnahmen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>Integration</strong> <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt<br />

auswirken. Wie e<strong>in</strong>e Stu<strong>die</strong> der EUROPÄISCHEN KOMMISSION e<strong>in</strong>deutig zeigt, hat<br />

<strong>die</strong> Def<strong>in</strong>ition von Beh<strong>in</strong>derung erheblichen E<strong>in</strong>fluss darauf, wie Menschen mit<br />

Beh<strong>in</strong>derung von Verwaltungen und anderen E<strong>in</strong>richtungen behandelt werden. 7 Der<br />

jeweilige Beh<strong>in</strong>derungsbegriff bestimmt im Wesentlichen darüber, wer e<strong>in</strong> Anrecht auf<br />

welche Art von Hilfe hat und wie gross <strong>die</strong> als „beh<strong>in</strong>dert“ bezeichnete Gruppe ist. 8 Wie<br />

später ausgeführt wird, ist <strong>die</strong>s auch für <strong>die</strong> Schweiz von Bedeutung (Rz 2.29).<br />

a) Vom mediz<strong>in</strong>ischen zum sozialen Modell von Beh<strong>in</strong>derung<br />

2.2 Der Beh<strong>in</strong>derungsbegriff hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte stark gewandelt. E<strong>in</strong><br />

wichtiger Antriebsfaktor für <strong>die</strong> Veränderung war <strong>die</strong> <strong>in</strong> den späten sechziger Jahren <strong>in</strong><br />

den USA entstandene Beh<strong>in</strong>dertenbewegung. 9 Stand früher <strong>die</strong> mediz<strong>in</strong>ische Sichtweise<br />

und damit der <strong>in</strong>dividuelle Grad der Schädigung e<strong>in</strong>er Person im Vordergrund, so wird<br />

derzeit der Fokus eher auf <strong>die</strong> Bee<strong>in</strong>trächtigung <strong>die</strong>ser Person <strong>durch</strong> ihr soziales Umfeld<br />

gerichtet. Damit hat sich <strong>in</strong> den Sozialwissenschaften e<strong>in</strong> Verständnis von Beh<strong>in</strong>derung<br />

<strong>durch</strong>gesetzt, welches weith<strong>in</strong> als das soziale Modell von Beh<strong>in</strong>derung bezeichnet wird.<br />

Im Gegensatz dazu steht das mediz<strong>in</strong>ische Modell - auch als <strong>in</strong>dividuumszentriertes<br />

Paradigma bezeichnet - das zwar als überholt gilt, im öffentlichen Verständnis jedoch<br />

häufig noch immer <strong>die</strong> verbreitetste Sichtweise darstellt. Im mediz<strong>in</strong>ischen Modell wird<br />

3 OECD (Beh<strong>in</strong>dertenpolitik).<br />

4 vgl. dazu z.B. BARNES, S. 445; MASCHKE, S. 167ff.; OECD (Beh<strong>in</strong>dertenpolitik), S. 59; OECD (Hemmnisse), S.<br />

5.<br />

5 OECD (Beh<strong>in</strong>dertenpolitik), S. 45ff.<br />

6 vgl. z.B. OECD (Beh<strong>in</strong>dertenpolitik); NOLÉN; WYNNE/MACANANEY/KELLY und RÜST/DEBRUNNER, S. 31.<br />

7 vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION (Def<strong>in</strong>itionen), S. 3.<br />

8 MASCHKE/POWELL, S. 2.<br />

9 BARNES; siehe auch DEGENER (Neu denken); MILES-PAUL.

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