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Literaturanalyse Integration in die Arbeitswelt durch Gleichstellung

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Pärli/Lichtenauer/Caplazi: <strong>Literaturanalyse</strong> „<strong>Integration</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> <strong>durch</strong> <strong>Gleichstellung</strong>“ 21<br />

von unterschiedlich gearteten Rehabilitationsmassnahmen dem Arbeitsplatz so weit wie<br />

möglich anzupassen. 80<br />

2.33 Der zweite Ansatz, der sich <strong>in</strong> Beh<strong>in</strong>dertenpolitik und -recht ausmachen lässt, ist auf den<br />

<strong>in</strong> Teil II Kapitel 1a) beschriebenen Paradigmawechsel h<strong>in</strong> zum sozialen Modell von<br />

Beh<strong>in</strong>derung zurückzuführen. In Rz 2.28 wurde bereits erwähnt, wie Massnahmen<br />

aussehen, <strong>die</strong> sich am sozialen Modell von Beh<strong>in</strong>derung orientieren. Der Wandel <strong>in</strong> der<br />

Beh<strong>in</strong>dertenpolitik hat dazu geführt, dass bei beh<strong>in</strong>dertenpolitischen Massnahmen, <strong>die</strong><br />

<strong>in</strong>dividuellen Bee<strong>in</strong>trächtigungen e<strong>in</strong>er Person nicht mehr zwangsläufig vordergründig<br />

s<strong>in</strong>d. Vielmehr wird stattdessen das Augenmerk auf „das Potenzial beh<strong>in</strong>derter Menschen<br />

zur Beteiligung am gesellschaftlichen Leben und <strong>in</strong>sbesondere am Erwerbsleben“ und<br />

auf <strong>die</strong> Achtung ihrer Rechte gelenkt. 81 Nach SCHULTE steht hier der Gedanke der<br />

Chancengleichheit für Menschen mit Beh<strong>in</strong>derungen im Vordergrund. 82 Mit Hilfe von<br />

Antidiskrim<strong>in</strong>ierungsmassnahmen und <strong>Gleichstellung</strong>sgesetzen sollen Barrieren<br />

abgebaut werden, welche <strong>die</strong> (Arbeits-)<strong>Integration</strong> von Menschen mit Beh<strong>in</strong>derung<br />

„beh<strong>in</strong>dern“.<br />

d) Vorläufige Conclusio für unsere Arbeit<br />

2.34 Die bisherige Analyse unterschiedlicher Stu<strong>die</strong>n hat gezeigt, dass weder national noch<br />

<strong>in</strong>ternational e<strong>in</strong> Konsens darüber besteht, was als Beh<strong>in</strong>derung zu def<strong>in</strong>ieren ist. Die<br />

Schwierigkeit, e<strong>in</strong>deutiges Datenmaterial zur Anzahl von Menschen mit e<strong>in</strong>er<br />

Beh<strong>in</strong>derung an der Gesamtbevölkerung sowie zur ihrer Repräsentation auf dem<br />

Arbeitsmarkt zu f<strong>in</strong>den, streicht <strong>die</strong> Relativität von Beh<strong>in</strong>derung mit aller Deutlichkeit<br />

hervor. Je nach dem, welches Klassifizierungssystem angewendet wird, ändert sich der<br />

Personenkreis der als beh<strong>in</strong>dert klassifizierten Menschen. Die im sozialen Modell<br />

postulierte Kontextabhängigkeit von Beh<strong>in</strong>derung f<strong>in</strong>det sich hier bestätigt. Aufgrund der<br />

je nach Kontext und Land unterschiedlichen rechtlichen Def<strong>in</strong>itionen lässt sich <strong>durch</strong>aus<br />

von „Beh<strong>in</strong>derung als rechtliche(r) Konstruktion“ 83 sprechen, wie es <strong>die</strong> Disability<br />

Stu<strong>die</strong>s tun. Vor <strong>die</strong>sem H<strong>in</strong>tergrund ist auch <strong>die</strong> These von HAHN zu verstehen, <strong>die</strong><br />

besagt, dass Beh<strong>in</strong>derung im Pr<strong>in</strong>zip das ist, was Politik unter Beh<strong>in</strong>derung versteht. 84<br />

Mit ihrem mehrdimensionalen Beh<strong>in</strong>derungsbegriff von 2001 hat <strong>die</strong> WHO - wie gezeigt<br />

- versucht der Problematik gerecht zu werden, <strong>in</strong>dem hier vermehrt <strong>die</strong><br />

Kontextabhängigkeit von Beh<strong>in</strong>derung berücksichtigt wird. E<strong>in</strong>er am sozialen Modell<br />

von Beh<strong>in</strong>derung orientierten Beh<strong>in</strong>derungspolitik stellt sich das Def<strong>in</strong>itionsproblem<br />

grundsätzlich weniger. Massnahmen, <strong>die</strong> auf den Abbau von gesellschaftlichen Barrieren<br />

zielen, kommen oft auch ohne Beh<strong>in</strong>derungskategorien aus, wie <strong>in</strong> Teil II Kapitel 1c)<br />

gezeigt wurde. Dies kann <strong>durch</strong>aus als e<strong>in</strong> Vorteil <strong>die</strong>ser Massnahmen gesehen werden,<br />

<strong>in</strong>sofern als damit auch <strong>die</strong> hohen Abklärungskosten reduziert werden könnten.<br />

2.35 Der Anteil von Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung an der Weltbevölkerung wird zwar je<br />

nach Erhebungsmethode unterschiedlich hoch e<strong>in</strong>geschätzt, es kann jedoch ke<strong>in</strong> Zweifel<br />

darüber bestehen, dass es sich bei Menschen mit e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung ke<strong>in</strong>esfalls um e<strong>in</strong>e<br />

zu vernachlässigende kle<strong>in</strong>e Gruppe handelt. Die UNO spricht von der grössten<br />

80 vgl. NOLÉN, S. 38f.<br />

81 SCHULTE (Beh<strong>in</strong>dertenpolitik), S. 485; vgl. auch NOLÉN, S. 38f.<br />

82 SCHULTE (Beh<strong>in</strong>dertenpolitik), S. 485.<br />

83 DEGENER (Konstruktion), S. 449.<br />

84 HAHN; vgl. dazu auch MASCHKE/JUSTIN.

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