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Literaturanalyse Integration in die Arbeitswelt durch Gleichstellung

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Pärli/Lichtenauer/Caplazi: <strong>Literaturanalyse</strong> „<strong>Integration</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Arbeitswelt</strong> <strong>durch</strong> <strong>Gleichstellung</strong>“ 57<br />

dd)<br />

Unterstützungsmöglichkeiten berücksichtigt werden. Gemäss Art. 5 der RL 2000/78/EG<br />

ist <strong>die</strong> Belastung des Arbeitgebers nicht unverhältnismässig, wenn sie <strong>durch</strong> geltende<br />

Massnahmen im Rahmen der [nationalen] Beh<strong>in</strong>dertenpolitik ausreichend kompensiert<br />

wird. Der Beweis der unverhältnismässigen Belastung ist vom Arbeitgeber zu erbr<strong>in</strong>gen<br />

(Art. 10 der RL 2000/78/EG).<br />

Rechtssprechung zu angemessenen Vorkehrungen<br />

3.27 Noch lassen sich nur wenige Gerichtsentscheide zu angemessenen Vorkehrungen im<br />

Kontext der RL 2000/78/EG f<strong>in</strong>den. Die folgende Entscheidung e<strong>in</strong>es italienischen<br />

Gerichts zeigt <strong>in</strong>des das Potenzial <strong>die</strong>ses Rechts<strong>in</strong>stituts als Teil e<strong>in</strong>er<br />

<strong>in</strong>tegrationsfördernden Antidiskrim<strong>in</strong>ierungsgesetzgebung auf: „E<strong>in</strong>e Angestellte des<br />

Justizm<strong>in</strong>isteriums war als beh<strong>in</strong>dert anerkannt worden. Es wurde festgestellt, dass sie<br />

nicht <strong>in</strong> der Lage war, Arbeiten auszuführen, <strong>die</strong> erfordern, dass sie sich zu Fuß bewegt,<br />

und zwar sowohl während der Beschäftigung als auch um den Arbeitsplatz zu erreichen.<br />

Der zuständige Verwaltungssausschuss stellte auch fest, dass ihre Arbeit als<br />

Gerichtsangestellte von ihr erledigt werden kann, wenn <strong>die</strong>se <strong>in</strong> der Nähe ihres<br />

Wohnortes stattf<strong>in</strong>det. Auf der Grundlage <strong>die</strong>ser Besche<strong>in</strong>igung bat <strong>die</strong> Kläger<strong>in</strong> um<br />

Versetzung von Bologna nach Pistoia. Die Bitte wurde stattgegeben, und ihr Vertrag<br />

wurde zweimal verlängert. Als sie zum dritten Mal <strong>die</strong> Erneuerung ihres Vertrages<br />

beantragt hatte, wurde sie vom M<strong>in</strong>isterium aufgefordert, sich für e<strong>in</strong>e Stelle <strong>in</strong> dem nahe<br />

gelegenen Gerichtsbüro von Monsummano Terme zu bewerben, da sich <strong>die</strong>ses noch<br />

näher bei ihrem Wohnort bef<strong>in</strong>det als Pistoia. Die Bewerber<strong>in</strong> nahm <strong>die</strong> Stelle an, doch<br />

nachdem der Vertrag mehrmals erneuert worden war, beschloss das M<strong>in</strong>isterium, dass sie<br />

wieder <strong>in</strong> Pistoia arbeiten solle. Die Kläger<strong>in</strong> brachte daraufh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Klage gegen das<br />

M<strong>in</strong>isterium vor. Im September 2005 stellte das Gericht von Pistoia fest, dass <strong>die</strong><br />

Entscheidung des M<strong>in</strong>isteriums e<strong>in</strong>e mittelbare Diskrim<strong>in</strong>ierung aufgrund e<strong>in</strong>er<br />

Beh<strong>in</strong>derung darstellt und verlangte vom M<strong>in</strong>isterium, das diskrim<strong>in</strong>ierende Verhalten zu<br />

unterlassen und <strong>die</strong> Verfahrenskosten zu bezahlen. Das Gericht erwähnte <strong>die</strong><br />

Begriffsbestimmung der mittelbaren Diskrim<strong>in</strong>ierung aus dem Dekret zur Umsetzung der<br />

Richtl<strong>in</strong>ie zur Gleichbehandlung im Bereich der Beschäftigung. Zur Feststellung, ob das<br />

Verhalten der Verwaltung als diskrim<strong>in</strong>ierend e<strong>in</strong>zustufen ist, verwies es allerd<strong>in</strong>gs auf<br />

<strong>die</strong> Erwägungsgründe 6, 9 und 20 sowie auf Artikel 5 der Richtl<strong>in</strong>ie 5, obwohl <strong>die</strong><br />

italienische Regierung <strong>die</strong> Anforderung der „geeigneten Vorkehrungen“ nicht <strong>in</strong> das<br />

Dekret aufgenommen hat. Das Gericht wandte daher das Pr<strong>in</strong>zip der <strong>in</strong>direkten Wirkung<br />

an, <strong>in</strong>dem es <strong>in</strong>nerstaatliches Recht im Licht der Richtl<strong>in</strong>ien <strong>in</strong>terpretierte, um zu dem<br />

von ihnen beabsichtigten Ergebnis zu gelangen (siehe oben). Da <strong>die</strong> beklagte Partei nicht<br />

vor Gericht erschien, konnte der Richter nicht beurteilen, ob <strong>die</strong> <strong>in</strong>direkte<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung sachlich gerechtfertigt war <strong>durch</strong> rechtmäßige Ziele, <strong>die</strong> mit<br />

angemessenen und erforderlichen Mitteln verfolgt wurden. Dies hätte der Arbeitgeber<br />

vor Gericht beweisen müssen.“ 233<br />

c) Umsetzung <strong>in</strong> den Mitgliedstaaten<br />

aa)<br />

Österreich<br />

3.28 Am 1. Januar 2006 trat <strong>in</strong> Österreich das Beh<strong>in</strong>dertengleichstellungspaket <strong>in</strong> Kraft.<br />

Damit wird e<strong>in</strong> Bundesgesetz über <strong>die</strong> <strong>Gleichstellung</strong> von Menschen mit Beh<strong>in</strong>derungen<br />

(BGStG, Bundes-Beh<strong>in</strong>dertengleichstellungsgesetz) erlassen und das<br />

233 EUROPÄISCHE KOMMISSION (Jahresbericht 2006), S. 18-19.

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