Jahresschrift - Würzburger Dolmetscherschule
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Unterhaltung<br />
Das Mittelalter in unseren Metaphern<br />
122<br />
In einer Zeit, in der die Menschen mit ihrem mobilen<br />
Fernsprechapparat auch noch Bilder machen<br />
(können), wo sie gehen und stehen, wo zumindest<br />
in der Stadt eine wahre Bilderflut von jeder Seite<br />
auf uns einstürzt, sei es als Werbeplakat oder Veranstaltungshinweis,<br />
eine Zeit, in der Medien wie<br />
Fernsehen und Kino uns auch noch laufende Bilder<br />
bescheren, wo jede Zeitung, Zeitschrift, jedes Prospekt<br />
und Flugblatt noch und noch Bilder benutzt<br />
und wo man sich mit dem Internet noch den Rest<br />
geben kann, wenn man noch nicht genug hat von<br />
den Bildern - da ist es wohl kaum übertrieben, wenn<br />
wir uns vergegenwärtigen, dass wir in jeder Minute<br />
unseres wachen Lebens den optischen Reizen von<br />
Bildern ausgesetzt sind.<br />
Bilderverbot im Christentum<br />
Laut. Ex 20,1-5: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein<br />
Gleichnis machen, weder von dem, was<br />
oben im Himmel, noch von dem, was unten auf<br />
Erden, noch von dem, was im Wasser unter der<br />
Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!“<br />
Dieses, das zweite der zehn Gebote, sollte falschen<br />
Götzendienst verhindern; zumindest in der Lutherbibel<br />
wird daraus ein allgemeines Bilderverbot:<br />
Bilder führen zu einer falschen Sicht der Welt. Der<br />
Koran spricht kein ausdrückliches Bilderverbot<br />
aus; die islamische Tradition ist hier jedoch heute<br />
meist strenger als das Christentum.<br />
Ein interessanter Beleg für die heute im Abendland<br />
allgemein verbreitete Ansicht, ein Bild sage<br />
mehr als tausend Worte (bzw. in Abwandlung<br />
davon: ein Bild sage mehr, als Worte könnten),<br />
ist die Verwendung von Bildern im Journalismus<br />
- durchaus auch im seriösen Journalismus; die<br />
bezeichnenderweise so genannte BILD-Zeitung<br />
ist nur der pervertierte Auswuchs. Hier dient das<br />
Bild nicht nur quasi als Beleg, sondern auch als<br />
politischer Kommentar, als Hinterfragung, gelegentlich<br />
sogar als Kampfmittel. Als solches wurde<br />
in der Weimarer Republik etwa die Fotocollage<br />
durch Künstler wie John Heartfield genutzt,<br />
heute sind es oft Karikatur und Cartoon.