Jahresschrift - Würzburger Dolmetscherschule
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Unterhaltung<br />
132<br />
Wie heißt das auf „deutsch“?<br />
Nicht nur in Deutschland<br />
spricht man deutsch, sondern<br />
auch in Österreich und in<br />
den meisten Kantonen der<br />
Schweiz, auch wenn es sich<br />
nicht immer so anhört. Und<br />
in Südtirol. Und natürlich<br />
auch in Liechtenstein und Luxemburg.<br />
Man hört es auch<br />
stellenweise in Belgien (wo es<br />
immerhin die dritte Landessprache<br />
ist), in den Niederlanden<br />
(v.a. Limburg) und in<br />
Polen. Und es ist die Kommandosprache<br />
der Schweizer<br />
Garde im Vatikan“staat“.<br />
Aber versteht man das<br />
Deutsch dieser Menschen als<br />
bundesrepublikanischer Muttersprachler?<br />
Und wie viel<br />
vom Deutsch der Deutschen<br />
Demokratischen Republik unseligen<br />
Gedenkens ( 1) kennt<br />
man noch?<br />
Testen Sie selbst!<br />
Hier sind ein paar Perlen<br />
zusammengestellt. Wir<br />
beginnen jeweils mit einer<br />
leichteren Übung.<br />
Austria<br />
Matura<br />
Beisel<br />
leiwand<br />
Ribisl<br />
Trafik<br />
Klubobfrau<br />
entrisch<br />
Helvetia<br />
Velo<br />
es währschaftes<br />
Zvieri<br />
Pfanne<br />
stossend<br />
Bundesweibel<br />
Hahnenwasser<br />
Saaltochter<br />
DDR<br />
Broiler<br />
Aktendulli<br />
Aluchips<br />
Plaste<br />
Kombine<br />
Weltniveau<br />
Schwebedeckel<br />
von anderswo<br />
Dachdecker<br />
Gluf<br />
Kumst<br />
Knirk<br />
Kranewit<br />
Bemme<br />
Dult<br />
Wuddel<br />
Auflösungen<br />
Austria:<br />
Matura entspricht unserem Abitur. Beisel ist die Kneipe. Wenn etwas leiwand<br />
ist, dann gefällt es sehr, ist also toll, klasse usw. Ribisl sind Johannisbeeren;<br />
die Trafik ist ein Tabakladen; die Klubobfrau ist Fraktionsvorsitzende,<br />
und wenn einem im Kopf ganz entrisch wird, wird einem dabei<br />
ganz wirr.<br />
Helvetia:<br />
Velo ist ein Fahrrad, es (=ein!) währschaftes Zvieri ist eine ordentliche<br />
Mahlzeit um vier Uhr, die Pfanne ist der Kochtopf. Wenn etwas als stossend<br />
empfunden wird, ist es anstößig. Der Bundesweibel ist ein Amtsdiener,<br />
Hahnenwasser ist Leitungswasser, und die Saaltochter ist die Kellnerin.<br />
DDR:<br />
Der Broiler war und ist ein Grillhähnchen. Aktendulli hieß der Heftstreifen,<br />
mit denen man Blätter zusammen- und dann abheften kann.<br />
Da die Ost-Mark aus Aluminium war, nannte das Volk die Mümzem gern<br />
Alu-Chips. Plaste bedeutete Plastik und war, wie die Elaste (auch Plastik)<br />
gewöhnlich aus Schkopau. Kombine hieß der Mähdrescher, weil er auf russisch<br />
so heißt. Pikanterweise ist das russische Wort aus dem Englischen des<br />
Klassenfeinds entlehnt (combine harvester).<br />
Weltniveau gab es kaum, aber es war ständig davon die Rede.<br />
Der Schwebedeckel, auch Wurfscheibe, war, wie man so schön auf deutsch<br />
sagt, eine Frisbeescheibe.<br />
von anderswo<br />
Dachdecker heißt in Köln der – Klempner. Gluf ist eine Stecknadel im Alemannischen.<br />
In Thüringen nennt man das Sauerkraut Kumst – das Wort<br />
(nur das Wort!) hängt zusammen mit Kompost. Im McPomm (Mecklenburg-V.)<br />
nennt man den Wacholder Knirk; an der Donau heißt er Kranewit.<br />
Bemme ist sächsisch für “belegtes Brot” und kommt übrigens aus dem Sorbischen.<br />
Dult ist im Bairischen Jahrmarkt/Messe (was dem Wüburger sein<br />
Kiliani, ist dem Münchner die Auer Dult). ( 2)<br />
Wuddel schließlich heißt die Karotte in Norddeutschland (von „Wurzel“);<br />
das Ding heißt Mohrrübe in Berlin, Jarmel im Ostpreußen, Muhr in Kölle,<br />
Mehre in Mähren (!), Murke in Wien und „gelbe Rübe“ in Würzburg.<br />
Da wird einem ja ganz entrisch, bei so viel Deitsch...<br />
( 1) Natürlich: Es war nicht alles schlecht, „driehm“: aber die Sprache war<br />
oft eine Herausforderung!<br />
( 2) und nicht etwa das Oktoberfest – das ist für die Touristen<br />
Auflage: 1000 Exemplare, Erscheinungstermin: August 2011, Grafische Gestaltung: Weidner Design, Würzburg