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Castaneda_Eine_andere_Wirklichkeit - WordPress.com

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war ein Erstkläßler. Ich quälte ihn gedankenlos, ohne es wirklich zu wollen. Aberanscheinend mochte er mich, trotz allem, was ich ihm antat. Er folgte mir überallhinund behielt sogar das Geheimnis für sich, daß ich für manche Streiche, die denDirektor aus der Fassung brachten, verantwortlich war. Und trotzdem hänselte ichihn. <strong>Eine</strong>s Tages warf ich absichtlich eine schwere Standtafel um. Sie fiel auf ihn.Das Pult, an dem er saß, fing einen Teil der Wucht auf, aber trotzdem brach er sichdurch den Aufprall das Schlüsselbein. Er fiel hin. Ich half ihm auf und sah denSchmerz und die Angst in seinen Augen, als er mich anschaute und sich an mirfesthielt. Der Schock, seinen Schmerz und seinen zerquetschten Arm zu sehen, warmehr, als ich ertragen konnte. Jahrelang hatte ich gesiegt und gegen meine Vetterngekämpft und gewonnen. Ich hatte alle Gegner überwunden.Ich fühlte mich gut und stark bis zu dem Augenblick, als der Anblick des weinendenkleinen knopfnasigen Jungen meine Siege zunichte machte. In diesem Augenblickgab ich meinen Kampf auf. Ich faßte den Entschluß, daß ich, soweit es von mirabhing, nie wieder siegen wollte. Ich glaubte, daß ihm der Arm abgenommen werdenmußte, und ich gelobte, daß ich nie wieder siegen wollte, wenn nur der kleine Jungegeheilt würde. Ich gab meine Siege für ihn hin. Damals jedenfalls verstand ich es so.Don Juan hatte eine eiternde Wunde meines Lebens geöffnet. Mir war schwindlig,und ich war überwältigt. Ich versank in einer Woge hemmungsloser Trauer undüberließ mich ihr. Ich litt unter dem Gewicht meiner Taten. Die Erinnerung an diesenkleinen knopfnasigen Jungen, sein Name war Joaquin, bereitete mir so heftigeQualen, daß ich weinte. Ich erzählte Don Juan, wie sehr mir dieser Junge leid tat, derniemals etwas besessen hatte, dieser kleine Joaquin, der kein Geld hatte, um zumArzt zu gehen, und dessen Arm nie wieder richtig anwachsen würde. Und alles, wasich ihm geben konnte, waren meine kindlichen Siege. Ich schämte mich so sehr. »Seijetzt ruhig, du komischer Vogel«, sagte Don Juan gebieterisch. »Du hast genuggegeben. Deine Siege waren stark, und sie gehörten dir. Du hast genug gegeben.Jetzt mußt du dein Versprechen ändern.«»Wie kann ich es ändern? Genügt es, das einfach so zu sagen?«»Ein Versprechen wie dieses kann nicht einfach dadurch geändert werden, daß manes nur so sagt. Vielleicht wirst du sehr bald wissen, was du tun kannst, um es zuändern. Dann wirst du vielleicht auch sehen lernen.«»Kannst du mir nicht einen Vorschlag machen, Don Juan?« »Du mußt geduldigwarten und wissen, daß du wartest, und wissen, worauf du wartest. Das ist die ArtSeite 123

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