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Castaneda_Eine_andere_Wirklichkeit - WordPress.com

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Er wollte genau wissen, was sich bei meinem Besuch bei Don Vicente zugetragenhatte.Ich erzählte ihm, wie ich damals durch die Stadt gefahren und am Marktplatzvorbeigekommen war und plötzlich auf die Idee kam, Don Vicente zu besuchen. Ichging auf den Markt, und zwar in den Teil, wo die Heilkräuter verkauft wurden. Es gabdort drei Stände in einer Reihe, aber sie gehörten drei dicken Frauen. Ich ging biszum Ende des Mittelganges und fand, gleich um die Ecke, einen weiteren Stand.Dort sah ich einen hageren, zierlichen, weißhaarigen Mann. Er verkaufte geradeeiner Frau ein Vogelbauer. Ich wartete, bis er wieder allein war, und fragte ihn dann,ob er Don Vicente Medrano kannte. Er sah mich an ohne zu antworten.»Was willst du von diesem Vicente Medrano?« fragte er schließlich.Ich sagte, ich sei gekommen, um ihn im Auftrag seines Freundes zu besuchen, undnannte Don Juans Namen. Der alte Mann betrachtete mich einen Augenblick undsagte dann, er sei Vicente Medrano und stehe mir zur Verfügung. Er forderte michauf, Platz zu nehmen. Offenbar freute er sich, er war gelöst und ausgesprochenfreundlich. Ich erzählte ihm von meiner Freundschaft mit Don Juan. Ich spürte sofortein Band der Sympathie zwischen uns. Er erzählte mir, daß er und Don Juaneinander kannten, seit sie zwanzig waren. Don Vicente war voll des Lobes für DonJuan. Gegen Ende unseres Gesprächs sagte er mit bebender Stimme: »Juan istwirklich ein Wissender. Ich selbst habe mich nur kurze Zeit mit der Macht derPflanzen befaßt. Ich interessierte mich immer mehr für ihre Heilkraft; ich habe sogarBotanikbücher gesammelt, die ich erst vor kurzem verkauft habe.«Er schwieg einige Zeit. Ein paarmal rieb er sein Kinn, als suche er nach den richtigenWorten.»Man könnte sagen, daß ich nur ein Mann des lyrischen Wissens bin«, sagte er. »Ichbin nicht wie Juan, mein indianischer Bruder.«Wieder schwieg Don Vicente. Seine Augen waren glasig, und er starrte auf denBoden zu seiner Linken. Dann drehte er sich zu mir herum und sagte beinahflüsternd: »Oh, in welchen Höhen schwebt mein indianischer Bruder!« Don Vicentestand auf. Unsere Unterhaltung war damit offenbar beendet.Wenn ein <strong>andere</strong>r über seinen indianischen Bruder gesprochen hätte, wäre mir dasals ein billiges Klischee erschienen. Don Vicentes Ton war jedoch so aufrichtig, undseine Augen waren so klar, daß ich von dem Bild seines in höchsten Höhenschwebenden indianischen Bruders hingerissen war. Ich nahm ihm ab, daß erSeite 29

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