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Castaneda_Eine_andere_Wirklichkeit - WordPress.com

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erwecken den Eindruck, eine Menge zu wissen. Doch sollte man sich seiner Meinungnach mit solchen Leuten nicht weiter abgeben, weil man dieselben Informationenfrüher oder später genausogut von jemand <strong>andere</strong>m erhalten könnte, der wenigerSchwierigkeiten machte. Für schrullige alte Käuze, meinte er, habe er weder Zeitnoch Geduld, außerdem sei es durchaus möglich, daß der alte Mann nur vorgab,sich mit Heilpflanzen auszukennen, während er in <strong>Wirklichkeit</strong> vielleicht nicht mehrwußte als jeder <strong>andere</strong> auch.Bill redete drauflos, aber ich hörte nicht zu. Meine Gedanken kreisten immer noch umden alten Indianer. Er hatte gewußt, daß ich bluffte. Ich erinnerte mich an seineAugen. Sie hatten wirklich geleuchtet.Ein paar Monate später kehrte ich zurück, um ihn zu besuchen, weniger in meinerEigenschaft als ein an Heilpflanzen interessierter Anthropologe, als vielmehr voneiner unerklärlichen Neugier getrieben. Wie er mich angesehen hatte, so etwas warmir in meinem Leben noch nicht passiert. Ich wollte wissen, was sich hinter diesemBlick verbarg. Das wurde bei mir beinah zur fixen Idee. Ich begann zu grübeln, und jemehr ich darüber nachdachte, desto ungewöhnlicher erschien es mir.Don Juan und ich wurden Freunde, und ein Jahr lang stattete ich ihm zahlloseBesuche ab. Ich fand seine Art sehr beruhigend und seinen Humor ausgesprochenwohltuend; vor allem aber spürte ich in seinen Handlungen eine ruhigeFolgerichtigkeit, die mich zutiefst verblüffte. In seiner Gegenwart empfand ich eineigenartiges Vergnügen, und gleichzeitig fühlte ich mich seltsam unbehaglich. Seinebloße Anwesenheit zwang mich zu einer gründlichen Revision meinerVerhaltensmuster. Ich war, wie wahrscheinlich jedermann, dazu erzogen worden,den Menschen als ein im wesentlichen schwaches und fehlbares Geschöpfanzusehen. Was mich bei Don Juan beeindruckte, war die Tatsache, daß er nicht imgeringsten schwach und hilflos war, und schon unser Zusammensein führtegarantiert zu einem unvorteilhaften Vergleich zwischen seinem Verhalten und demmeinen. <strong>Eine</strong> der vielleicht eindrucksvollsten Bemerkungen, die er damals mirgegenüber machte, bezog sich auf unseren wesensmäßigen Unterschied. Vor einemmeiner Besuche bei ihm war ich recht unglücklich über den ganzen Verlauf meinesLebens und über eine Reihe bedrückender persönlicher Konflikte gewesen. Als ichbei ihm eintraf, war ich verstimmt und nervös.Wir sprachen über meine große Wißbegierde; aber, wie üblich, bewegten wir uns aufverschiedenen Ebenen. Ich meinte das akademische, die ErfahrungSeite 6

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