ist ebenfalls kontrollierte Torheit, weil es nutzlos ist. Es verändert nichts, undtrotzdem tu ich es.«»Aber soviel ich verstehe, Don Juan, ist dein Lachen nicht nutzlos. Es macht dichglücklich.«»Nein, ich bin glücklich, weil ich mich entschlossen habe, Dinge anzuschauen, diemich glücklich machen, und dann erfassen meine Augen ihre lustige Seite, und ichmuß lachen. Das habe ich dir unzählige Male gesagt. Man muß immer den Weg mitHerz finden, um es richtig zu machen — vielleicht kann man dann immer lachen.«Ich verstand das Gesagte so, als sei Weinen von geringerem Wert als Lachen, oderals sei es zumindest eine Handlung, die uns schwächt. Er versicherte mir, daß es indieser Hinsicht keinen wesentlichen Unterschied gebe und daß beides unwichtig sei;er selbst bevorzuge das Lachen, weil er sich beim Lachen körperlich besser fühle alsbeim Weinen. An diesem Punkt wandte ich ein, daß bevorzugen und gleichsetzeneinander ausschlössen; wenn er lieber lachte als weinte, dann sei das ersteretatsächlich wichtiger. Er blieb unbeirrt dabei, daß seine Vorliebe nicht ausschloß, daßsie gleich sind; und ich wandte ein, daß sein Standpunkt in letzter Konsequenz zuder Aussage führen müsse, daß man, wenn alle Dinge absolut gleich wären,genausogut den Tod wählen könnte.»Viele Wissende tun das auch«, sagte er. »<strong>Eine</strong>s Tages sind sie vielleicht einfachverschwunden. Die Leute mögen glauben, sie seien überfallen und für ihre Tatenumgebracht worden. Sie wählen den Tod, weil er ihnen nichts bedeutet. Ich dagegenhabe beschlossen zu leben und zu lachen, nicht weil es mir etwas bedeutet, sondernweil ich von Natur aus zu einer solchen Entscheidung veranlagt bin. Der Grund,warum ich sage, ich hätte mich entschlossen, ist der, daß ich sehe, aber das heißtnicht, daß ich beschlossen habe zu leben; mein Wille läßt mich weiterleben, trotz alldessen, was ich vielleicht sehe. Es mag sein, daß du mich jetzt nicht verstehst, weildu gewohnt bist, so zu denken wie du schaust und so zu schauen wie du denkst.«Das Gesagte befremdete mich zutiefst. Ich bat ihn, mir zu erklären, was er damitmeinte. Er wiederholte den Satz mehrmals, als wolle er Zeit gewinnen, um ihn anderszu formulieren, und schließlich erklärte er, unter »Denken« verstehe er das feste Bild,das wir uns von allem in der Welt machen. Er sagte, das Sehen zerstöre dieseGewohnheit, und bevor ich nicht gelernt hätte zu sehen, könnte ich nicht wirklichverstehen, was er meinte.»Aber wenn nichts wichtig ist, Don Juan, warum sollte es dann wichtig sein, daß ichSeite 74
sehen lerne?«»Ich habe dir schon einmal gesagt, unser Los als Mensch ist es, zu lernen, im Gutenwie im Schlechten«, sagte er. »Ich habe gelernt zu sehen, und ich sage dir, daßnichts wirklich wichtig ist. Jetzt bist du an der Reihe; vielleicht wirst du eines Tagessehen und wirst dann wissen, ob die Dinge wichtig sind oder nicht. Für mich ist nichtsvon Wichtigkeit, aber vielleicht wird für dich alles wichtig sein. Du solltest inzwischenwissen, daß ein Wissender lebt, indem er handelt, und nicht indem er über dasHandeln nachdenkt, auch nicht indem er darüber nachdenkt, was er denken wird,wenn er seine Handlung beendet hat. Ein Wissender wählt den Weg mit Herz undfolgt ihm; dann schaut er und freut sich und lacht; dann sieht er und weiß. Er weiß,daß sein Leben ohnehin gar zu bald enden wird. Er weiß, daß er, wie jeder <strong>andere</strong>auch, nirgendwo hingeht. Weil er sieht, weiß er, daß nichts wichtiger ist als alles<strong>andere</strong>. Mit andern Worten, ein Wissender hat keine Ehre, keine Würde, keineFamilie, keinen Namen, kein Land - sondern nur ein Leben, das er leben muß. Undunter diesen Bedingungen ist seine einzige Verbindung zu seinen Mitmenschen diekontrollierte Torheit. Darum müht sich ein Wissender und schwitzt und plagt sich ab,und wenn man ihn anschaut, dann ist er wie jeder gewöhnliche Mensch, nur daß erdie Torheit seines Lebens unter Kontrolle hat. Da nichts wichtiger ist als alles <strong>andere</strong>,wählt der Wissende alle Handlungen und führt sie aus, als bedeuteten sie ihm etwas.Seine kontrollierte Torheit läßt ihn sagen, das, was er tut, bedeute etwas, und läßtihn handeln, als sei das tatsächlich der Fall. Und doch weiß er, daß dies nicht so ist.Wenn er daher sein Handeln beendet hat, zieht er sich in Frieden zurück und machtsich keinerlei Sorgen, ob seine Handlungen gut oder schlecht waren, ob sie ihmgelangen oder nicht. Andererseits kann ein Wissender auch beschließen,vollkommen teilnahmslos zu bleiben, nie zu handeln und sich so zu verhüllen, als seies wirklich wichtig für ihn, teilnahmslos zu sein. Auch damit hat er vollkommen recht,denn auch dies wäre eine kontrollierte Torheit.«An diesem Punkt gab ich mir große Mühe, Don Juan zu erklären, daß ich mich sehrdafür interessierte zu erfahren, was einen Wissenden motivierte, in einer bestimmtenForm zu handeln, obwohl er wußte, daß nichts von Bedeutung ist. Er schmunzelte,bevor er antwortete.»Du denkst über deine Handlungen nach, darum mußt du glauben, deineHandlungen seien so wichtig, wie sie dir vorkommen, während in <strong>Wirklichkeit</strong> nichts,was du tust, von Bedeutung ist. Nichts! Aber wenn nun nichts wirklich von BedeutungSeite 75
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spricht, brachte in dieser Sprache
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transzendierende Wissen, während e
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sich ausdrücklich mit der Absicht
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etwas Deprimierendes, daher nahm ic
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es sah, ihre Welt sie bereits zu ge
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Yaqui-Indianer und die mexikanische
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des Kriegers. Und wenn es darum geh
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würde ich dir nicht empfehlen. Das
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Wächter zu vergessen. Diese Festst
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Tod zu entkommen, hat nur eines, wo
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seinen Mitmenschen zu spielen, als
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mich in Bewegung bringen konnte. Ni
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»Ist der grüne Nebel, wie der Wä
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außerordentlicher Klarheit. Ich sc
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hätte, daß sie rund waren, und da
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gewesen, sondern etwas Undifferenzi
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hast. Setz dich hier auf deine Matt
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meiden und es nicht mit meinem Kör
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dem Augenwinkel sehen. Ich hatte da
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an. Er hob sogar den Kopf, oder er
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Bewußtsein gestört. Ich konnte mi
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Szene war, die verschwinden würde,
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»Meinst du, daß der Schauplatz, d
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aus dem Buch vorlas und erklärte.
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wirklich begegnet. Es ist ein kurze
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und dann kommt unvermeidlich der Au
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»kräftigen«, und vielleicht sei
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kräuselten. Ich schaute jedesmal a
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kraftvoll und entschlossen sei, kö
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würde, um ihm zu helfen. Don Juan
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schlösse, würde ich das Zwielicht
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daran, sie zu erklären oder zu ver
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wohlüberlegt, denn jedes Ding, das
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sprechen über unsere Welt. Tatsäc
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gehabt, irgendwelche Gehilfen zu en
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auf. Nach einer langen, quälenden
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nannte. Ich war überrascht. Er bem
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Sie lachten laut. Don Genaro klopft
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Don Genaro gehört hatte.»Übrigen
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eruhigt.«Sie rückten von mir ab u
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Unterbrechung willkommen, denn ich
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einem Freund zusammengesessen, als
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den Händen bedecken und meine Knie