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Rechtliche Grundlagen im medizinischen Alltag - SAMW

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4.2. Aufklärung des PatientenDamit ein Patient rechtsgültig in eine Behandlung einwilligen kann, musser ausreichend aufgeklärt sein. Der Arzt oder das Spital müssen <strong>im</strong> Streitfall diegenügende Aufklärung nachweisen können.Eine angemessene Patientenaufklärung ist für jede Behandlung wichtig. Sie isteine Bedingung, um den Behandlungsvertrag zu erfüllen, und stärkt darüber hinausdas Vertrauen zwischen Arzt und Patientin.Bei Operationen und anderen invasiven Behandlungen – Schneiden, Stechen, Bestrahlen,Verabreichen von Arzne<strong>im</strong>itteln – ist die korrekte Patientenaufklärungund Einwilligung zudem aus strafrechtlicher Sicht zentral: Sie ist der strafrechtlicheRechtfertigungsgrund für den Eingriff, der gemäss Bundesgerichtspraxis denobjektiven Tatbestand der Körperverletzung und/oder Tötung erfüllt. Liegt einRechtfertigungsgrund vor, macht sich die Ärztin nicht strafbar. Auch <strong>im</strong> Persönlichkeits-und Grundrechtsschutz gilt die Einwilligung als Rechtfertigungsgrund.Weil der Eingriff dann erlaubt ist, entfallen Schadenersatz- und/oder Genugtuungszahlungen,sofern die Ärztin sorgfältig behandelt.Die Operateurin und der Anästhesist dürfen zwar die Aufklärung delegieren, beispielsweisean den Assistenzarzt oder die zuweisende Ärztin. Weil sie aber den Eingriffdurchführen, tragen sie die Konsequenzen, wenn die delegierte Aufklärungungenügend war. In einem solchen Falle wäre die Zust<strong>im</strong>mung des Patientenzum Eingriff rechtlich nicht gültig und der invasive Eingriff damit widerrechtlich.Es gibt in der Schweiz keine fixe Prozentgrenze, oberhalb derer Risiken mitgeteiltwerden müssen. 39 Die Standardformel des Bundesgerichts zur Aufklärung lautet:«Der Patient soll über den Eingriff oder die Behandlung soweit unterrichtet sein,dass er seine Einwilligung in Kenntnis der Sachlage geben kann. Die Aufklärungdarf jedoch keinen für seinen Gesundheitszustand schädlichen Angstzustandhervorrufen.» 40 Daraus ergibt sich ein eigentlicher Opt<strong>im</strong>ierungsauftrag an dieMedizin: Damit die Patienten die Information auch verstehen und «verdauen»können, ist es bei medizinisch nötigen Eingriffen nach Meinung des FMH-Rechtsdienstesangezeigt, etwa die fünf häufigsten oder schwersten Risiken zu erläutern;dies sollte ohne besondere Nachfrage des Patienten erfolgen. Allerdings lässt sichaus der schweizerischen Rechtsprechung, welche die Anforderungen an eine genügendeAufklärung festlegt, nicht allgemein ableiten, über welche Risiken aufgeklärtwerden muss. Die Urteile betreffen Einzelfälle und bis anhin können darauskeine Rezepte für die Risikoaufklärung abgeleitet werden. Das bedeutet fürden Arzt, dass er bei jedem Patienten abschätzen muss, welche Risiken sich bei39 Zwar hat das Bundesgericht 1991 (BGE 117 Ia 197) festgehalten, die Chancen und Risikenmüssten dem Patienten «mit Angabe der ungefähren prozentualen Anteile» mitgeteiltwerden. Doch aus dem Urteil lässt sich keine allgemeine Prozentgrenze ableiten, weil dasLähmungsrisiko <strong>im</strong> konkreten Fall bei 35 % gelegen hatte.40 BGE 117 Ib 197.40

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