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Rechtliche Grundlagen im medizinischen Alltag - SAMW

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ausgegangen werden, wenn es nicht um einen aussergewöhnlichen Eingriff miterheblicher Tragweite geht. Die Urteilsfähigkeit wird fallbezogen beurteilt. Imkonkreten Fall muss geprüft werden, ob die jugendliche Patientin aufgrund ihrergeistigen Reife in der Lage ist, die Tragweite der Entscheidung richtig einzuschätzen,ihren Willen äussern und entsprechend handeln kann. Trifft dies zu,ist sie allein zuständig für die Erteilung der Einwilligung zu einem Eingriff. Inder Rechtslehre wird die Auffassung vertreten, dass sie auch den Behandlungsvertragohne Zust<strong>im</strong>mung des gesetzlichen Vertreters abschliessen kann, wenn esum eine alltägliche und nicht kostspielige Behandlung geht, oder wenn die Kostendurch eine Krankenversicherung gedeckt sind (vgl. Kap. 4.1.). Zur Vermeidungvon Haftungsrisiken ist zu empfehlen, grundsätzlich sowohl den vermutlichurteilsfähigen Jugendlichen als auch zusätzlich dessen gesetzliche Vertreterin die Aufklärung einzubeziehen und von beiden die Einwilligung einzuholen;dies gilt umso mehr bei kostspieligen Behandlungen oder bei Eingriffen, die denRahmen gewöhnlicher und notwendiger Behandlungen übersteigen (z.B. beiSchönheitsoperationen). 45Stellvertretende Einwilligung bei fehlender UrteilsfähigkeitBei urteilsunfähigen Kindern liegt die Berechtigung zur stellvertretenden Einwilligungbei den Eltern als Inhabern der elterlichen Sorge oder bei einem Beistand.Gemeinsam sorgeberechtigte Eltern haben sich über die Zust<strong>im</strong>mung zu verständigen,wobei sie den andern zum Entscheid ermächtigen können. Der Entscheidder gesetzlichen Vertreter muss sich in jedem Fall am Kindeswohl orientieren.Bei urteilsunfähigen Erwachsenen ist vorerst zu prüfen, ob sie sich nicht in einerPatientenverfügung zur <strong>medizinischen</strong> Behandlung geäussert haben. Die Anordnungeneiner rechtsgültig errichteten Patientenverfügung sind grundsätzlich verbindlich(vgl. dazu unten). Fehlt eine Patientenverfügung, so hat die Ärztin unterBeizug der zur Vertretung bei <strong>medizinischen</strong> Massnahmen berechtigten Persondie erforderliche Behandlung zu planen. Das Gesetz hat die Reihenfolge der Vertretungsberechtigung<strong>im</strong> Sinne einer klaren siebenstufigen Hierarchie festgelegt(mehr dazu siehe Kap. 3.). Reicht in dringlichen Fällen die Zeit nicht aus, um denEntscheid der vertretungsberechtigten Person einzuholen, so ergreift die Ärztinoder der Arzt medizinische Massnahmen nach dem mutmasslichen Willen undden Interessen der urteilsunfähigen Person. 4645 Walter Fellmann, Arzt und das Rechtsverhältnis zum Patienten, in: Moritz Kuhn undTomas Poledna (Hrsg.), Praxis des Arztrechts, Schulthess 2007; S. 115.46 Vgl. dazu die Best<strong>im</strong>mungen über die Vertretung in <strong>medizinischen</strong> Massnahmen,Art. 377 – 381 ZGB.44

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