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Rechtliche Grundlagen im medizinischen Alltag - SAMW

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In Notfallsituationen mit einem hohen Grad an Selbst- und Fremdgefährdung istdie Notwendigkeit von Zwangsmassnahmen kaum bestritten. Schwieriger ist dieAusgangslage in Situationen ohne Notfallcharakter, bei denen Aspekte der Sicherheitoder Gesundheitsschädigung <strong>im</strong> Vordergrund stehen, insbesondere <strong>im</strong> Bereichder Altersmedizin und Psychiatrie. Hier ist oft nicht eindeutig, ob das Prinzip«Gutes tun» die Einschränkung der Persönlichkeitsrechte und Freiheit, alsodie punktuelle Durchbrechung der Patientenautonomie, tatsächlich aufwiegt.Zwangsmassnahmen können ausserordentlich traumatisierend sein. Daher istdas Prinzip der Verhältnismässigkeit besonders zu achten; das heisst, eine solcheMassnahme muss erstens notwendig, zweitens proportional zur Schwere derGefährdung und drittens nicht durch weniger einschneidende Massnahmen ersetzbarsein. Es ist deshalb <strong>im</strong> Einzelfall zu prüfen, welche Massnahme für denBetroffenen am wenigsten belastend ist. Zudem ist abzuschätzen, ob der zu erwartendeNutzen den möglichen Schaden eines solchen Eingriffes deutlich übertrifftbzw. weniger gravierende Folgen hat als eine sonst notwendige Massnahme.Auch die Dauer der Zwangsmassnahme ist den Umständen anzupassen. Zudemmuss eine Zwangsmassnahme nach bestem Stand des Wissens ausgewählt undreversibel sein.Fürsorgerische Unterbringung (FU)Eine Zwangseinweisung darf nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen einer fürsorgerischenUnterbringung (FU) erfüllt sind oder eine andere klare gesetzlicheGrundlage (z.B. Epidemiengesetz) besteht. Eine schutzbedürftige Person darf ineiner geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn sie «an einer psychischenStörung oder an einer geistigen Behinderung leidet oder schwer verwahrlostist» und «die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgenkann». 156 Die FU ist ein schwerer Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit,weshalb sie nur als Ult<strong>im</strong>a Ratio in Frage kommt. Für die Unterbringung unddie Entlassung ist die Erwachsenenschutzbehörde zuständig. Die Kantone könnendie Einweisungskompetenz auch an Ärzte und Ärztinnen delegieren, wobeidie Dauer der Unterbringung in diesem Fall auf max<strong>im</strong>al sechs Wochen zu beschränkenist. 157 Die untergebrachte Person hat das Recht, eine Vertrauenspersonbeizuziehen (mehr dazu in Kap. 3.).Erfolgt die Unterbringung zum Zwecke der Behandlung, so erstellt die behandelndeÄrztin oder der behandelnde Arzt unter Beizug der betroffenen Person undder Vertrauensperson einen Behandlungsplan. Ist die betroffene Person urteilsfähig,so muss ihr der Behandlungsplan zur Zust<strong>im</strong>mung unterbreitet werden.156 Art. 426 ZGB.157 Der ärztliche Unterbringungsentscheid muss mindestens folgende Angaben enthalten:1. Ort und Datum der Untersuchung; 2. Name der Ärztin oder des Arztes; 3. Befund, Gründeund Zweck der Unterbringung; 4. Rechtsmittelbelehrung (Art. 430 Abs. 2 ZGB).87

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