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Stabile Architektur für Europa - Sachverständigenrat zur ...

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88 Europäische Wirtschaftspolitik: <strong>Stabile</strong> <strong>Architektur</strong> <strong>für</strong> <strong>Europa</strong><br />

den Grenzbereich zwischen einer Intervention <strong>zur</strong> Gewährleistung stabiler Marktbedingungen<br />

und der Staatsfinanzierung.<br />

Ob diese Grenze dann tatsächlich überschritten wird, dürfte nicht zuletzt von der Dauer und der<br />

Intensität der Anleihekäufe abhängen. Eindeutig zu beurteilen wäre eine Konstellation wie im<br />

Vereinigten Königreich, bei der die Notenbank im Rahmen des Quantitative Easing rund zwei<br />

Drittel der Neuverschuldung des Staates in den Jahren von 2008 bis 2012 aufgekauft hat. Aufgrund<br />

des singulären Charakters der Euro-Krise wäre es jedoch aus ökonomischer Sicht äußerst<br />

schwierig, konkrete Schwellenwerte <strong>für</strong> ein gerade noch nicht als Staatsfinanzierung anzusehendes<br />

Ausmaß der Ankäufe im Rahmen der OMT und die maximale Dauer einer „Marktstörung“<br />

zu definieren.<br />

Diese unklare Situation verdeutlicht, wie kritisch es ist, das Problem eines mangelnden Vertrauens<br />

in Staatsanleihen primär geldpolitisch zu lösen zu versuchen. Aus diesem Grund hat der<br />

<strong>Sachverständigenrat</strong> mit dem Schuldentilgungspakt <strong>für</strong> ein Modell geworben, bei dem die Verantwortung<br />

der Fiskalpolitik zugewiesen wird.<br />

<strong>Sachverständigenrat</strong> - Jahresgutachten 2012/13<br />

2. Stabilisierung des Bankensystems<br />

135. Anders als bei der Fed und der BoE standen bei der EZB bisher Maßnahmen <strong>zur</strong> Stabilisierung<br />

des Bankensystems im Zentrum ihrer unkonventionellen Geldpolitik. In Anbetracht<br />

der sich deutlich verschlechternden Situation vieler Banken des Euro-Raums hat sich<br />

die EZB hier in den vergangenen zwölf Monaten zu ungewöhnlich weitreichenden Schritten<br />

entschlossen.<br />

− Die Laufzeit der langfristigen Refinanzierungsgeschäfte wurde von einem auf drei Jahre<br />

verlängert.<br />

− Der seit vielen Jahren konstante Mindestreservesatz wurde von 2 % auf 1 % gesenkt.<br />

− Die Anforderungen an Sicherheiten <strong>für</strong> die Refinanzierungsgeschäfte wurden zunehmend<br />

gelockert.<br />

− Die von den nationalen Notenbanken gewährte Notfallfinanzierung (Emergency Liquidity<br />

Assistance), die der EZB-Rat mit einer Zweidrittelmehrheit untersagen kann, wurde<br />

weiter erhöht.<br />

136. Nachdem die EZB im Zuge der Krise bereits zu einer Vollzuteilung und einer Verlängerung<br />

der Laufzeiten der Refinanzierungsgeschäfte übergegangen war, entschied sie sich im<br />

Dezember 2011, die Dauer der Ausleihgeschäfte auf drei Jahre zu verlängern. Diese mit dem<br />

Schlagwort der „Dicken Bertha“ bezeichneten Transaktionen wurden Ende Dezember 2011<br />

und Februar 2012 durchgeführt. Die Banken erhielten damit insgesamt eine Liquiditätsspritze<br />

von mehr als einer Billion Euro. Durch die <strong>für</strong> einen Refinanzierungskredit ungewöhnlich<br />

lange Laufzeit übernimmt die EZB <strong>für</strong> die Banken de facto die Fristentransformation. Allerdings<br />

bleibt das Zinsänderungsrisiko bei den Banken, da sich die Verzinsung der Geschäfte<br />

am Durchschnittszins <strong>für</strong> die Hauptrefinanzierungsgeschäfte über den Zeitraum der Ausleihung<br />

orientiert.

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