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Stabile Architektur für Europa - Sachverständigenrat zur ...

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Sondergutachten 2012 409<br />

Pfand hinterlegt werden. Dies könnten etwa Währungs- und Goldreserven eines Landes sein,<br />

zudem könnten Mitgliedstaaten ihre Anleihen durch Grundschulden besichern (Pfandbriefe).<br />

Auf die genannten Sicherheiten würde zugegriffen, wenn ein Land seinen Zahlungsverpflichtungen<br />

nicht nachkommt. Träte ein solcher Vertragsbruch auf, flössen die genannten Sicherheiten<br />

dem Tilgungsfonds automatisch zu, ohne dass darüber zuvor in einem europäischen<br />

Gremium politisch entschieden werden müsste. Damit dienen die Sicherheiten vornehmlich<br />

dazu, den Umfang der gemeinsamen Haftung <strong>für</strong> alle Partnerstaaten des Paktes zu begrenzen<br />

und zudem das moralische Risiko des Beitritts zum Schuldentilgungspakt abzumildern.<br />

Disziplinierungswirkung der Märkte<br />

29. Entscheidend ist, dass die Einrichtung des Schuldentilgungsfonds die Disziplinierungswirkung<br />

der Märkte in keiner Phase vollständig außer Kraft setzt. Zwar reduziert der<br />

Tilgungsfonds die Refinanzierungskosten der hoch verschuldeten Mitgliedstaaten so, dass der<br />

Konsolidierungserfolg erhöht wird. Die Marktdisziplin bleibt aber erstens durchgängig erhalten,<br />

weil Staatsanleihen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren nicht über den Tilgungsfonds<br />

refinanziert werden. Diese Anleihen verbleiben in der nationalen Verschuldung, die bis<br />

zu 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen darf. Ein Land ist zweitens der Marktdisziplin<br />

vollständig ausgesetzt, wenn es nach der Roll-in-Phase die verbleibende Restschuld von<br />

bis zu 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts refinanzieren muss. Drittens ermöglicht eine Offenmarktpolitik<br />

des Tilgungsfonds, die Marktkräfte gezielt <strong>zur</strong> Disziplinierung eines Landes<br />

einzusetzen.<br />

Vetorechte großer Garantiegeber<br />

30. Gegenüber einer weiteren Vergemeinschaftung von Risiken über die Zentralbankbilanz<br />

hat der Schuldentilgungspakt den Vorteil, dass Hilfen an zu erfüllende Bedingungen geknüpft<br />

werden können und im Falle eines Verstoßes Sanktionen, etwa durch eine teilweise oder<br />

gänzlich verweigerte Auszahlung, möglich sind. Zudem könnten die Governance-<br />

Strukturen des Schuldentilgungspakts so ausgestaltet werden, dass Deutschland hier eine<br />

Fortsetzung der Hilfszahlungen einfacher stoppen kann als im EZB-Rat, der grundsätzlich mit<br />

einfacher Mehrheit entscheidet. Mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Rahmen, wie er <strong>für</strong><br />

Deutschlands Mitwirkung an der Wirtschafts- und Währungsunion gilt und vom Bundesverfassungsgericht<br />

bis in die jüngste Rechtsprechung konkretisiert wurde, müsste die Bundesrepublik<br />

Deutschland über ein Veto verfügen. Das Haushaltsrecht des Deutschen Bundestages<br />

könnte dann über eine entsprechende Ausgestaltung der innerstaatlichen Willensbildung in<br />

Angelegenheiten der Europäischen Union gewährleistet werden.<br />

Zwischen den Konsolidierungsvereinbarungen des Schuldentilgungspakts und den Anpassungsprogrammen<br />

der Troika aus Europäischer Kommission, EZB und Internationalem<br />

Währungsfonds besteht eine gewisse Ähnlichkeit. Allerdings werden durch den Schuldentilgungspakt<br />

Konsolidierungsvereinbarungen getroffen und Hilfen gewährt, bevor die beteiligten<br />

Mitgliedstaaten den Kapitalmarktzugang verloren haben. Der Schuldentilgungspakt wirkt<br />

daher nicht nur als Krisenmechanismus auf die Gewährleistung der Stabilität des gesamten<br />

<strong>Sachverständigenrat</strong> - Jahresgutachten 2012/13

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