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Stabile Architektur für Europa - Sachverständigenrat zur ...

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352 Soziale Sicherung: Weiterhin Reformbedarf trotz guter Finanzlage<br />

ziellen Reserven der GKV, die sich <strong>zur</strong> Jahresmitte 2012 auf 21,8 Mrd Euro (12,8 Mrd Euro<br />

bei den Gesetzlichen Krankenkassen und 9,0 Mrd Euro im Gesundheitsfonds) beliefen, werden<br />

sich somit im Vergleich zum Vorjahr etwas weniger dynamisch entwickeln, aber dennoch<br />

deutlich ansteigen.<br />

592. Bereits zu Beginn des Jahres 2012 wurde eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet und<br />

diskutiert, wie mit diesen Reserven umzugehen sei, ohne dass zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung<br />

gefallen wäre. Zu diesen Vorschlägen gehören unter anderem eine Beitragssatzsenkung,<br />

die Ausschüttung von Prämien an die Mitglieder und der Aufbau einer sogenannten<br />

„Demografiereserve“, mit der zukünftig notwendig werdende Einnahmeerhöhungen hinausgeschoben<br />

werden sollen. Zudem wurde über die Abschaffung der Praxisgebühr sowie eine<br />

Kürzung des Bundeszuschusses diskutiert.<br />

593. Gemäß § 221 Absatz 1 SGB V beträgt der Bundeszuschuss <strong>zur</strong> GKV 14 Mrd Euro und<br />

dient der Finanzierung von Leistungen, die im gesamtgesellschaftlichen Interesse liegen und<br />

damit versicherungsfremd sind. Diese Leistungen sind in der GKV in versicherungsfremde<br />

Leistungen im eigentlichen Sinne (zum Beispiel das Mutterschaftsgeld) und in versicherungsfremde<br />

Umverteilungsströme (insbesondere die beitragsfreie Mitversicherung von Ehegatten<br />

und Kindern) zu unterteilen (JG 2005 Ziffern 513 ff.). Bereits im Jahr 2005 hat der <strong>Sachverständigenrat</strong><br />

ihre Größenordnung auf 45 Mrd Euro beziffert, von denen 25 Mrd Euro auf Leistungen<br />

<strong>für</strong> mitversicherte Familienangehörige entfielen (JG 2005 Tabelle 39). Ihr Gesamtvolumen<br />

übersteigt demnach den aktuellen Bundeszuschuss bei weitem.<br />

Insofern besteht kein Anlass <strong>für</strong> eine (temporäre) Senkung des Bundeszuschusses, und die im<br />

Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2013 vorgesehene einmalige Reduktion des Bundeszuschusses<br />

um 2 Mrd Euro ist abzulehnen. Vielmehr müsste dieser erhöht werden, um eine<br />

sachgerechte Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen aus Steuermitteln zu gewährleisten.<br />

Darüber hinaus kommt eine Reduktion des Bundeszuschusses allen Steuerzahlern<br />

und nicht nur den Beitragszahlern der GKV, die vor allem zum Aufbau der Reserven<br />

beigetragen haben, zugute und ist insofern unangemessen.<br />

594. Im Hinblick auf die vorgeschlagene Abschaffung der Praxisgebühr ist das Argument<br />

der Be<strong>für</strong>worter zwar zutreffend, dass diese die angestrebte Lenkungswirkung nicht in dem<br />

erhofften Ausmaß entfaltet. Die Zahl der Arztkontakte lag in Deutschland im OECD-<br />

Vergleich im Jahr 2010 mit 8,9 Arztkontakten nach wie vor über dem Durchschnitt von<br />

6,4 Arztkontakten. Allerdings ist die Schlussfolgerung, die Praxisgebühr deshalb abzuschaffen,<br />

nicht zwingend: Anstatt über ihre Abschaffung zu diskutieren, sollte vielmehr darüber<br />

nachgedacht werden, wie diese zielführend weiterentwickelt werden kann. So könnte beispielsweise<br />

je Arztbesuch eine geringere als die bisherige Gebühr bis zu einer Belastungsobergrenze<br />

erhoben werden. Die Krankenkassen könnten auf Basis der Abrechnung durch die<br />

Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) die Gebührensumme quartalsweise bis <strong>zur</strong> maximal<br />

erlaubten Höhe den Versicherten in Rechnung stellen. Dadurch würde eine größere Lenkungswirkung<br />

entfaltet, weil jeder zusätzliche Arztbesuch mit weiteren Kosten <strong>für</strong> den Patienten<br />

verbunden wäre.<br />

<strong>Sachverständigenrat</strong> - Jahresgutachten 2012/13

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