Magazin GARCON - Essen, Trinken, Lebensart Nr. 44

GESCHMACKSSACHEN SweMa-Gemüsepaste
Dr. Jens Vogelgesang ist Professor für Kommunikationswissenschaft
und leitet seit 2015 das Fachgebiet Medien- und Nutzungsforschung
am Institut für Kommunikationswissenschaft der Uni versität
Hohenheim. Der 42-Jährige studierte an der Freien Uni ve r si t ä t
Berlin Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Betriebswirtschaftslehre
und Psychologie, schloss seine Promotion im
Jahr 2010 ab und war vor seiner akademischen Laufbahn als Projektleiter
beim Markt- und Meinungsforschungsinstitut forsa tätig.
Prof. Dr. Jens Vogelgesang, Universität Hohenheim.
Die SweMa-Gemüsepaste als Gegenstand einer studentischen
Übung an der Uni Hohenheim – wie kam's dazu, Herr Professor?
Ein Bekannter aus Berlin hat mir ein Glas mit der Paste geschenkt und
die Geschichte hinter dem Produkt erzählt. Schnell war klar, dass
es alle Voraussetzungen erfüllt, die wir für diese Übung brauchen.
Worum geht es denn bei der Übung?
Um die Erarbeitung eines Kommunikationskonzepts.
Wozu braucht man ein solches Konzept?
Kurz gesagt, um die eigene Zielgruppe zu erreichen und um sein
Produkt erfolgreich zu verkaufen.
Im Umkehrschluss würde das heißen, dass ohne Kommunikationskonzept
neue Produkte keine Chance am Markt haben.
Richtig, so sehen wir das. Um mal bei der SweMa-Gemüsepaste zu
bleiben – wenn die Produzenten jeden Samstag auf einem Berliner
Wochenmarkt 20, 30 Gläser verkaufen wollen, ist ein solches Konzept
natürlich nicht nötig, aber wenn sie wachsen wollen, brauchen sie es.
Und Sie üben mit Ihren Studenten, solche Konzepte auszuarbeiten.
Genau. Im dritten Semester gibt es für alle Kommunikationswissenschafts-Studenten
an unserer Universität ein sogenanntes Modul
„Grundlagen der Werbung“, das aus einer Vorlesung und eben der
genannten Übung besteht, die von zwei externen Lehrbeauftragten
geleitet wird, dem Inhaber einer bekannten Esslinger Werbeagentur
und dem Kommunikationschef eines Industrieunternehmens vor
den Toren Stuttgarts.
Welche Bausteine hat denn ein Kommunikationskonzept?
Zu Beginn müssen Kommunikations- und Werbeziele festgelegt
werden. Dann kommt die SWOT-Analyse. Dabei geht es darum, die
Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des Produkts am Markt
herauszufinden. Auf dieser Basis muss dann eine Kommunikationsstrategie
erarbeitet werden, welche die eigene Stärke – am besten
ein Alleinstellungsmerkmal – in den Mittelpunkt stellt. Im Fall der
SweMa-Gemüsepaste ist etwa der hohe Gemüseanteil von 73 Prozent
ein Alleinstellungsmerkmal im Markt. Das Marketing könnte
also dort ansetzen.
Das, was Sie da gerade skizziert haben, können Produktentwickler
und Unternehmensgründer aber doch nur in Ausnahmefällen
selbst leisten.
Das sehe ich auch so, dafür benötigen Start-up-Firmen professionelle
Unterstützung.
Und die kostet Geld.
Sicher, klappern gehört zum Handwerk, muss aber auch bezahlt werden.
Ein bestimmtes Budget für Kommunikation und Marketing gehört
in jeden Business-Plan. Die SweMa-Gründer haben das verstanden.
Genau dort wollen aber die meisten Start-up-Unternehmungen
sparen, das ist jedenfalls unsere Beobachtung.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass der Erfolg eines jungen Unternehmens
oder einer neuen Marke in direktem Zusammenhang
mit dem Vorhandensein eines Kommunikationskonzeptes und dessen
professioneller Umsetzung steht.
Ganz andere Frage, Herr Professor. Haben Sie die SweMa-Gemüsepaste
mal selbst probiert?
Selbstverständlich, mehrfach.
Mit welchem Resultat?
Die Zutaten und der Geschmack haben mich überzeugt, vor allem,
wenn ich die Paste vor der weiteren Verarbeitung – wie von den
Produzenten empfohlen – in der Pfanne kurz ansröste. Übrigens
auch ein Punkt, der im Marketing eine Rolle spielen könnte.
Vielen Dank für das Gespräch.
58 GARÇON