Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag
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Bier, Sex <strong>und</strong> Prellball<br />
oder Gibt es eine Saarbrücker Schule?<br />
Ausschnitte einer zunehmend spirituösen Diskussion mit Seminarteilnehmern:<br />
Nanna Hucke, Wolfgang Stauch, Klaus Behringer, Helge Dawo,<br />
Sabine Göttel, Angela Fitz, Olivia Frank, Ralf Peter.<br />
Die Frage ist: Was ist ein Text?<br />
NANNA: Ich hatte den Eindruck, daß man erst einmal Prügel kriegen muß.<br />
Ich bin der Diskussion im Seminar bewußt aus dem Weg gegangen, weil<br />
ich Angst hatte, daß dann die ganze Gruppe über mich herfällt. Ich hatte<br />
das Gefühl, es wird von der Gruppe nicht registriert, wo die Grenzen<br />
sind.<br />
WOLFGANG: Das liegt oft daran, daß die Leute, die lesen, wenn man sie<br />
höflich drauf hinweist, daß ihr Text Scheiße ist, ich sag: höflich!, daß sie<br />
das nicht einsehen, sondern irgendwelche an den Haaren herbeigezogenen<br />
Verteidigungsreden kommen, <strong>und</strong> daß das manchmal dann polemisch<br />
wird.<br />
KLAUS: Die Autoren verteidigen oft ihren Text mit ihrer Person, mit ihrem<br />
Leben, mit ihrer Seele, <strong>und</strong> ermöglichen gar nicht die Trennung des<br />
Autors vom Text. Wenn man dann versucht, auf den Text zu schlagen,<br />
trifft man die Person.<br />
WOLFGANG: Das ist Arnfrids Metapher mit dem Stierkämpfer, der sein<br />
rotes Tuch neben sich hält, wo der Stier dann reinrennt. Aber das<br />
funktioniert nicht. Der trifft dich immer vor den Bauch.<br />
NANNA: Das Prinzip ist wirklich nicht schlecht, aber die Grenzen, hab ich<br />
den Eindruck gehabt, sind nicht festgestellt worden.<br />
HELGE: In der Literatur gibt es, denke ich, keine Grenzen. Es geht nicht um<br />
zwischenmenschliche Beziehungen, <strong>und</strong> ich bin dagegen, in Fragen der<br />
Literatur Rücksicht zu nehmen. Die Frage ist, was ist ein Text. Und das<br />
Problem besteht darin, daß natürlich alle Leute dem gegenüber sehr persönlich<br />
eingestellt sind, was sie schreiben. Schreiben ist eine Form der<br />
Intimität. Und Intimitäten sind immer viel schwerer zu objektivieren als<br />
andere Sachen. Der Lerneffekt, mal abgesehen von irgendwelchen<br />
technischen Aspekten des Schreibens, der Lerneffekt des Seminars ist<br />
doch auf jeden Fall das Objektivieren von Texten, d.h. das Betrachten<br />
eines Textes als Objekt <strong>und</strong> nicht als Seelenerguß, der jetzt meine Person<br />
repräsentiert. Ich denke, daß jeder, der schreiben, veröffentlichen will,<br />
also sich äußern <strong>und</strong> entäußern will mit einem Text, irgendwo erlernen<br />
muß, den Text als Objekt zu sehen. Daß dieses Lernen der<br />
Objektivierung mit Schwierigkeiten <strong>und</strong> Emotionalität verb<strong>und</strong>en ist, ist<br />
wahr. Das Seminar ist in der Lage, die Frustration von Leuten<br />
BIER, SEX UND PRELLBALL ... 12