Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag
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Geist, es so wolle. Eine von den Früchten solle der Ritter aber erst dann<br />
essen dürfen, wenn seine Dienstjahre vorbei seien.<br />
Er sollte eine Grube ausheben, so breit <strong>und</strong> so tief, daß der ganze<br />
Himmel, der sich über der Wüste erstreckte, darin Platz hätte, denn der<br />
Geist wollte das Himmelsblau einfangen <strong>und</strong> es dann teuer verkaufen. Der<br />
Ritter grub <strong>und</strong> grub, doch wie sehr er auch grub, es hätte doch nie gereicht,<br />
um den Zwecken des habsüchtigen Geists zu genügen. Doch davon ließ er<br />
sich nicht beirren.<br />
Er kannte nur ein Ziel, nämlich ins Land der Drachen zu gelangen. Dafür<br />
nahm er jeden Dienst in Kauf.<br />
Endlich, nachdem er sich sieben Jahre lang geplagt hatte, überreichte ihm<br />
der Geist eine Frucht, deren Fleisch bitter schmeckte, <strong>und</strong> wünschte ihm<br />
viel Glück für seinen weiteren Weg.<br />
Eilig zog unser Ritter weiter, immer weiter, er schlief kaum, gönnte sich<br />
kaum Rast, tags stapfte er unter sengender Sonne durch den glühend heißen<br />
Sand, nachts rettete er sich vor der grimmigen Kälte, indem er sich ständig<br />
weiter schleppte.<br />
Schließlich brach er zusammen.<br />
Da erschien ihm ein Geist <strong>und</strong> sprach zu ihm: Ich will dir meine Hand auf<br />
die Augen legen, damit dir die Kraft wächst, jeder Anstrengung zu trotzen.<br />
Aber erst sollst du dich ausruhen, sieben Jahre lang, denn du brauchst dich<br />
nicht viel zu bewegen in meinen Diensten. Ich brauche Zerstreuung <strong>und</strong> du<br />
sollst mich unterhalten. Von früh bis spät sollst du mich loben <strong>und</strong> preisen,<br />
dann will ich dich dafür belohnen <strong>und</strong> dir die Unermüdlichkeit schenken.<br />
So lernte unser Held sieben Jahre lang, einem selbstgefälligen Geist nach<br />
dem M<strong>und</strong>e zu reden. Nach sieben Jahren aber dankte der Geist für seine<br />
Einfühlsamkeit <strong>und</strong> ritterliche Aufmerksamkeit, legte ihm die kalte, feuchte<br />
Hand auf die Augen <strong>und</strong> entließ ihn in die Weite der Wüste.<br />
Unermüdlich, ohne zu schlafen, ohne zu rasten, mit riesigen, schnellen<br />
Schritten zog der Ritter weiter. Bald schon hatte er einen anderen Teil der<br />
Wüste erreicht, ein endloses Land, in dem niemals die Sonne schien, nur ein<br />
blasser Mond, der eisern am Himmel hing. Dieses Land durchmaß er sieben<br />
Jahre lang, Schritt für Schritt, unermüdlich. Dann kam er in ein anderes<br />
Land, in dem es nie dunkel wurde, wo ununterbrochen eine unbarmherzige<br />
Sonne vom Himmel stach. Auch dieses Land überwand er, Schritt für<br />
Schritt, sieben Jahre lang, <strong>und</strong> weitere sieben Jahre irrte er durch ein Land,<br />
in dem es weder Sonne noch Mond gab, auch keine Sterne, nach denen er<br />
seine Schritte hätte lenken können, <strong>und</strong> endlich, als er einen Lichtschimmer<br />
JUPP HARTMANN 122