Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag
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HELGE: Ich bin dafür, die Analogien zwischen Sport <strong>und</strong> Schreiben, obwohl<br />
prominente Sportreporter unter uns sind, einzuschränken, ja?<br />
WOLFGANG: Danke für das Kompliment. Wenn vielleicht doch noch ein<br />
Vergleich erlaubt ist: Wenn ein Leichtathlet in einen Verein geht <strong>und</strong><br />
läuft die H<strong>und</strong>ert Meter nicht unter 20 Sek<strong>und</strong>en, dann wird er entweder<br />
rausgeworfen oder zum Würstchenverkaufen angestellt ...<br />
KLAUS: Zum Prellballspielen.<br />
WOLFGANG: ... aber wenn ein Literat seine zwan..äh, seine h<strong>und</strong>ert literarischen<br />
Bilder nicht unter 20 Sek<strong>und</strong>en laufen kann, dann darf er offenbar<br />
weiterschreiben, das ist doch sehr human.<br />
SABINE: Darf ich da vielleicht noch eine andere Maxime von Arnfrid anführen:<br />
Literatur ist das, was man gegen den Rat aller trotzdem schreibt.<br />
(ZUSTIMMENDES KLOPFEN)<br />
WOLFGANG: Aber das stimmt natürlich nicht.<br />
HELGE: Das ist deine eigene Entscheidung.<br />
Profit, Mehrwert <strong>und</strong> die Peinlichkeiten<br />
HELGE: Der Profit, den das Astel-Seminar dem einzelnen vermittelt, ist<br />
massiv. Man hat fast mehr Gewinn davon als von jeder Vorlesung, die<br />
man in der Germanistik besuchen kann (ALLGEMEINE ZUSTIMMUNG).<br />
SABINE: Obwohl ich sehr gerne zur Uni gegangen bin, mir sehr gerne viel<br />
angehört habe <strong>und</strong> viel gemacht habe, bin ich in manchen Semestern nur<br />
hingegangen, um donnerstags ins Seminar zu kommen. Ich habe sehr viel<br />
von dem profitiert, was wir im Seminar gemacht haben, auch für meine<br />
literaturwissenschaftliche Arbeit. Es ist einfach eine bestimmte<br />
Wahrnehmungsweise, die man lernt.<br />
WOLFGANG: Man lernt auch »große Literatur« besser einzuordnen, weil<br />
diese sogenannten großen Literaten auch die trivialsten <strong>und</strong> dümmsten<br />
Fehler machen.<br />
OLIVIA: Auch der zukünftige Literaturkritiker kann sich in diesem Seminar<br />
schulen.<br />
HELGE: Man kann also für die Wissenschaft, die Literaturwissenschaft,<br />
Nutzen ziehen aus einem Seminar, das sich mit kreativem Schreiben<br />
auseinandersetzt. Denn das Gedicht, mit dem man normalerweise<br />
konfrontiert wird, sagen wir Rilke, ist das Objekt. Es ist weit weg von<br />
dir. Und das Gedicht, das dir geboten wird in Astels Seminar, ist eben<br />
nicht das Objekt, sondern das im Werden begriffene Objekt. Aber im<br />
Prinzip ist jedes Gedicht ein im Werden begriffenes Objekt, egal ob es in<br />
dieser Gesamtausgabe drin steht <strong>und</strong> diesen Namen trägt - eben Rilke.<br />
Und dieses Betrachten der Literatur unter dem Aspekt des Schaffens von<br />
Literatur ist ein Gewinn an Perspektive, der für jede Form literarischer<br />
Arbeit fruchtbringend ist.<br />
OLIVIA: Die Peinlichkeit ist so ein gewisses Kriterium. Wenn ich einen Text<br />
laut vorlese, dann gibt es bestimmte Stellen, die sind mir peinlich, <strong>und</strong><br />
diese Stellen werden normalerweise auch kritisiert.<br />
WOLFGANG: Man ist ja selbst nicht die beste Instanz. Man kann etwas<br />
schreiben, was gut ist, <strong>und</strong> was man selbst schlecht findet.<br />
BIER, SEX UND PRELLBALL ... 18