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Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag

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monatelang rohen Sellerie in der Tasche <strong>und</strong> hab immer davon abgebissen.<br />

Das hat meine Nerven wieder ges<strong>und</strong> gemacht.<br />

Aber in der Schule, das hab ich nie mehr richtig aufgeholt.<br />

Später hab ich dann in einem Labor gearbeitet. Das hat mir gut gefallen. Ich<br />

war die einzige Frau dort.<br />

Ja. Und dann kam dein Vater <strong>und</strong> es passierte eben.<br />

Wir haben dann geheiratet.<br />

Wir hatten für die damalige Zeit ziemlich viel Geld. Ich hatte echte<br />

Bleikristallgläser, gutes Geschirr <strong>und</strong> echtes Tafelsilber. Eine große<br />

Wohnung <strong>und</strong> ein Dienstmädchen.<br />

Ja. Und dann kam der Krieg.<br />

Wir sind dann nach Bayern geflüchtet. Mit drei kleinen Kindern, Tante<br />

Rosa, Tante Rita <strong>und</strong> mit Mutter.<br />

Als Vater aus der Gefangenschaft kam, kam er auch zu uns.<br />

Wir haben dann alle in einer Baracke gewohnt. Zusammen mit anderen<br />

Flüchtlingen <strong>und</strong> mit Zigeunern. Wir hatten einen Raum, der nachts mit<br />

einer Decke unterteilt wurde.<br />

Ich war dann lange krank. Ich hatte Tb <strong>und</strong> mußte in eine Lungenheilanstalt.<br />

Ich mußte viel Butter essen. Darum war ich dann so fett.<br />

Während ich weg war, hat Tante Rosa sich um die Kinder gekümmert.<br />

Und um Vater.<br />

Aber Männer brauchen das eben.<br />

Wir sind dann in einen Block gezogen. Hatten zwei Zimmer, Küche.<br />

Die Kinder waren groß.<br />

Die Älteste hat er rausgeschmissen. Sie hatte sich mit Amis eingelassen,<br />

<strong>und</strong> einer hatte ihr ein Kind angedreht.<br />

Die zweite auch. Aber die hat mit siebzehn ihren Ami geheiratet <strong>und</strong> ist<br />

nach Amerika gegangen.<br />

Ja. Und dann noch unser Junge. Aus dem sollte doch was werden. Wir<br />

haben so gespart, daß er auf's Gymnasium gehen konnte. Und er wollte <strong>und</strong><br />

wollte nicht lernen. Ist zweimal sitzengeblieben. Schließlich hat er es<br />

gerade so geschafft.<br />

Wir waren so stolz.<br />

Und wie hat er es uns gedankt.<br />

Er hat diese Katholikin geheiratet. Vater hat ihm daraufhin das Haus<br />

verboten, <strong>und</strong> ich durfte sie auch nicht besuchen.<br />

Vater hat viel gearbeitet. Nachts am AFN-Transmitter. Bei den Amis.<br />

Deshalb hatten wir auch kein Radio. Er konnte daheim kein Gedudele <strong>und</strong><br />

keine Negermusik haben.<br />

MARIETTA SCHRÖDER 72

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