Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag
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Da nahm unser Ritter all seinen Wagemut zusammen, schwor sich, allen<br />
Gefahren zu trotzen, wie groß sie auch immer sein mochten, <strong>und</strong> brach<br />
eiligen Schrittes auf.<br />
Nun quälte er sich schon seit Tagen mühsam weiter, Schritt für Schritt,<br />
<strong>und</strong> bei jedem Schritt wurde die Trockenheit in seiner Kehle unerträglicher.<br />
Er konnte bald an nichts anderes mehr denken als an Wasser.<br />
Da sah er plötzlich vor sich einen See, groß <strong>und</strong> blau. Er rannte mit<br />
Leibeskräften auf das rettende Naß zu, er hatte schon das Ufer erreicht, <strong>und</strong><br />
schon sprang er auch, um sich in die Flut fallen zu lassen, doch statt in<br />
Wasser fiel er in Staub. Er blickte auf: Kein Wasser weit <strong>und</strong> breit. Doch da<br />
war jemand. Kein Mensch freilich, sondern ein Geist sprach zu ihm:<br />
Ich bin der Geist jenes Wassers, in das du dich so gierig zu stürzen gedachtest.<br />
Mein Wasser ist mein ganzer Reichtum, <strong>und</strong> niemals werde ich es<br />
zulassen, daß ein Unwürdiger davon trinkt. Denn es ist kein gewöhnliches<br />
Wasser, das ich behüte, wiewohl du im Augenblick nichts sehnlicher begehrst<br />
als gewöhnliches Wasser. Mein Wasser aber ist ein W<strong>und</strong>erwasser,<br />
<strong>und</strong> es ist das einzige, das dich vor dem sicheren Verdursten retten könnte.<br />
Jedes andere Wasser würde deinen sicheren Tod in der Wüste nur<br />
hinauszögern, dieses aber könnte dir eine dauerhafte Hilfe sein, denn wer<br />
von diesem Wasser trinkt, wird nie mehr Durst erleiden, wird nur noch<br />
trinken um des Vergnügens willen. Wer auch nur einen Schluck von meinem<br />
heiligen Wasser nimmt, kann nicht mehr verdursten. Du aber bist ein<br />
Unwürdiger <strong>und</strong> nicht wert davon zu kosten.<br />
So sehr der Ritter auch flehte, es half doch alles nichts, der Geist ließ sich<br />
nicht erweichen. Da gelobte der Ritter dem Geist, ihm sieben Jahre lang zu<br />
dienen, wenn er ihm nur gerade soviel Wasser gebe, um seine Kehle zu<br />
befeuchten.<br />
So kannst du würdig werden, sprach der Geist. Denn würdig von meinem<br />
Wasser zu trinken ist nur, wer endlose Geduld erlernt. Ich werde dich mit<br />
einem Tropfen Wasser besprengen, genug, daß du nicht stirbst, solange ich<br />
es nicht will. Doch den Schluck Wasser, der deinen Durst für immer löschen<br />
wird, den wirst du erst erhalten, wenn dein Dienst bei mir vorüber ist.<br />
Sieben Jahre also wirst du mir dienen. Und nun werde ich dir deine<br />
Aufgabe nennen: Ich bin es unsäglich leid, andauernd den öden grauen<br />
Sand vor Augen zu haben, der sich bis zum Horizont erstreckt. Doch müßte<br />
der Sand nicht grau sein, denn er hat schwarze <strong>und</strong> weiße Körner, die ihn<br />
zusammen so erscheinen lassen. Sortiere also diese auseinander <strong>und</strong> ordne<br />
sie wie ein Schachbrett. Schon seit langen Zeiten träume ich von einem<br />
JUPP HARTMANN 120