Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag
Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag
Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Aber an sich kommst du mehr als Dichter ins Seminar?<br />
Ich komme zu Fuß. Die letzten Schritte. Vorher mit dem Auto.<br />
Wäre deine literarische Entwicklung ohne die zwölf Jahre Seminar auch<br />
so gelaufen?<br />
Das glaube ich ganz sicher, aber ich habe doch gelernt von einigen Leuten.<br />
Wie kamst du überhaupt dazu, so ein Seminar zu gründen?<br />
Ach, ich habe so ein bißchen der Universität nachgetrauert. Außerdem<br />
(schmunzelnd) wollte ich manchmal in die Seminarbibliothek gehen <strong>und</strong><br />
hatte fre<strong>und</strong>schaftliche Beziehungen zu Schmidt-Henkel, der sich ja immer<br />
auch um die Gegenwartsliteratur gekümmert hat. Ist ja ein Schüler von<br />
Walter Höllerer, <strong>und</strong> der war ja unter den Germanisten in Berlin eine<br />
Ausnahme, weil er sich mit Gegenwartsliteratur beschäftigt hat <strong>und</strong> mit<br />
ihren Hervorbringern. Der hat die jüngeren Autoren um sich geschart im<br />
Literarischen Colloquium, mit sehr viel mehr Publizität <strong>und</strong> Fördergeldern<br />
der Ford Fo<strong>und</strong>ation usw. <strong>und</strong> Gaststipendien. Und er hat sein Lehramt als<br />
Professor auch verlagert in diese Praxis der Literaturproduktion.<br />
Gab es noch mehr <strong>und</strong> konkretere Vorbilder für dein Seminar?<br />
Ich denke, in Amerika ist das, was ich mache, sehr verbreitet, wenn auch<br />
mehr unter einem rhetorischen Konzept, also mehr auf praktische Nutzbarkeit<br />
angelegt: Wie schreibe ich meine Bewerbung, wie schreibe ich einen<br />
Aufsatz, wie schreibe ich Gebrauchstexte?<br />
Bißchen verschulter, mit konkreten Übungen <strong>und</strong> Hausaufgaben?<br />
Ja. Die Anregung kam nicht von Schmidt-Henkel. Ich habe den hier in meiner<br />
Anfangszeit kennengelernt. Da hatte er eine Gastprofessur, <strong>und</strong> ich habe<br />
damals noch viel mehr öffentliche spektakuläre Sachen gemacht - z.B. die<br />
Autorinnen <strong>und</strong> Autoren des Nouveau roman eingeladen zu großen Veranstaltungen<br />
in die Universität. Das war eine Veranstaltung der Literaturabteilung<br />
des Saarländischen R<strong>und</strong>funks mit der Germanistik. Das war speziell<br />
Schmidt-Henkels Interesse. Und irgendwann habe ich gedacht, ich mach<br />
mal den Vorschlag zu diesem Seminar. Er hat das gutgeheißen, <strong>und</strong> es ist<br />
dabei geblieben.<br />
Bist du selber auch aus so einem Kreis gekommen?<br />
Nein. Ich bin eher ein enttäuschter Student, der sich sehr früh <strong>und</strong> während<br />
seiner ganzen Studienzeit um Literatur gekümmert hat <strong>und</strong> auch selber<br />
geschrieben hat <strong>und</strong> eigentlich dieses Milieu nicht angetroffen hat. Aber ich<br />
habe als Student eine Zeitung für Gedichte gegründet, die Lyrischen Hefte,<br />
<strong>und</strong> sie bis in die Saarbrücker Zeit weitergeführt, über fünfzehn Jahre.<br />
Manchmal denke ich, ich hätte es eigentlich noch weiter machen sollen,<br />
aber es ist mir eine zu große Anstrengung. Der Klaus macht ja so was<br />
Ähnliches mit seinen Zeitungen, erst seine Beilage in der Stadtzeitung,<br />
diese Literaturbeilage Stein & Feder, <strong>und</strong> dann, irgendwie abgekalbt aus<br />
diesem Blatt, machen die jetzt sone eigene Gruppe da im<br />
STRECKENLAEUFER mit doch einem ziemlich literarischen Ehrgeiz. Das<br />
war sozusagen das Druckorgan des Seminars, so wie ich das Funkorgan bin.<br />
Es gab ähnliche Sachen vorher, z.B. hast du in Ottweiler diese<br />
Knastlesungen mit Diskussion <strong>und</strong> nachher mit Selberschreiben<br />
veranstaltet. Gab es da Parallelen?<br />
SURFLÜGE 167