Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag
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Kritiker. Die Begründung bleibe hier unerörtert, aus Gründen der<br />
Rufschädigung oder auch Rufsteigerung.<br />
Arnfrid Astel nannte seinen Schreibkurs Selber schreiben <strong>und</strong> reden.<br />
Anfertigen <strong>und</strong> Vorzeigen kurzer literarischer Texte auf Gegenstände <strong>und</strong><br />
angreifbare Zustände im Kopf <strong>und</strong> außerhalb. Der Arbeitsstil, die Dialogtechnik,<br />
die Hebammenkunst des Literaturredakteurs Arnfrid Astel war dem<br />
Hörer des Saarländischen R<strong>und</strong>funks bekannt. Die liebende Zuwendung zu<br />
Autoren <strong>und</strong> ihren Texten zeitigte <strong>und</strong> zeitigt Sternst<strong>und</strong>en literarischer<br />
Kommunikation, über das Ohr, über den Kopf, über die mitschaffende<br />
Phantasie, das Herz. Spricht die Seele, so spricht, ach, die Seele schon nicht<br />
mehr, sagt Schiller. Bei Arnfrid Astel ist das anders.<br />
Doch wie begegnet der sensible Mentor den Studierenden, diesem Konglomerat<br />
von Anarchie, Überempfindlichkeit <strong>und</strong> Ruppigkeit, alldies noch<br />
gesteigert durch das Bestreben, zu schreiben <strong>und</strong> sich gar in einem Kreise<br />
Gleichgesinnter, doch was heißt Gleichgesinnter, der Kritik auszusetzen?<br />
Dieses Buch belegt es. In dreizehn Jahren, also 26 Semestern, durchaus<br />
nicht privatissime, aber gratis, hat Arnfrid Astel einen an den Rändern fluktuierenden,<br />
im Kern oft konstanten Kreis von jungen Menschen um sich<br />
versammelt. Sie haben selber geschrieben <strong>und</strong> selber geredet (was sie im<br />
regulären Seminar oft nur unter Selbstüberwindung tun). Sie haben ihre<br />
Texte zur Diskussion gestellt <strong>und</strong> dabei sich selbst. Die Krisen <strong>und</strong> ihre<br />
Überwindung sind im ersten Teil des Buches be-sprochen, <strong>und</strong> im<br />
literarischen Mittelteil sind sie bisweilen auch erkennbar.<br />
So ist das vorliegende Buch in dem Clair-obscur-Bereich zwischen dem<br />
Ort eines heimlichen Lasters <strong>und</strong> dem Ort einer taghellen Öffentlichkeit<br />
angesiedelt. Es gibt wohl keinen Literaturbeflissenen, der nicht, angeregt<br />
durch Studium <strong>und</strong> Vorbilder, verstärkt durch (spät-)pubertäre Schübe,<br />
heimlich Gedichte oder Prosa schriebe, <strong>und</strong> sei es, um zu testen, welch ein<br />
Gott es ihm denn gab, zu sagen was er leide. Lernt er dabei das Handwerk<br />
des Schreibens, der Stilk<strong>und</strong>e, um so besser. Im Dialog des ersten Teils<br />
wird von dem weiten Weg gesprochen: vom Alleinschreiben zum<br />
Veröffentlichen; wie wichtig die Gruppe in diesem Zwischenbereich sei.<br />
Die meisten Schreiber seien introvertiert. Den Entschluß, an die Außenwelt<br />
zu gehen: dies habe Astels Engagement bewirkt.<br />
Didaktisch aber: Einmal ein Sonett angfertigt oder ein Haiku, das ersetzt<br />
manche entsprechende »Einführungen«. Oder, wie Arnfrid Astel sagt: Die<br />
Rede lernt man nicht durch die Rhetorik, sondern die Rhetorik durch die<br />
Rede.<br />
SELBER SCHREIBEN UND REDEN? 9