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Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag

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Wer nicht surfen kann,<br />

muß lügen1<br />

Interview der Herausgeber mit<br />

Hans Arnfrid Astel<br />

Wie bist du Dichter geworden?<br />

Durch eine Lebenslüge. Ich hatte einen päderastischen Fre<strong>und</strong>, einen älteren<br />

Erzieher, der sehr jung war, <strong>und</strong> ich war noch ein Knabe im Internat, <strong>und</strong> er<br />

stand auf Poesie. Ich merkte, daß der mich liebt <strong>und</strong> daß er selbst auf Poesie<br />

steht. Als er mich einmal fragte: Was machst du denn so außerhalb der<br />

Schulzeit? habe ich gelogen <strong>und</strong> gesagt: Ich schreibe Gedichte. Diese<br />

Lebenslüge, um meinem Päderasten, der kein richtiger Päderast war, also<br />

kein Arschficker im engeren Sinne, sondern einfach nur ein homoerotisch<br />

sozialisierter ...<br />

Platonischer Päderast?<br />

... ja, mehr oder weniger platonisch - er hat mir sicher auch mal übers Haar<br />

gestrichen, oder vielleicht auch mal über sonstwas, aber um dem zu gefallen<br />

... Aber du schriebst dann auch Gedichte?<br />

Ja. Man muß ja als Lügner ehrlich bleiben oder ehrlich werden in irgendeiner<br />

Weise, <strong>und</strong> das ist mir zum Element geworden. Ich habe erst entdeckt,<br />

was das ist, ich wußte ja gar nicht, was die Poesie eigentlich ist, <strong>und</strong> ich<br />

schreibe seitdem.<br />

Obwohl der Päderast nicht mehr da ist.<br />

Der Päderast ist immer da. Erstens einmal der männliche, der himmlische<br />

Päderast <strong>und</strong> dann - das ist ja ein erotisches Prinzip. Also ich habe das oft<br />

witzig gesagt: Man müßte Klavierspielen können, wer Klavier spielt hat<br />

Glück bei den Fraun. Wir schreiben natürlich auch, um geliebt zu werden,<br />

<strong>und</strong> in erster Linie von uns selbst - um vor der Eigenliebe zu bestehen,<br />

denke ich - <strong>und</strong> hoffen darauf, daß unsere Eigenliebe auf ein soziales<br />

Niveau kommt, d.h. gesellschaftlich liebbar wird. Klingt sehr nach<br />

Nachmittagspredigt, obwohl es noch Vormittag ist.<br />

Als wir über das Seminar sprachen, kamen wir immer wieder darauf, daß<br />

die Leute schreiben, um geliebt zu werden, daß das Seminar existiert, weil<br />

wir untereinander geliebt werden wollen ...<br />

Und uns auch lieben, sonst würden wir gar nicht zusammenkommen.<br />

Hat dich dieser Aspekt dazu gebracht, das Seminar zu gründen <strong>und</strong> über<br />

viele Jahre zu halten?<br />

SURFLÜGE 162

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