Einhornjagd und Grillenfang.pdf - PoCul-Verlag
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mir in das Land Altenmühle folgen <strong>und</strong> Trinkgeister werden im Wirtshaus<br />
»Zur Wasserfrau«. Nun hat wohl jeder schon einmal von diesem<br />
sagenumwobenen Land gehört oder zumindest von besagtem Wirtshaus,<br />
auch wenn noch nie einer, der es zu betreten wagte, wiedergekehrt sein soll.<br />
Die Menschenähnlichen dort sollen unfre<strong>und</strong>lich sein, richtig<br />
knochenzermürbend, blutschlürfend <strong>und</strong> gemein. Doch die größte Gefahr,<br />
so erzählt man sich, lauert in den Räumen <strong>und</strong> auf den Bänken der<br />
Wasserfrau, die Macht häßlicher Verführer. Alte, auf's erste überaus<br />
fre<strong>und</strong>lich wirkende Männer mit roten Wangen, schütterem Haar <strong>und</strong> desolaten<br />
Zähnen sollen da sitzen <strong>und</strong> harmlos plaudern. Angeblich warten sie<br />
nur darauf, daß ein Jüngling über die Schwelle tritt, sich nichts ahnend<br />
einen Platz sucht <strong>und</strong> sich vor Vorfreude leise lächelnd ein Bier bestellt.<br />
Flugs wird ihm eins gebracht; schon sitzen wie zufällig einige der<br />
malerischsten Hinterhältler an seinem Tisch <strong>und</strong> werfen unschuldige Fragen<br />
zwischen die Schlucke. Wo kommense denn her <strong>und</strong> wo wollense denn hin?,<br />
heißt es da, <strong>und</strong> bei diesen Worten tritt immer ein Greis dem anderen, der<br />
Vorfreude heimlich Vorschub gewährend, an's Bein, während die fette,<br />
völlig zahnlose Wirtin weitere Humpen heranhievt, indes ein zerzauster<br />
Köter zufrieden brummend in einer dunklen Ecke mit dem Schwanz wedelt.<br />
Natürlich trinken die Alten mit, bezahlen die R<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> immer wieder<br />
ruft einer mit fröhlicher Baßstimme: Alte Knaben haben seltsame Träume.<br />
Versucht das Opfer aufzustehen, um sich der gerade unheimlich<br />
gewordenen Situation durch Flucht zu entziehen, wird es ohne Worte <strong>und</strong><br />
mit einem faltigen Lächeln zum Bleiben gezwungen. Bier schmeckt, pfeift<br />
einer auf geringelten Stimmbändern, ein Rabenfre<strong>und</strong>, <strong>und</strong> reicht dem<br />
Unglücklichen, sich dasselbe genehmigend, den schweren Bitterhumpen,<br />
den Schwedentrunk aus Gerstenkorn. In jedem Fall ist der Zecher verloren,<br />
denn ob er im Wettstreit den Sieg erschluckt oder sich letztlich den Alten<br />
ergibt, seine Zähne verkommen, er wird zum Diener der Bösen <strong>und</strong> einer<br />
von ihnen im Laufe der Zeit.<br />
Aber sie war so schön <strong>und</strong> hüpfte so fein, daß wir ihre Geschichte hören<br />
wollten.<br />
In den jungen Tagen, lange vor dieser Zeit, war Altenmühle eine großberühmte<br />
Handelsniederlassung, regiert von einem kleinen König <strong>und</strong> beliebt<br />
wegen seiner Produkte <strong>und</strong> der vielen bunten Gebäude. Hinter dem Schmiedefeuer<br />
stand dreizentrig, vollbärtig <strong>und</strong> gewaltig unter den Schmieden,<br />
Harad der Schwarze <strong>und</strong> warf, durch Feenzauber verwirrt, rote<br />
Vogelbeeren ins Feuer, die zu schwarzen murmelgroßen Kugeln<br />
anschwollen, bis sie unter klirrendem Getöse, das an die kalte Musik der<br />
Schmiedehämmer erinnerte, Fontänen <strong>und</strong> kleine Sterne versprühend<br />
zerplatzten, was besonders nachts sehr hübsch anzuschauen war. Man<br />
sagte, er sei in einer Mainacht zum Gebirge gelaufen, zu den Quellen des<br />
Baches Yrk, um Fische zu fangen, wobei er die Gestalt eines Bären<br />
angenommen habe, ganz nach der Art seiner Familie, <strong>und</strong> daß sich sein<br />
Schicksal erfüllt habe, als die Herrin des Yrk ihm begegnete. Weiter<br />
erzählte man, allein der Anblick der Nixe, das hohe Alter, das aus ihren<br />
Augen sprach, <strong>und</strong> ihre für Menschen unbegreifliche Schönheit habe<br />
STEFFEN AUG 80