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Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...

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Politik sich nicht dazu äussert, wie e<strong>in</strong>e chancengleichere Gesellschaft<br />

gestaltet werden soll, riskiert sie, dass der Diskurs zur <strong>Integration</strong> weder von<br />

den Emittenten noch von den Empfängern ernst genommen wird.<br />

11.2.3 Orientierungslosigkeit<br />

Die gegenwärtige Orientierungslosigkeit <strong>in</strong> der basel-städtischen <strong>Integration</strong>spolitik<br />

hängt auch mit der gr<strong>und</strong>sätzlichen Infragestellung des <strong>Integration</strong>sbegriffs<br />

zusammen. Die meisten Akteure s<strong>in</strong>d sich bewusst, dass das<br />

Konzept diffus <strong>und</strong> vieldeutig ist <strong>und</strong> dass es je nach Verwendung e<strong>in</strong>en<br />

Prozess oder e<strong>in</strong>en Endzustand beschreibt. Diese konzeptionelle Unsicherheit<br />

spiegelte sich klar <strong>in</strong> den verschiedenen Interviews mit den Akteuren wider.<br />

Auf der politischen Ebene hat dies zur Konsequenz, dass vielfach nicht<br />

wahrgenommen wird, wie viele Massnahmen <strong>und</strong> Vorkehrungen gleichzeitig<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegrationspolitische Zielsetzung verfolgen. Da <strong>Integration</strong> e<strong>in</strong>e gesamtgesellschaftliche<br />

Aufgabe darstellt, ist es e<strong>in</strong>e grosse Herausforderung, die<br />

Koord<strong>in</strong>ation <strong>und</strong> die Information zwischen den vielen <strong>in</strong>volvierten Akteuren<br />

sicherzustellen. Funktioniert die Absprache zwischen den beteiligten<br />

Institutionen nicht, kann es zu Überschneidungen kommen, die im Extremfall<br />

die Wirkung <strong>in</strong>tegrationspolitischer Massnahmen <strong>in</strong> den verschiedenen<br />

Bereichen torpedieren. Es muss aus diesem Gr<strong>und</strong> erneut betont werden, dass<br />

der Koord<strong>in</strong>ation von <strong>in</strong>tegrationspolitischen Bestrebungen mehr Beachtung<br />

geschenkt werden muss.<br />

Gel<strong>in</strong>gt es, die Massnahmen besser zu koord<strong>in</strong>ieren, so könnte auch die<br />

Visibilität der <strong>Integration</strong>spolitik erhöht werden. E<strong>in</strong> zentrales Problem ist<br />

gegenwärtig der Umstand, dass die <strong>in</strong>volvierten Akteure gar nicht genau<br />

wissen, was alles <strong>unter</strong> dem Schlagwort <strong>Integration</strong> gemacht wird. Doch bei<br />

der Betrachtung der <strong>in</strong> diesem Bericht vorgestellten Massnahmen wird<br />

deutlich, dass <strong>in</strong> den verschiedenen Bereichen enorme Anstrengungen<br />

<strong>unter</strong>nommen werden, die direkt oder <strong>in</strong>direkt e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tegrationspolitischen<br />

Zielsetzung dienen. Die Gesamtheit der Massnahmen macht den „<strong>in</strong>tegrationspolitischen<br />

Acquis“ des Kantons <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> aus, <strong>und</strong> auf diesen Acquis<br />

dürfte man unseres Erachtens stolz se<strong>in</strong>. Es sche<strong>in</strong>t uns von zentraler<br />

Bedeutung zu se<strong>in</strong>, dass vermehrt darauf h<strong>in</strong>gewiesen wird, dass es <strong>in</strong> <strong>Basel</strong><br />

nicht nur <strong>Integration</strong>svere<strong>in</strong>barungen gibt, sondern e<strong>in</strong>e grosse Anzahl von<br />

weiteren <strong>und</strong> weiterführenden Massnahmen.<br />

Wenn man der Öffentlichkeit sichtbar machen würde, welch breit gefächerten<br />

Angebote <strong>in</strong> diesem Bereich bestehen, so könnte die Glaubwürdigkeit der<br />

Politik gegenüber der gesamten Bevölkerung – e<strong>in</strong>schliesslich der Migrant<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Migranten – erhöht werden. Die Gesamtheit des „<strong>in</strong>tegrationspolitischen<br />

Acquis“ sollte es ermöglichen, dem Thema <strong>Integration</strong> <strong>in</strong> der<br />

politischen Agenda e<strong>in</strong>e grössere Bedeutung zuzumessen. E<strong>in</strong>e erhöhte<br />

Aufmerksamkeit <strong>in</strong> der politischen Debatte <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e verbesserte Transparenz<br />

196<br />

mit Blick auf das bereits Erreichte könnte dazu dienen, die für e<strong>in</strong>e<br />

Weiterführung <strong>und</strong> Vertiefung der <strong>Integration</strong>spolitik benötigten f<strong>in</strong>anziellen<br />

Ressourcen zu mobilisieren. Es wurde <strong>in</strong> der Darstellung der Schwächen<br />

bezüglich der oben besprochenen Massnahmen immer wieder darauf<br />

h<strong>in</strong>gewiesen, dass die fehlenden f<strong>in</strong>anziellen Mittel e<strong>in</strong> grosses H<strong>in</strong>dernis für<br />

die Zielerreichung darstellen. E<strong>in</strong>e Erhöhung der Mittel im Bereich der<br />

<strong>Integration</strong>spolitik würde zum<strong>in</strong>dest signalisieren, dass die basel-städtischen<br />

Behörden anerkannt haben, dass „<strong>Integration</strong>spolitik als Bevölkerungspolitik<br />

e<strong>in</strong>e Investition <strong>in</strong> die Zukunft unseres Landes ist“ (Interview 29).<br />

Sollte es gel<strong>in</strong>gen, die <strong>in</strong>tegrationspolitische Debatte vermehrt auf das bereits<br />

Erreichte, die fehlenden Mittel <strong>und</strong> die konkreten Herausforderungen der<br />

Zukunft zu fokussieren, so könnte wieder an die konstruktive <strong>in</strong>tegrationspolitische<br />

Debatte <strong>in</strong> <strong>Basel</strong> angeknüpft werden, die <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

geführt wurde. Zurzeit dreht sich der Diskurs nämlich be<strong>in</strong>ahe ausschliesslich<br />

um die Verschärfung der <strong>Integration</strong>svere<strong>in</strong>barungen <strong>und</strong> die Aussagen e<strong>in</strong>es<br />

islamischen Geistlichen. Es ist anzunehmen, dass diese Fragen deshalb<br />

dom<strong>in</strong>ieren, weil <strong>in</strong> der <strong>Integration</strong>spolitik 2009 e<strong>in</strong>e Zeitlang Führungslosigkeit<br />

herrschte. Dieses Vakuum wurde durch die zahlreichen personellen<br />

Wechsel im <strong>in</strong>tegrationspolitischen Bereich ausgelöst. Dies hat dazu geführt,<br />

dass das Thema „<strong>Integration</strong>“ mittlerweile von politischen Akteuren aufgegriffen<br />

wurde, die die <strong>Integration</strong>spolitik am liebsten abschaffen würden. Es<br />

ist deshalb unabd<strong>in</strong>gbar, dass die neue Equipe der <strong>Integration</strong> <strong>Basel</strong> rasch<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> den verschiedenen Bereichen neue Akzente zu setzen vermag.<br />

Das Rad muss dabei nicht neu erf<strong>und</strong>en werden, denn das bestehende<br />

Leitbild aus dem Jahre 1999 hat bereits viele wichtige Schwerpunkte gesetzt.<br />

Dieses Leitbild ist auch aus heutiger Sicht nicht überholt: Der Potenzialansatz<br />

sowie der <strong>in</strong>haltliche Fokus auf Bildung, Erwerbsleben <strong>und</strong> das Zusammenleben<br />

im Quartier s<strong>in</strong>d nach wie vor aktuell. In Anbetracht der<br />

identifizierten <strong>in</strong>tegrationspolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre<br />

wäre es aber vielleicht von Nutzen, das Leitbild <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Punkten zu<br />

ergänzen.<br />

11.3 E<strong>in</strong>e kurze Standortbestimmung zum Schluss<br />

Abschliessend möchten wir e<strong>in</strong>e kurze Standortbestimmung vornehmen, <strong>in</strong><br />

der reflektiert wird, wo die basel-städtische <strong>Integration</strong>spolitik heute steht<br />

<strong>und</strong> wo sie h<strong>in</strong>führen könnte. Zu diesem Zweck werden wir erneut e<strong>in</strong>e<br />

Unterscheidung zwischen der <strong>in</strong>tegrationspolitischen Debatte <strong>und</strong> der <strong>in</strong>tegrationspolitischen<br />

Praxis vornehmen, wie dies bereits im gesamten Text geschehen<br />

ist.<br />

Die <strong>in</strong>tegrationspolitische Debatte wird sowohl <strong>in</strong> <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> als auch auf<br />

schweizerischer <strong>und</strong> europäischer Ebene <strong>in</strong>tensiv geführt. In dieser Debatte<br />

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