Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...
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4.7 Stärken-Schwächen Profil<br />
4.7.1 Stärken<br />
Die Unterstützung von auf dem Potenzialansatz beruhenden Projekten gilt<br />
allgeme<strong>in</strong> als e<strong>in</strong>e der Stärken des spezifischen <strong>Integration</strong>sförderangebots <strong>in</strong><br />
der Region <strong>Basel</strong>. Die Unterstützung solcher Projekte, die zu e<strong>in</strong>em<br />
positiveren Bild der Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten <strong>in</strong> der Öffentlichkeit<br />
beitragen wollen, signalisiert zudem, dass die Verantwortlichen sich nicht nur<br />
<strong>in</strong> der Theorie sondern auch <strong>in</strong> der Praxis zum Ressourcen- oder Potenzialansatz<br />
bekennen. Den Teilnehmern <strong>und</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nen an den<br />
Projekten bietet sich dadurch die Möglichkeit, ihren Horizont zu erweitern<br />
<strong>und</strong> ihr persönliches Beziehungsnetzwerk auszubauen. Das grosse Angebot<br />
an niederschwelligen Deutsch- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>skursen <strong>in</strong> <strong>Basel</strong> wurde von<br />
den Experten ebenfalls positiv aufgenommen. Die meisten Personen, die<br />
e<strong>in</strong>en Kurs besuchen möchten, können ohne Probleme e<strong>in</strong> passendes Angebot<br />
f<strong>in</strong>den.<br />
Die Mehrheit der <strong>in</strong>terviewten Expert<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Experten begrüsst die<br />
E<strong>in</strong>führung der <strong>Integration</strong>svere<strong>in</strong>barungen, dies allerd<strong>in</strong>gs aus ganz<br />
<strong>unter</strong>schiedlichen Gründen. Viele betrachten dieses Instrument als<br />
zusätzliches „Druckmittel“, das bei „renitenten“ oder „<strong>in</strong>tegrationsunwilligen“<br />
Personen e<strong>in</strong>gesetzt werden kann (Interviews 9, 19). Sie erhoffen<br />
sich also von den <strong>Integration</strong>svere<strong>in</strong>barungen e<strong>in</strong>e abschreckende Wirkung<br />
auf <strong>in</strong>tegrationsunwillige Personen. Andere dagegen stehen den<br />
<strong>Integration</strong>svere<strong>in</strong>barungen positiv gegenüber, weil damit e<strong>in</strong> Ausbau der<br />
<strong>Integration</strong>sfördermassnahmen (Sprachkurse etc.) verb<strong>und</strong>en ist <strong>und</strong> auch<br />
Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten, die bisher aus f<strong>in</strong>anziellen oder anderen<br />
Gründen ke<strong>in</strong>e Deutsch- oder <strong>Integration</strong>skurse besuchen konnten, der<br />
Kursbesuch ermöglicht wird (Interview 7).<br />
Insgesamt gesehen erachteten die <strong>in</strong>terviewten Expert<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Experten die<br />
Durchführung von Sensibilisierungsprogrammen zur Frage des Umgangs mit<br />
„Diversität“ als s<strong>in</strong>nvoll (Interview 2, 15, 9). Sie hoben als besonders positiv<br />
hervor, dass die Veranstaltungen zur Bewusstse<strong>in</strong>sschärfung <strong>und</strong> zur<br />
Verbesserung des Wissensstandes der Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbeiter <strong>in</strong><br />
den Behörden beitragen würden. Auch die Migrantenvere<strong>in</strong>e begrüssten die<br />
GGG-Informationsmodule, weil sie ihnen E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> das Funktionieren der<br />
Verwaltung verschaffen. Viele Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten wünschten sich<br />
ausserdem, dass die Informationsvermittlung <strong>in</strong> der Muttersprache auch<br />
weiterh<strong>in</strong> als wichtiger Bestandteil der behördlichen Informationsstrategie<br />
beibehalten wird. Besonders wichtig ist dies bei Älteren, die sich nur<br />
begrenzt Deutschkenntnisse angeeignet haben.<br />
78<br />
Inzwischen gibt es im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> zahlreiche Vorkehrungen zur<br />
Bekämpfung der Diskrim<strong>in</strong>ierung: Sie umfassen die juristische Festlegung<br />
der Gleichbehandlung im <strong>Integration</strong>sgesetz, e<strong>in</strong>e breite Palette von<br />
Beratungsangeboten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Vielzahl von Informations- bzw. Präventionsmassnahmen.<br />
Durch das KIS-Programm fand überdies e<strong>in</strong>e<br />
Sensibilisierung <strong>in</strong>nerhalb der Verwaltung statt: Das Thema Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />
ist <strong>in</strong>zwischen ke<strong>in</strong> Tabu mehr. Die Wichtigkeit des offeneren Umgangs mit<br />
dem Thema Diskrim<strong>in</strong>ierung strichen die Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten <strong>in</strong> den<br />
Gesprächen immer wieder heraus, denn die meisten s<strong>in</strong>d während ihres<br />
Aufenthalts <strong>in</strong> der Schweiz mit Diskrim<strong>in</strong>ierung konfrontiert gewesen (z.B.<br />
Interview 23, 24).<br />
Die Bemühungen des Kantons <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong>, e<strong>in</strong>e Art Willkommenskultur zu<br />
etablieren, werden u.a. von den Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten auch aus dem<br />
Gr<strong>und</strong> positiv aufgenommen, weil sie bestätigen, dass die fehlende Offenheit<br />
der Schweizer Bevölkerung ebenfalls e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>dernis im <strong>Integration</strong>sprozess<br />
darstellen kann. Ausserdem kann durch die Begrüssung der Zugewanderten<br />
<strong>in</strong> verschiedenen Foren sichergestellt werden, dass sie von Anfang an über<br />
die für sie relevanten Informationen verfügen.<br />
Die Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten der ersten <strong>und</strong> zweiten Generation sprachen<br />
sich <strong>in</strong> den Interviews auch deshalb so ausdrücklich für die E<strong>in</strong>führung des<br />
Ausländerstimmrechts aus, weil sie dieses mit „Anerkennung“ gleichsetzen<br />
(Interviews 1, 4, 14, 22). Die meisten Experten begrüssten das Ausländerstimmrecht<br />
ebenfalls, weil es allen niedergelassenen Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
Migranten die Möglichkeit eröffnet, gleichberechtigt am politischen<br />
Entscheidungsprozess teilzunehmen.<br />
Durch die Revision der basel-städtischen Verfassung können theoretisch<br />
verschiedene Religionsgeme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> offiziell anerkannt<br />
werden. Die meisten Experten gehen jedoch – nach der M<strong>in</strong>arettabstimmung<br />
– nicht davon aus, dass e<strong>in</strong> solches Anerkennungsverfahren <strong>in</strong> absehbarer<br />
Zeit lanciert wird. 40 Die punktuelle E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Migrantenvere<strong>in</strong>e bei<br />
Entscheidungsverfahren <strong>in</strong> der Alterspolitik, bei der Entscheidung über die<br />
Friedhofsplanung oder <strong>in</strong> Fragen der Raumplanung wird dagegen begrüsst.<br />
4.7.2 Schwächen<br />
Der grösste Kritikpunkt an den sich am Potenzialansatz orientierenden<br />
Projekten besteht dar<strong>in</strong>, dass es bisher <strong>in</strong> der Praxis nur vere<strong>in</strong>zelte Initiativen<br />
40 Siehe Kontext Debatte vom 8.1.2010;<br />
http://www.drs.ch/www/de/drs/sendungen/kontext/5005.sh10113478.html (konsultiert<br />
14.04.2010).<br />
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