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Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...

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Ausschliessens ist. Zur Realisierung der Chancengleichheit muss demzufolge<br />

jegliche Form von Diskrim<strong>in</strong>ierung bekämpft werden. Doch verfügt die<br />

Schweiz über ke<strong>in</strong> explizites Anti-Diskrim<strong>in</strong>ierungsgesetz. Die e<strong>in</strong>zige<br />

Ausnahme bildet Artikel 2 des Personenfreizügigkeitskommens mit der<br />

Europäischen Union, das e<strong>in</strong>e Diskrim<strong>in</strong>ierung aus Gründen der<br />

Staatsangehörigkeit ausdrücklich verbietet. Das bedeutet, dass die EU-Bürger<br />

den Schweizer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schweizern <strong>in</strong> allen die Personenfreizügigkeit<br />

betreffenden Fragen gleichgestellt s<strong>in</strong>d.<br />

Das <strong>Integration</strong>sgesetz des Kantons <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> erteilt dem Kanton den<br />

Auftrag (§4 Abs. 4), „für die Vermeidung <strong>und</strong> Bekämpfung von<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung gegenüber Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten wie auch gegenüber<br />

E<strong>in</strong>heimischen zu sorgen“. Die kantonale Stelle für <strong>Integration</strong> <strong>und</strong> Anti-<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung ist für die Bekämpfung der Diskrim<strong>in</strong>ierung zuständig <strong>und</strong><br />

arbeitet <strong>in</strong> dieser Frage eng mit anderen Dienststellen zusammen. Aus dieser<br />

Zusammenarbeit ist <strong>in</strong> den letzten Jahren im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> e<strong>in</strong><br />

Dispositiv zur Bekämpfung der Diskrim<strong>in</strong>ierung entstanden, das im<br />

Folgenden vorgestellt wird.<br />

4.4.1 Massnahmen <strong>in</strong> der kantonalen Verwaltung<br />

Viele Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten berichten <strong>in</strong> Gesprächen darüber, dass sie<br />

von den Behörden im Vergleich zu den E<strong>in</strong>heimischen „schlechter“<br />

behandelt werden. Manche gehen sogar so weit, dass sie von<br />

diskrim<strong>in</strong>ierenden Behördenentscheidungen sprechen. Staatliche Stellen<br />

bestreiten diese Vorwürfe <strong>und</strong> berichten ihrerseits von Problemen, die sich<br />

im Umgang mit Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten ergeben. Dazu lässt sich<br />

anmerken, dass es relativ schwierig ist, das Ausmass an Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Verwaltung zu messen <strong>und</strong> diskrim<strong>in</strong>ierende Entscheide rechtlich<br />

anzufechten. Insgesamt gesehen ist das Thema „Diskrim<strong>in</strong>ierung“ <strong>in</strong> der<br />

Verwaltung nach wie vor oft mit e<strong>in</strong>em Tabu versehen.<br />

E<strong>in</strong>e von der Eidgenössischen Fachstelle für Rassismusbekämpfung<br />

f<strong>in</strong>anzierte Studie der Gruppe für Beratung, Entwicklung <strong>und</strong> Bildung<br />

(TRaK) <strong>unter</strong>suchte die <strong>in</strong> verschiedenen Verwaltungsstellen (Städte,<br />

Kantone, halböffentliche Verwaltungen) vorhandenen Strategien zur<br />

Rassismusbekämpfung (Bosshard <strong>und</strong> Peter 2005). In dieser Studie wurde<br />

herausgehoben, dass lediglich der Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> bei der Bekämpfung<br />

des Rassismus „sehr aktiv“ war, da er sowohl „Strukturen geschaffen hat als<br />

auch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegrierte Strategie umgesetzt hat“ (Bosshard <strong>und</strong> Peter 2005: 2).<br />

Die Verfasser der Studie beurteilten das <strong>in</strong> den verschiedenen Verwaltungse<strong>in</strong>heiten<br />

durchgeführte KIS-Programm (siehe 5.3.1) als positiv <strong>und</strong> als<br />

geeignetes Mittel, um die Mitarbeiter von Verwaltungen für Fragen des<br />

Rassismus zu sensibilisieren. E<strong>in</strong> weiteres Instrument, das nach Auffassung<br />

der Wissenschaftler zur Bekämpfung des Rassismus <strong>in</strong> der Verwaltung<br />

70<br />

beigetragen hat <strong>und</strong> die auch vom Leiter der Fachstelle STOPP Rassismus<br />

geteilt wird 34 , ist das von <strong>Integration</strong> <strong>Basel</strong> entwickelte Weiterbildungsmodul<br />

„Polizei <strong>und</strong> <strong>Migration</strong> aus Westafrika“ (Interview 9).<br />

In den Experten<strong>in</strong>terviews zeigte sich, dass den meisten Verantwortlichen<br />

bewusst ist, dass es bei den Behörden Anzeichen für Rassismus <strong>und</strong><br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung gibt. Gleichzeitig s<strong>in</strong>d sie aber der Überzeugung, dass<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong> ihren Behörden ke<strong>in</strong> Problem darstellt (Interview 2, 5,<br />

15). In Bezug auf die Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten sche<strong>in</strong>t es <strong>in</strong> der<br />

Verwaltung von <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong> anwendbaren Leitsätze zu<br />

geben, <strong>in</strong> denen der Gleichbehandlungsgr<strong>und</strong>satz festgehalten ist. E<strong>in</strong>e<br />

Ausnahme stellt das <strong>Migration</strong>samt dar, das e<strong>in</strong>en Leitfaden für den Umgang<br />

mit „schwierigen“ (also potenziell gewalttätigen) Personen erstellt hat. Des<br />

Weiteren erhält jeder Polizeiaspirant e<strong>in</strong>en Ordner mit dem Titel „Werte <strong>und</strong><br />

Bekenntnissystem“, <strong>in</strong> dem die Gr<strong>und</strong>regeln für den Umgang mit den<br />

K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en festgehalten s<strong>in</strong>d; <strong>in</strong> diesem Ordner ist <strong>unter</strong><br />

anderem auch der Gr<strong>und</strong>satz der Gleichbehandlung festgehalten.<br />

4.4.2 Beratungsangebote<br />

Der Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> war e<strong>in</strong>er der ersten Kantone, der e<strong>in</strong>e<br />

Beratungsstelle für Opfer von Rassismus oder Diskrim<strong>in</strong>ierung e<strong>in</strong>gerichtet<br />

hat. Von 1997 bis 2007 bot die kantonale <strong>Integration</strong>sstelle <strong>und</strong> Anlaufstelle<br />

für rassistische Diskrim<strong>in</strong>ierung Menschen, die Opfer von Rassismus oder<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung geworden waren, Beratung <strong>und</strong> Hilfestellung an. Seit 2007<br />

berät die Beratungsstelle STOPP Rassismus <strong>in</strong> Pratteln. von Rassismus<br />

betroffene Personen aus vier Kantonen (BS, BL, AG, SO), während<br />

<strong>Integration</strong> <strong>Basel</strong> <strong>in</strong>zwischen ke<strong>in</strong>e eigenen Beratungen mehr durchführt. 35<br />

Die Beratungsstelle STOPP Rassismus entscheidet <strong>in</strong> den oben genannten<br />

Fällen, ob e<strong>in</strong>e rechtliche Beschwerde e<strong>in</strong>gereicht werden kann, oder ob e<strong>in</strong>e<br />

andere Vorgehensweise gewählt werden muss. Da die rechtlichen Hürden<br />

zum Nachweis e<strong>in</strong>er Diskrim<strong>in</strong>ierung hoch s<strong>in</strong>d, sucht die Fachstelle<br />

regelmässig den Kontakt zu Behörden oder Arbeitgebern. Durch diese<br />

präventive Arbeit erfüllt sie e<strong>in</strong>e wichtige Funktion im Dispositiv zur<br />

Rassismusbekämpfung.<br />

Im Jahre 2008 betreute die Stelle r<strong>und</strong> 30 Fälle <strong>und</strong> deckte damit e<strong>in</strong><br />

Beratungspensum von 40% ab. Die Ratsuchenden, die sich an diese Stelle<br />

34 http://www.aller-anfang-ist-begegnung.ch/mix17_kanton_basel-landschaft<br />

(konsultiert am 10.03.2010).<br />

35 Anfangs wurden der Stelle nur selten Diskrim<strong>in</strong>ierungsfälle gemeldet, <strong>in</strong> den Folgejahren<br />

nahmen die Meldungen zu. E<strong>in</strong>ige Personen wenden sich noch heute an<br />

<strong>Integration</strong> <strong>Basel</strong>.<br />

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