Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...
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erhalten die Eltern dann weitergehende Informationen zum Berufsbildungssystem.<br />
<strong>und</strong> zu ihrer Unterstützungsrolle. Diese Veranstaltungen schliessen<br />
mit e<strong>in</strong>em „gemütlichen Teil“, bei dem die Vernetzung zwischen den Migranteneltern<br />
im Vordergr<strong>und</strong> steht.<br />
5.3.3 Stärken-Schwächen Profil<br />
5.3.3.1 Stärken<br />
Die meisten <strong>in</strong>terviewten Akteure im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> – sowohl im<br />
Politikfeld Bildung als auch im Politikfeld Arbeit – s<strong>in</strong>d sich bewusst, dass<br />
beim Übergang <strong>in</strong>s Erwerbsleben Chancenungleichheit besteht. Dieses<br />
Problembewusstse<strong>in</strong> hat zur Folge, dass die meisten staatlichen <strong>und</strong><br />
nichtstaatlichen Akteure sich <strong>in</strong> ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich für die<br />
Besserstellung der jugendlichen Migrantenbevölkerung e<strong>in</strong>setzen. Beispiele<br />
dafür s<strong>in</strong>d die Bemühungen des Kantons <strong>und</strong> des Gewerbevere<strong>in</strong>s zur<br />
Schaffung neuer Lehrstellen, das soziale Engagement e<strong>in</strong>iger Unternehmer<br />
bzw. der Stiftungen <strong>und</strong> der grosse E<strong>in</strong>satz der Jugendarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
Jugendarbeiter. Dieses Engagement wird von allen Interviewpartnern positiv<br />
hervorgehoben (Interviews 3, 4, 12).<br />
In diesem Zusammenhang wurde besonders das Engagement der<br />
„etablierten“ Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten <strong>in</strong> <strong>Basel</strong> erwähnt, die den sozialen<br />
Aufstieg „geschafft“ haben. So wurden beispielsweise Vorstandsmitglieder<br />
<strong>und</strong> Besucher<strong>in</strong>nen der Café Secondas dazu angehalten, sich als Mentor<strong>in</strong>nen<br />
im Mentor<strong>in</strong>g Projekt zu betätigen. Auch die Basler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Basler s<strong>in</strong>d<br />
vermehrt bereit, e<strong>in</strong>en Beitrag zur beruflichen <strong>Integration</strong> der Jugendlichen<br />
mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> zu leisten. So kann das Mentor<strong>in</strong>g Projekt auf<br />
e<strong>in</strong>en immer grösser werdenden Pool von Mentor<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mentoren<br />
zurückgreifen. E<strong>in</strong>e Stärke des Mentor<strong>in</strong>g Projekts besteht dar<strong>in</strong>, dass durch<br />
das nähere Kennenlernen der „Anderen“ Vorurteile <strong>und</strong> Stereotypen abgebaut<br />
werden können. Diese „Begegnungsprojekte“ stellen zweifelsohne e<strong>in</strong>en<br />
wichtigen <strong>Integration</strong>sbeitrag dar (Interview 12).<br />
E<strong>in</strong>e weitere Stärke im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> ist das grosse Angebot an<br />
Beratungsstellen, die sich mit dem Thema „Übergang <strong>in</strong>s Erwerbsleben“<br />
befassen. Das Beratungsangebot richtet sich an die Jugendlichen <strong>und</strong> ihre<br />
Eltern, aber auch an die Lehrer <strong>in</strong> den Schulen. Der vermehrte E<strong>in</strong>bezug der<br />
Eltern <strong>in</strong> die Laufbahnentscheidungen der Jugendlichen ist wichtig, denn es<br />
besteht ke<strong>in</strong> Zweifel daran, dass sie e<strong>in</strong>e Schlüsselrolle beim Übergang der<br />
K<strong>in</strong>der <strong>in</strong>s Erwerbsleben e<strong>in</strong>nehmen. Dass die Elternarbeit auch <strong>in</strong> diesem<br />
Themenbereich zunehmend <strong>in</strong>terkulturell ausgerichtet wird, verdient positive<br />
Erwähnung, denn viele Migranteneltern s<strong>in</strong>d nicht ausreichend über das<br />
schweizerische Berufsbildungssystem <strong>in</strong>formiert.<br />
112<br />
Die Strategiegruppe Jugendarbeitslosigkeit hat sich darüber Gedanken<br />
gemacht, welche Massnahmen im Falle e<strong>in</strong>er gefährdeten oder bereits<br />
gescheiterten beruflichen <strong>Integration</strong> zum Tragen kommen sollten. Bei der<br />
Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit s<strong>in</strong>d zweifelsohne <strong>in</strong>novative Lösungen<br />
gesucht. Mit dem GAP-Programm, dem Ausbau des Angebots an<br />
Teillohnstellen <strong>und</strong> der konsequenten Umsetzung des Gegenleistungspr<strong>in</strong>zips<br />
legte die Arbeitsgruppe Lösungsvorschläge vor, die das Problem von<br />
verschiedenen Seiten aus angehen. Dieser umfassende Ansatz sche<strong>in</strong>t<br />
erfolgversprechend zu se<strong>in</strong>, aber es ist noch zu früh, um dies abschliessend<br />
beurteilen zu können.<br />
5.3.3.2 Schwächen<br />
Da bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit viele Akteure<br />
zusammenarbeiten müssen, stellt die Koord<strong>in</strong>ation oft e<strong>in</strong> grosses Problem<br />
dar. So zeigte sich beispielsweise bei der Umsetzung des GAP-Programms,<br />
dass die Zusammenarbeit zwischen der Sozialhilfe <strong>und</strong> den Schulen nicht<br />
immer e<strong>in</strong>fach ist. Hierbei stellte sich die gr<strong>und</strong>sätzliche Frage, welche<br />
Institution für die Betreuung der Jugendlichen zuständig se<strong>in</strong> sollte.<br />
E<strong>in</strong>erseits s<strong>in</strong>d die Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer natürlich besser über die Situation<br />
der Jugendlichen <strong>in</strong>formiert als die Sozialhilfe, andererseits kann die<br />
Sozialhilfe e<strong>in</strong>e längere Zeitspanne im Leben der Jugendlichen abdecken.<br />
Auch die Def<strong>in</strong>ition der Kriterien für das „Scann<strong>in</strong>g“ der „gefährdeten<br />
Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schüler“ erwies sich als problematisch. In den Interviews<br />
wurde deutlich, dass die frühzeitige Absprache zwischen den betroffenen<br />
Parteien die Umsetzung solcher Kooperationsprojekte wesentlich erleichtern<br />
kann. Auf die Frage, wie die Absprache zwischen den Institutionen bei der<br />
E<strong>in</strong>führung des GAP-Projekts verlief, erhielten wir widersprüchliche<br />
Informationen: E<strong>in</strong>ige Interviewpartner waren mit dem Prozess zufrieden,<br />
während andere ihn als <strong>in</strong>effektiv kritisierten (Interviews 3, 4).<br />
Der E<strong>in</strong>satz der Behörden, des Gewerbeverbandes sowie der Unternehmer für<br />
die Schaffung neuer Lehrstellen <strong>und</strong> die Förderung der Chancengleichheit<br />
jugendlicher Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten wurde <strong>in</strong> den Interviews lobend<br />
erwähnt. Allerd<strong>in</strong>gs wurde dabei auch die gr<strong>und</strong>sätzliche Frage aufgeworfen,<br />
ob Sensibilisierungsmassnahmen <strong>und</strong> demografische Fakten ausreichen, um<br />
e<strong>in</strong>en Mentalitätswandel bei den Arbeitgeber<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Arbeitgebern zu<br />
bewirken. Besonders im Gewerbe bestehen nach wie vor zahlreiche<br />
Vorurteile gegenüber der Anstellung von Jugendlichen mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />
(Interview 8). E<strong>in</strong>e weitere Gr<strong>und</strong>satzfrage betrifft den S<strong>in</strong>n von<br />
Attestlehren angesichts der Tatsache, dass der Bedarf an unqualifizierten<br />
Arbeitskräften <strong>in</strong>nerhalb der Wirtschaft künftig eher abnimmt. Die<br />
Handelskammer wies aus diesem Gr<strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stellungnahme darauf h<strong>in</strong>,<br />
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