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Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...

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werden, verlässt der Bericht den Bereich der strukturellen <strong>Integration</strong> <strong>und</strong><br />

wendet sich der sozialen <strong>Integration</strong> zu. Bei diesen Themen stehen nämlich<br />

nicht mehr die strukturellen sondern die soziokulturellen<br />

<strong>Integration</strong>s<strong>in</strong>dikatoren im Vordergr<strong>und</strong>. Bei der Arbeit mit diesen<br />

Indikatoren ergeben sich zwei Hauptschwierigkeiten: In e<strong>in</strong>igen Bereichen<br />

(z.B. bei der „Spezifischen <strong>Integration</strong>sförderung“) fehlen die Indikatoren<br />

völlig <strong>und</strong> <strong>in</strong> anderen s<strong>in</strong>d sie nur sehr beschränkt aussagekräftig (z.B. bei der<br />

„Del<strong>in</strong>quenz“).<br />

2.4 <strong>Integration</strong>spolitik – Def<strong>in</strong>ition <strong>und</strong><br />

Operationalisierung<br />

E<strong>in</strong> Grossteil der wissenschaftlichen Literatur ordnet das Thema<br />

„<strong>Integration</strong>spolitik“ dem Themenbereich Staatsbürgerschaft zu. Im Kern<br />

geht es bei der <strong>Integration</strong>spolitik – ähnlich wie bei der Frage der Staatsbürgerschaft<br />

– um den Konflikt „Inklusion versus Exklusion“ (cf. Penn<strong>in</strong>x<br />

2005). In der Praxis kann der Staat auf drei verschiedene Dimensionen der<br />

„<strong>Integration</strong> bzw. der Staatsbürgerschaft“ E<strong>in</strong>fluss nehmen <strong>und</strong> zwar auf die<br />

rechtlich/politische, die sozio-ökonomische <strong>und</strong> die kulturell-religiöse<br />

Dimension (Penn<strong>in</strong>x 2005: 48-49). Die rechtlich/politische Dimension<br />

bezieht sich auf die Frage, <strong>in</strong>wiefern die Zuwanderer als rechtlich <strong>und</strong><br />

politisch gleichberechtigte Mitglieder der Aufnahmegesellschaft betrachtet<br />

werden oder nicht. Auf der sozio-ökonomischen Ebene stellt sich die Frage,<br />

<strong>in</strong>wiefern die Zuwanderer dieselben sozio-ökonomischen Rechte (z.B.<br />

Zugang zu den Sozialversicherungen etc.) <strong>in</strong> Anspruch nehmen können wie<br />

die E<strong>in</strong>heimischen. Auf der kulturell-religiösen Ebene wird analysiert, ob der<br />

Staat den Zuwanderern dieselben kulturellen <strong>und</strong> religiösen Rechte zugesteht<br />

wie den E<strong>in</strong>heimischen oder ob er sie bei der Ausübung ihrer Religion<br />

<strong>unter</strong>stützt (z.B. <strong>in</strong>dem ihnen angemessene Räumlichkeiten zur Verfügung<br />

gestellt werden).<br />

Die staatliche <strong>Integration</strong>spolitik setzt sich zum Ziel, e<strong>in</strong>e Verbesserung der<br />

Situation der Migrantenbevölkerung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er oder mehreren Dimensionen zu<br />

erzielen. Dabei steht <strong>in</strong>sbesondere die Beseitigung bestehender formeller <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>formeller Zugangsh<strong>in</strong>dernisse im Vordergr<strong>und</strong>. Formelle H<strong>in</strong>dernisse<br />

resultieren aus Vorschriften, die verh<strong>in</strong>dern, dass die Zuwanderer denselben<br />

Zugang wie die E<strong>in</strong>heimischen haben. Informelle Hürden können abgebaut<br />

werden, <strong>in</strong>dem den Zuwanderern diverse Hilfsangebote gemacht werden, z.B.<br />

Übersetzungen <strong>in</strong> Herkunftssprachen, die ihnen e<strong>in</strong>en besseren Zugang zu<br />

verschiedenen staatlichen Dienstleistungen ermöglichen. Diese <strong>in</strong>tegrationspolitischen<br />

Massnahmen streben e<strong>in</strong>e Verbesserung der Situation der<br />

gesamten Migrantenbevölkerung an. Daneben existieren auch <strong>in</strong>tegrationspolitische<br />

Massnahmen, wie z.B. <strong>Integration</strong>svere<strong>in</strong>barungen, die die<br />

Migranten als Individuen ansprechen.<br />

28<br />

Die schweizerische <strong>Integration</strong>spolitik zielt auf Verbesserungen <strong>in</strong> allen<br />

Dimensionen der <strong>Integration</strong>. 12 Sie verfolgt das übergeordnete Ziel, der<br />

Gesamtbevölkerung <strong>in</strong> allen Bereichen des öffentlichen Lebens (Bildung,<br />

Erwerbstätigkeit, Ges<strong>und</strong>heit, Soziales etc.) e<strong>in</strong>e gleichberechtigte Partizipation<br />

zu garantieren. Zur Realisierung der Chancengleichheit setzt sie auf<br />

die <strong>Integration</strong>sförderung <strong>in</strong> den Regelstrukturen. Durch das Primat der<br />

Regelstrukturen soll erreicht werden, dass die Chancengleichheit <strong>in</strong> allen<br />

Bereichen verankert wird.<br />

Daneben gibt es aber auch e<strong>in</strong>e Fülle von spezifischen <strong>Integration</strong>sförderangeboten,<br />

die nicht von e<strong>in</strong>zelnen Regelstrukturen zur Verfügung<br />

gestellt werden, weil sie die Gesellschaft als Ganzes betreffen. Unter diese<br />

Kategorie fallen zum e<strong>in</strong>en die Massnahmen, die auf e<strong>in</strong>e grössere Offenheit<br />

der Aufnahmegesellschaft gegenüber den Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten<br />

abzielen. Dazu gehören beispielsweise Informationskampagnen, die e<strong>in</strong>ige<br />

Kantone zum Thema <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> durchführen. Zum andern<br />

zählen zu den spezifischen <strong>Integration</strong>s-fördermassnahmen die Massnahmen,<br />

die sich ausschliesslich an die Zuwanderer als Individuen richten wie z.B. der<br />

Abschluss von <strong>Integration</strong>svere<strong>in</strong>barungen. Dieses zweigleisige Vorgehen <strong>in</strong><br />

der <strong>Integration</strong>spolitik wird im Bericht des B<strong>und</strong>esrats zur Weiterentwicklung<br />

der <strong>Integration</strong>spolitik e<strong>in</strong>gehend erläutert (Schweizerischer<br />

B<strong>und</strong>esrat 2010). Im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> besteht die <strong>Integration</strong>spolitik<br />

ebenfalls aus den <strong>in</strong> den Regelstrukturen erarbeiteten Programmen sowie aus<br />

spezifischen <strong>Integration</strong>sfördermassnahmen. Wie sich die <strong>Integration</strong>spolitik<br />

<strong>in</strong> diesem Kanton entwickelt hat, wird im folgenden Abschnitt näher<br />

erläutert.<br />

2.5 Entwicklung der <strong>Integration</strong>spolitik <strong>in</strong> <strong>Basel</strong>-<br />

<strong>Stadt</strong><br />

Die schweizerische <strong>Integration</strong>spolitik begann <strong>in</strong> der Schweiz <strong>in</strong>folge der<br />

Gastarbeiterzuwanderung nach dem Zweiten Weltkrieg. Da <strong>in</strong> den 60er <strong>und</strong><br />

70er Jahren der Überfremdungsdiskurs <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Abwehrhaltung seitens der<br />

e<strong>in</strong>heimischen Bevölkerung überwogen, wurde offiziell ke<strong>in</strong>e <strong>Integration</strong>spolitik<br />

betrieben. Doch <strong>in</strong>offiziell wurden Massnahmen e<strong>in</strong>geleitet,<br />

die e<strong>in</strong>en Beitrag zur <strong>Integration</strong> leisten sollten. So wurde erstens der<br />

rechtliche Status der Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten durch den Familiennachzug<br />

verbessert (D'Amato <strong>und</strong> Suter 2010), <strong>und</strong> zweitens wurden auf der<br />

12 Artikel 4, Abs. 2, des Ausländergesetzes lautet wie folgt: „die <strong>Integration</strong> soll längerfristig<br />

<strong>und</strong> rechtmässig anwesenden Ausländer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausländern ermöglichen, am<br />

wirtschaftlichen, sozialen <strong>und</strong> kulturellen Leben der Gesellschaft teilzuhaben“.<br />

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