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Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...

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Für Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten mit „<strong>Integration</strong>sschwierigkeiten“ wurde <strong>in</strong><br />

<strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> e<strong>in</strong> Pilotprojekt namens Progress lanciert, das das Ziel verfolgt,<br />

durch die berufliche <strong>Integration</strong> die gesellschaftliche E<strong>in</strong>gliederung der<br />

sozialhilfeabhängigen Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten zu verbessern. An diesem<br />

Vorbereitungsprogramm zur beruflichen <strong>Integration</strong> können motivierte<br />

Klient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Klienten mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> im Alter zwischen 20<br />

<strong>und</strong> 35 Jahren teilnehmen. Es wird von der Ausbildungs- <strong>und</strong> Beratungsstelle<br />

für Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten durchgeführt <strong>und</strong> f<strong>in</strong>det über e<strong>in</strong>e Dauer von<br />

6 Monaten statt. In dieser Zeit soll für jeden Teilnehmer e<strong>in</strong>e auf die<br />

<strong>in</strong>dividuelle Situation abgestimmte Lösung gef<strong>und</strong>en werden. Das Programm<br />

komb<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong>e Intensivschulung <strong>in</strong> den Gr<strong>und</strong>lagenfächern Deutsch,<br />

Mathematik etc. (Vollzeitprogramm) mit e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>dividuellen Coach<strong>in</strong>g<br />

(Case Management) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiven Betreuung bei der Stellensuche. Im<br />

Pilotjahr 2008 haben 24 Personen das Progress Programm absolviert. Im<br />

Jahre 2009 wurde das Pilotprojekt für e<strong>in</strong> weiteres Jahr bewilligt, obwohl<br />

noch ke<strong>in</strong>e Aussagen zum Erfolg des Projekts gemacht werden können.<br />

6.4 Stärken-Schwächen Profil<br />

6.4.1 Stärken<br />

Die meisten Expert<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Experten beurteilten die ausdrückliche<br />

Erwähnung der Arbeitgeber<strong>in</strong>nen im <strong>Integration</strong>sgesetz der basel-städtischen<br />

<strong>Integration</strong>spolitik äusserst positiv (Interviews 10, 16, 26). Durch die<br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Arbeitgeber<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Arbeitgeber br<strong>in</strong>gt der Kanton zum<br />

Ausdruck, dass die Firmen bei der <strong>Integration</strong> der Mitarbeitenden e<strong>in</strong>e<br />

Schlüsselrolle übernehmen können. Er signalisiert darüber h<strong>in</strong>aus, dass<br />

<strong>Integration</strong>sförderung nicht nur vom Staat <strong>unter</strong>stützt werden muss. Die<br />

Frage, ob e<strong>in</strong>e „Muss-“ oder e<strong>in</strong>e „Kann-Formulierung“ im Gesetzestext<br />

figurieren sollte, wurde kontrovers diskutiert. Während die e<strong>in</strong>en die<br />

Betonung „nach Möglichkeit“ <strong>und</strong> die „Kann-Formulierung“ begrüssten,<br />

kritisierten andere das Fehlen e<strong>in</strong>er „Verpflichtung“. Die Anhänger der<br />

„Kann-Formulierung“ s<strong>in</strong>d der Me<strong>in</strong>ung, dass man auf die Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Ressourcen der Arbeitgeber Rücksicht nehmen muss, wenn man sie <strong>in</strong><br />

die <strong>Integration</strong>sbemühungen e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>det (Interviews 8, 26). Die Anhänger der<br />

„Muss-Formulierung“ argumentierten <strong>in</strong>des, dass den Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

Migranten e<strong>in</strong>e grössere Unterstützung zuteil kommen müsste, wenn man<br />

von ihnen Verbesserungen der sprachlichen Fähigkeiten verlangt (Interviews<br />

10, 25).<br />

Die E<strong>in</strong>richtung von branchenspezifischen Deutschkursen wird von den<br />

Experten generell begrüsst, denn diese Kurse können auf die Bedürfnisse <strong>und</strong><br />

die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen der Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Arbeitnehmer<br />

Rücksicht nehmen (Interviews 16, 25). Des Weiteren besteht ke<strong>in</strong> Zweifel,<br />

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dass bei den Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten die Motivation höher ist, an e<strong>in</strong>em<br />

Kurs teilzunehmen, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> „alltagsnaher“ Wortschatz vermittelt wird.<br />

Denn die abgehobenen Inhalte e<strong>in</strong>iger Deutschkurse wurden <strong>in</strong> mehreren<br />

Interviews bemängelt (Interviews, 10, 25). Der Nachteil der branchenspezifischen<br />

Kursangebote ist jedoch, dass die Angebote nicht allen<br />

Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Arbeitnehmer zugute kommen, weil ihre E<strong>in</strong>richtung<br />

vom Engagement der e<strong>in</strong>zelnen Firmen <strong>und</strong> Branchen abhängt.<br />

Die Tatsache, dass dem Migranten-Unternehmertum vermehrt Aufmerksamkeit<br />

zuteil wird, wurde von den Interviewpartner<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> –partnern<br />

positiv aufgenommen. Sie waren der Me<strong>in</strong>ung, dass diese Akteure e<strong>in</strong>en<br />

wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung <strong>in</strong> der Region <strong>Basel</strong><br />

leisten könnten, wenn sie besser <strong>in</strong> die bestehenden Strukturen e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en<br />

wären (Interviews 17, 25, 23). Die Unterstützung des Pilotprojektes<br />

Crescenda durch diverse staatliche <strong>und</strong> nicht-staatliche Stellen wurde von<br />

den Interviewpartnern ebenfalls begrüsst, weil dies e<strong>in</strong>es der wenigen<br />

<strong>Integration</strong>sprojekte ist, das mit dem Potenzialansatz arbeitet. Insgesamt<br />

gesehen lässt sich zwar theoretisch e<strong>in</strong>e hohe Sensibilisierung <strong>und</strong> E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong><br />

die Bedeutung des Themas Migranten<strong>unter</strong>nehmertum beobachten, aber es<br />

mangelt noch an der konkreten Umsetzung der Massnahmen <strong>in</strong> die Praxis.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Stärke des basel-städtischen Systems liegt im Ausbau der<br />

Nachholbildungsangebote (Regierungsrat des Kantons <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> 2008).<br />

Seit dem Schuljahr 2003/4 können motivierte Personen aller Altersstufen an<br />

der Gewerbeschule e<strong>in</strong>en Abschluss der Sek<strong>und</strong>arschule I nachholen. Dass<br />

diese Massnahme <strong>in</strong>sbesondere der Migrantenbevölkerung zugute kommt,<br />

lässt sich daraus schliessen, dass die Hälfte der Schulabsolvent<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> –<br />

absolventen e<strong>in</strong>en <strong>Migration</strong>h<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> aufweist. Zudem können motivierte<br />

Erwachsene mit Berufserfahrung durch e<strong>in</strong> Attest ihre Fähigkeiten<br />

zertifizieren lassen. Daneben besteht seit e<strong>in</strong>igen Jahren die Möglichkeit, e<strong>in</strong>e<br />

Reihe von Abschlüssen der Sek<strong>und</strong>arschule II nachzuholen etwa im<br />

Pflegebereich (Regierungsrat des Kantons <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> 2008). Die<br />

wissenschaftlichen Studien über die Teilnahme der Erwachsenen an<br />

Angeboten der Erwachsenenbildung belegen jedoch, dass die meisten sozial<br />

benachteiligten Personen die Angebote der Erwachsenenbildung nicht nutzen<br />

(Borkowsky 2003: 14). Die Frage bleibt daher offen, wie die anvisierten<br />

Personen zum Kursbesuch motiviert werden können. Der Ausbau der<br />

Stipendien ist sicherlich e<strong>in</strong>e erfolgversprechende Option, da für viele die mit<br />

der Nachholbildung verb<strong>und</strong>enen Kosten zu hoch s<strong>in</strong>d.<br />

6.4.2 Schwächen<br />

Aus der Beschreibung der Massnahmen wird deutlich, dass der E<strong>in</strong>satz<br />

konsequenter Diversity Management Strategien eher die Ausnahme als der<br />

Regelfall ist. Zwar wird <strong>in</strong> der öffentlichen Verwaltung <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

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