Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...
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Die E<strong>in</strong>stellung von Personen mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> gilt als weitere<br />
Massnahme, die zur transkulturellen Öffnung e<strong>in</strong>er Institution beitragen<br />
kann. Das mediz<strong>in</strong>ische Personal wird oft aus den Schweizer Nachbarstaaten<br />
rekrutiert, was bedeutet, dass viele Ärzt<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ärzte bzw. Pfleger<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Pfleger mehrsprachig s<strong>in</strong>d, da sie oft Englisch, Französisch <strong>und</strong><br />
Italienisch sprechen <strong>und</strong> somit e<strong>in</strong>en Teil des Bedarfs an Fremdsprachen<br />
abdecken. Die psychiatrische Universitätskl<strong>in</strong>ik achtet bei der E<strong>in</strong>stellung<br />
darauf, dass die Ärzt<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ärzte besondere Fremdsprachenkenntnisse<br />
(Türkisch, Südslawisch, Albanisch) aufweisen (Regierungsrat des Kantons<br />
<strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> 2006: 2). Die E<strong>in</strong>stellung von fremdsprachigen Ärzten erleichtert<br />
die Kommunikation mit den Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten. Es bestehen<br />
<strong>in</strong>zwischen auch Listen, auf denen die fremdsprachigen Ärzte, Hebammen<br />
<strong>und</strong> anderes Pflegepersonal aufgeführt s<strong>in</strong>d (Interview 24, 27, 20).<br />
Das Universitätsspital <strong>Basel</strong> beteiligt sich seit e<strong>in</strong>igen Jahren am Projekt<br />
Migrant Friendly Hospitals – E<strong>in</strong> Spitalnetzwerk für die <strong>Migration</strong>sbevölkerung,<br />
welches vom B<strong>und</strong>esamt für Ges<strong>und</strong>heit lanciert <strong>und</strong> durch H+<br />
(Verband der Schweizer Spitäler) realisiert wurde. Die Migrant Friendly<br />
Hospitals Initiative richtet sich an Krankenhäuser, die e<strong>in</strong>en grossen Anteil<br />
an Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Patienten mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> aufweisen. Dass<br />
dies im Universitätsspital der Fall ist, wird vom Personal bestätigt (Kurth<br />
2005: 377-378). Das Migrant Friendly Hospitals Netzwerk wirkt darauf h<strong>in</strong>,<br />
dass die Versorgung <strong>in</strong> den Spitälern mehr der <strong>Migration</strong>sbevölkerung <strong>und</strong><br />
ihren Bedürfnissen entgegenkommt. Durch die Teilnahme an der Migrant<br />
Friendly Hospitals Initiative wurden zudem am Universitätsspital f<strong>in</strong>anzielle<br />
Mittel für die Durchführung von Pilotprojekten zur Verfügung gestellt, die<br />
nach Ablauf der Pilotphase Teil des Regelangebots der Kl<strong>in</strong>iken werden<br />
sollen.<br />
Im Rahmen der Migrant Friendly Hospital Initiative wurden am Universitätsspital<br />
zwei Projekte durchgeführt. Das e<strong>in</strong>e Projekt namens Chancengleichheit:<br />
Optimierung der peripartalen Ges<strong>und</strong>heitsversorgung befasste<br />
sich mit der Ausarbeitung von Informationsveranstaltungen r<strong>und</strong> um die<br />
Themen Schwangerschaft <strong>und</strong> Geburt <strong>und</strong> ist <strong>in</strong> sozialer, kultureller <strong>und</strong><br />
sprachlicher H<strong>in</strong>sicht angepasst an die Bedürfnisse von Migrant<strong>in</strong>nen<br />
(Schuster et al. 2007). Das Projekt knüpfte dabei an ähnliche, bereits erprobte<br />
Veranstaltungen an, die an der Universitäts-Frauenkl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> deutscher<br />
Sprache regelmäßig angeboten werden. Diese Informationsveranstaltungen<br />
werden ebenso wie die Geburtsvorbereitungskurse stark frequentiert, doch<br />
von der <strong>Migration</strong>sbevölkerung wegen der Sprache nur spärlich besucht.<br />
Damit e<strong>in</strong>hergehend zeigt e<strong>in</strong>e Bedürfnisanalyse zur reproduktiven<br />
Ges<strong>und</strong>heit von Migrant<strong>in</strong>nen (Zahorka et al. 2003) sowie die von der<br />
Koord<strong>in</strong>ationsstelle IAMANEH Schweiz durchgeführte Befragung <strong>in</strong><br />
Schweizer Spitälern (Hälg et al. 2004) gesamtschweizerisch e<strong>in</strong>en deutlichen<br />
144<br />
Bedarf an angepassten Angeboten für Migrant<strong>in</strong>nen im Bereich<br />
Schwangerschaft, Geburt <strong>und</strong> Säugl<strong>in</strong>gsbetreuung.<br />
Heute s<strong>in</strong>d Informationsveranstaltungen – neben Deutsch – <strong>in</strong> Türkisch <strong>und</strong><br />
Englisch im Regelangebot der Frauenkl<strong>in</strong>ik verankert (Interview 27).<br />
Informationsveranstaltungen <strong>in</strong> tamilischer Sprache f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> grösseren<br />
zeitlichen Abständen (z.B. <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der Freizeitplatzaktion<br />
<strong>Basel</strong>) extern statt. Auch Geburtsvorbereitungskurse für werdende Eltern<br />
werden an der Frauenkl<strong>in</strong>ik – neben Deutsch – auf Englisch, Tamilisch <strong>und</strong><br />
Türkisch von der Frauenpraxis Im Hammer angeboten. Die Gelder für die<br />
Anpassung des Geburtsvorbereitungskurses stammen aus dem Projekt<br />
<strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Reproduktive Ges<strong>und</strong>heit, das von IAMANEH koord<strong>in</strong>iert<br />
<strong>und</strong> vom BAG f<strong>in</strong>anziert wurde (Schär <strong>und</strong> Natarajan 2007). Die<br />
Informations-Broschüren zum Projekt wurden <strong>in</strong> den wichtigsten Migrantensprachen<br />
übersetzt.<br />
Das zweite Projekt am Universitätsspital <strong>Basel</strong> wird von e<strong>in</strong>er SNF-Studie<br />
wissenschaftlich begleitet. Im Rahmen dieses Projekts wurde an der<br />
Psychosomatischen Abteilung e<strong>in</strong>e Schmerz-Selbsthilfegruppe für türkische<br />
Frauen mit chronischen Schmerzen aufgebaut (F<strong>in</strong>k 2007). 72 Durch die<br />
Teilnahme an Gruppenaktivitäten werden die Patient<strong>in</strong>nen von ihren<br />
Schmerzen abgelenkt, <strong>und</strong> lernen die <strong>Stadt</strong>, die Schweiz <strong>und</strong> ihre kulturellen<br />
Angebote besser kennen. E<strong>in</strong> weiterer Schwerpunkt dieses Projekts liegt auf<br />
der Vermittlung von Informationen zum schweizerischen Ges<strong>und</strong>heitssystem<br />
(Versicherungen etc.). Die Kl<strong>in</strong>ik für Psychosomatik hat die Selbsthilfegruppen<br />
für türkische Migrant<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> ihr ständiges Programm übernommen.<br />
73<br />
Die Beobachtung, dass sich Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten oft <strong>in</strong> den<br />
Notfallstationen der Krankenhäuser bef<strong>in</strong>den (Gabad<strong>in</strong>ho et al. 2007: 84),<br />
erklären sich die Experten dadurch, dass die Institution des Hausarztes vielen<br />
Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten fremd ist. Um die Migrantenbevölkerung auf<br />
die Bedeutung der Hausärzte im schweizerischen Ges<strong>und</strong>heitssystem<br />
h<strong>in</strong>zuweisen, wird auf diversen Informationsveranstaltungen wie beispielsweise<br />
Elternabenden die Funktionsweise des schweizerischen Systems<br />
erklärt. Die Krankenhäuser haben auf die Erkenntnis reagiert, <strong>in</strong>dem sie e<strong>in</strong><br />
System der Triage entwickelt haben. Das Universitätsspital <strong>Basel</strong> hat z.B. auf<br />
der Notfallstation drei Aufnahmezonen e<strong>in</strong>gerichtet, um dr<strong>in</strong>gliche von<br />
72 http://www.healthhospitals.ch/de/mfh-sektion-mfhsektion-331/f<strong>in</strong>anzierte-projekteder-mitglieder-mfhsektion-347.html<br />
(konsultiert am 15.03.2010).<br />
73 Schlussbericht zum Her<strong>unter</strong>laden: http://www.healthhospitals.ch/de/mfh-sektionmfhsektion-331/f<strong>in</strong>anzierte-projekte-der-mitglieder-mfhsektion-347.html<br />
(konsultiert<br />
am 15.03.2010).<br />
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