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Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...

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Gegenleistungspr<strong>in</strong>zips. Im Rahmen des Gegenleistungspr<strong>in</strong>zips werden<br />

Jugendliche im Alter von 18 bis 25 Jahren, die ke<strong>in</strong>e Betreuungspflichten<br />

wahrnehmen, zwangsweise zur Arbeit verpflichtet, wenn sie zuvor zumutbare<br />

Angebote abgewiesen haben. Halten die Jugendlichen sich nicht an die<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen oder verweigern sie ihre Teilnahme am Arbeitse<strong>in</strong>satz,<br />

wird ihnen die Sozialhilfe gestrichen.<br />

Die Evaluation des Gegenleistungsmodells durch Götz zeigte, dass der<br />

ursprüngliche Gedanke e<strong>in</strong>es „Sanktionsmodells“ nicht erfolgreich durchgeführt<br />

werden konnte, weshalb <strong>in</strong> der Anfangsphase der Umsetzung diverse<br />

Anpassungen vorgenommen werden mussten (Götz 2009). Unter anderem<br />

wurde das Stufenmodell e<strong>in</strong>geführt, das davon ausgeht, dass langzeitarbeitslose<br />

junge Erwachsene nicht von e<strong>in</strong>em Tag auf den anderen <strong>in</strong> das<br />

Erwerbsleben <strong>in</strong>tegriert werden können. Sie müssen vielmehr stufenweise an<br />

die Arbeitswelt herangeführt werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurde e<strong>in</strong>e weitere<br />

Phase, der „betreute Arbeitse<strong>in</strong>satz“, <strong>in</strong> das Konzept e<strong>in</strong>gebaut. In dieser<br />

Phase werden sowohl das Arbeitspensum als auch die Anforderungen laufend<br />

erhöht. Erst <strong>in</strong> der letzten Phase übernehmen die Sozialhilfebezüger<br />

unbegleitete Aufgaben <strong>in</strong> der kantonalen Verwaltung (z.B. bei der Abfallentsorgung<br />

oder der <strong>Stadt</strong>re<strong>in</strong>igung).<br />

Die Evaluation ergab, dass viel weniger Personen dem Gegenleistungsmodell<br />

zugewiesen wurden als ursprünglich geplant. Von den 111 potenziellen<br />

Sozialhilfebezügern konnten nur 43 <strong>in</strong> das Programm aufgenommen werden.<br />

Von diesen 43 Absolvent<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Absolventen konnten 8 „erfolgreich“ <strong>in</strong><br />

den normalen Arbeitsmarkt <strong>in</strong>tegriert werden, 8 weitere Personen konnten<br />

von der Sozialhilfe abgelöst werden. Die restlichen Personen schieden<br />

frühzeitig aus dem Programm wegen Krankheit, Suchtproblemen etc. (Götz<br />

2009: 57 ff.) aus. In diesem Modell waren vor allem Männer schweizerischer<br />

Herkunft anzutreffen. Die Autor<strong>in</strong> folgerte aufgr<strong>und</strong> der ausländisch<br />

kl<strong>in</strong>genden Namen, dass die Mehrzahl der Jugendlichen e<strong>in</strong>en <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

aufwies (Götz 2009: 55 ff.).<br />

5.3.2.3 Explizite Massnahmen für Jugendliche mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

Da Jugendliche mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> grössere Schwierigkeiten beim<br />

Übergang <strong>in</strong> die Berufswelt haben, wurden <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

Massnahmen explizit für diese Gruppe entwickelt. Erwähnenswert <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere der Ausbau der Massnahmen im Bereich<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Information sowie die Förderung der <strong>in</strong>terkulturellen<br />

Elternarbeit. Die Lancierung e<strong>in</strong>er Informationskampagne zur Lehrstellenschaffung<br />

für Jugendliche mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> wurde bereits im<br />

Leitbild angekündigt (Ehret 1999).<br />

110<br />

Im Jahre 2008/9 fand e<strong>in</strong>e Neuauflage der Kampagne Lehrstellen-<strong>Basel</strong>s<br />

Zukunft statt, bei der die <strong>Integration</strong> der Jugendlichen mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

im Mittelpunkt stand. Die vom Amt für Berufsbildung <strong>und</strong><br />

Berufsberatung <strong>und</strong> dem Gewerbeverband <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> durchgeführte<br />

Kampagne machte auf die Probleme <strong>und</strong> die Diskrim<strong>in</strong>ierung aufmerksam,<br />

der Jugendliche mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> auf dem Lehrstellen- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmarkt ausgesetzt s<strong>in</strong>d (Fibbi et al. 2003). Nach Aussagen der<br />

beteiligten Akteure lief die Zusammenarbeit <strong>unter</strong>e<strong>in</strong>ander sehr gut<br />

(Interviews 1, 8, 12). F<strong>in</strong>anziell beteiligt haben sich an der Kampagne das<br />

B<strong>und</strong>esamt für Berufsbildung <strong>und</strong> Technologie, der kantonale Fonds zur<br />

Bekämpfung von Arbeitslosigkeit (Krisenfonds) beim Amt für Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Arbeit sowie die Christoph Merian Stiftung.<br />

Die Informationskampagne machte darauf aufmerksam, dass die Arbeitgeber<br />

im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> es sich aufgr<strong>und</strong> der demografischen Entwicklung<br />

nicht leisten können, das Potenzial der Jugendlichen mit<br />

<strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> unausgenutzt zu lassen. Da immer weniger junge<br />

Schweizer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schweizer für bestimmte Lehrstellen zu gew<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d,<br />

müssen bei der Rekrutierung vermehrt die Jugendlichen mit <strong>Migration</strong>sh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

angesprochen werden. E<strong>in</strong> konkretes Produkt der Zusammenarbeit<br />

der diversen Partner war die Veröffentlichung e<strong>in</strong>er BAZ-Beilage, die<br />

sich ausschliesslich mit dem Thema Berufsbildung <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> befasste.<br />

Des Weiteren wurde das Thema <strong>Integration</strong> schwerpunktmässig auf der<br />

letzten Basler Berufsmesse behandelt. E<strong>in</strong>e konkrete Initiative zugunsten der<br />

Migrantenbevölkerung war die Organisation muttersprachlicher Führungen,<br />

die mit Hilfe der Moderator<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Moderatoren des Elterntreffs<br />

Berufswahl durchgeführt wurden.<br />

Das von Experten viel beachtete Pilotprojekt Elterntreff Berufswahl hat sich<br />

zum Ziel gesetzt, die Migranteneltern <strong>in</strong> die Laufbahnentscheidungen ihrer<br />

K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>zubeziehen. Im Rahmen des Elterntreffs Berufswahl werden<br />

Moderator<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Moderatoren aus acht Sprach- <strong>und</strong> Kulturgeme<strong>in</strong>schaften<br />

geschult, die <strong>in</strong> verschiedenen Elternzirkeln ihre Landsleute auf die<br />

<strong>unter</strong>stützende Rolle im Berufswahlprozess vorbereiten. Die Treffen f<strong>in</strong>den<br />

<strong>in</strong> ungezwungenem Rahmen <strong>in</strong> der Muttersprache der Teilnehmenden statt.<br />

Das Projekt zieht sich über e<strong>in</strong>en Zeitraum von drei Jahren h<strong>in</strong>, <strong>und</strong> zwar<br />

während der Zeitspanne, <strong>in</strong> der die Jugendlichen die 7. bis 9. Klasse<br />

besuchen. Die Kontaktadressen der Migranteneltern werden vom ED zur<br />

Verfügung gestellt. Beim ersten Treffen wird e<strong>in</strong> Film zum Umgang mit<br />

„pubertierenden Jugendlichen, die e<strong>in</strong>e Schnupperlehrstelle suchen“ gezeigt.<br />

Anschliessend diskutieren die Eltern über ihre Vorstellungen, Wünsche <strong>und</strong><br />

Zweifel bezüglich Erziehungsfragen bzw. der Berufswahl ihrer K<strong>in</strong>der. Zum<br />

Abschluss werden den Eltern erste Informationen zum Berufsbildungssystem<br />

<strong>in</strong> der Schweiz vermittelt. In den zwei darauf folgenden Veranstaltungen<br />

111

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