Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...
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7 Ges<strong>und</strong>heit<br />
Der Themenbereich <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit ist verhältnismässig gut<br />
erforscht. E<strong>in</strong>e Reihe von Studien haben <strong>unter</strong>sucht, welche Zusammenhänge<br />
zwischen <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit bestehen. Die Bevölkerungsbefragungen<br />
im Ges<strong>und</strong>heitsbereich verschafften uns e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> den Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
der Gesamtbevölkerung. Anhand dieser Befragungen können<br />
Vergleiche zwischen dem Ges<strong>und</strong>heitszustand der Schweizer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
Schweizer bzw. der Ausländer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ausländer angestellt werden. Aus<br />
der basel-städtischen Auswertung der Schweizerischen Ges<strong>und</strong>heitsbefragung<br />
2002 lassen sich e<strong>in</strong>ige generelle Aussagen zum Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
der Migrantenbevölkerung machen. Die Wissenschaftler <strong>in</strong>teressieren sich <strong>in</strong><br />
diesem Zusammenhang nicht nur für die Beschreibung des Zustands, sondern<br />
vermehrt auch für die Frage, wie der bessere/schlechtere Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
der Referenzbevölkerung erklärt werden kann (Efionayi-Mäder <strong>und</strong><br />
Wyssmüller 2008). Da e<strong>in</strong>ige Unterschiede im Ges<strong>und</strong>heitszustand der<br />
beiden Populationen auf Unterschiede im Ges<strong>und</strong>heitsverhalten zurückgeführt<br />
werden können, werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Teil Indikatoren zum<br />
Ges<strong>und</strong>heitsverhalten vorgestellt.<br />
Der Staat versucht, Ges<strong>und</strong>heitsrisiken vorzubeugen, <strong>in</strong>dem er ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />
Massnahmen <strong>unter</strong>stützt. Die Ges<strong>und</strong>heitsförderung setzt auf<br />
e<strong>in</strong> „gesünderes Leben“ durch mehr Bewegung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e ausgewogene<br />
Ernährung beim gleichzeitigen Verzicht auf ges<strong>und</strong>heitsschädigende<br />
Praktiken (Rauchen, Alkohol, Drogenkonsum etc.). Die staatliche Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
umfasst sowohl die Erstellung von Broschüren, Informationsmaterial<br />
<strong>und</strong> Kampagnen zur Prävention von Krankheiten als auch die<br />
Unterstützung von Kursen, die die Teilnehmer zu e<strong>in</strong>em „gesünderen Leben“<br />
motivieren wollen. E<strong>in</strong>e besondere Aufgabe der Ges<strong>und</strong>heitsförderung, auf<br />
die im Folgenden kurz e<strong>in</strong>gegangen wird, besteht dar<strong>in</strong>, die Angebote<br />
vermehrt auch für die Migrantenbevölkerung zu planen. Da der Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
auch vom Zugang der Bevölkerung zum Ges<strong>und</strong>heitssystem<br />
abhängt, stellen sich die Institutionen des Ges<strong>und</strong>heitswesens <strong>in</strong> diesem<br />
Zusammenhang die Frage, wie sie zu e<strong>in</strong>er verbesserten Ges<strong>und</strong>heitsversorgung<br />
der Migrantenbevölkerung beitragen könnten.<br />
7.1 Statistische Indikatoren zum Thema Ges<strong>und</strong>heit<br />
7.1.1 Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
Die grosse Mehrheit der <strong>in</strong> <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> lebenden Personen fühlt sich<br />
ges<strong>und</strong>heitlich gut bis sehr gut. Dennoch liegt die Anzahl der Personen <strong>in</strong> der<br />
Migrantenbevölkerung, die ihren Ges<strong>und</strong>heitszustand als gut oder sehr gut<br />
bezeichnen (75.5%), <strong>unter</strong> dem Wert der Schweizer Referenzbevölkerung<br />
138<br />
(82%) (Zumbrunn et al. 2002: 16). Dieser Bef<strong>und</strong> wird im Ges<strong>und</strong>heitsmonitor<strong>in</strong>g<br />
der Migrantenbevölkerung (GMM) bestätigt. Das GMM<br />
<strong>unter</strong>streicht, dass demografische (Alter <strong>und</strong> Geschlecht) <strong>und</strong> sozioökonomische<br />
Variablen e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf das <strong>in</strong>dividuelle Ges<strong>und</strong>heitsempf<strong>in</strong>den<br />
ausüben. So fühlen sich Frauen, ältere Personen, weniger<br />
Gebildete <strong>und</strong> Personen mit ger<strong>in</strong>gem E<strong>in</strong>kommen <strong>in</strong>sgesamt weniger oft<br />
ges<strong>und</strong>. Das GMM bestätigt, dass Migrat<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten – mit<br />
Ausnahme der aus Deutschland, Österreich <strong>und</strong> Frankreich stammenden<br />
Personen – ihren eigenen Ges<strong>und</strong>heitszustand als schlechter e<strong>in</strong>schätzen als<br />
die Schweizer<strong>in</strong>nen (Gabad<strong>in</strong>ho et al. 2007: 49-53). Sowohl Männer als auch<br />
Frauen aus der Türkei <strong>und</strong> Ex-Jugoslawien schätzen ihren Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
sogar als sehr schlecht e<strong>in</strong>.<br />
Laut der basel-städtischen Auswertung der Schweizerischen Ges<strong>und</strong>heitsbefragung<br />
aus dem Jahr 2002 fühlen sich die Ausländer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
Ausländer psychisch (44.2%) weniger ausgeglichen als die Schweizer<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Schweizer (54.3%) (Zumbrunn et al. 2002: 32). Das GMM br<strong>in</strong>gt erneut<br />
grosse Unterschiede zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Nationalitäten zutage: Personen<br />
aus der Türkei <strong>und</strong> dem Balkan fühlen sich psychisch besonders<br />
unausgeglichen. Auch Personen aus Sri Lanka <strong>und</strong> Portugal fühlen sich<br />
weniger ausgeglichen als Personen aus den Nachbarländern der Schweiz<br />
(Gabad<strong>in</strong>ho et al. 2007: 57). Türk<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Türken lassen sich besonders oft<br />
wegen psychischer Probleme behandeln (Egger <strong>und</strong> Julien 2009: 5). Generell<br />
gilt die Feststellung, dass die Unterschiede nach Nationalität weniger<br />
ausgeprägt s<strong>in</strong>d als die Unterschiede zwischen den Geschlechtern <strong>und</strong> den<br />
Altersgruppen.<br />
Starke körperliche Beschwerden (Rückenschmerzen, Energielosigkeit,<br />
Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen etc.) treten im Kanton<br />
<strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> bei der Migrantenbevölkerung (30.5%) häufiger auf als bei der<br />
schweizerischen Referenzbevölkerung (25.9%) (Zumbrunn et al. 2002: 21). 70<br />
Frauen leiden be<strong>in</strong>ahe doppelt (27%) so oft <strong>unter</strong> Schmerzen als Männer<br />
(14%) (Gabad<strong>in</strong>ho et al. 2007: 57). Vor allem starke Rückenschmerzen s<strong>in</strong>d<br />
bei der Migrantenbevölkerung verbreitet (Egger <strong>und</strong> Julien 2009: 5). Das<br />
GMM illustriert, dass im Vergleich zur Schweizer Referenzbevölkerung im<br />
gleichen Alter Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten aus dem ehemaligen<br />
Jugoslawien, Portugal <strong>und</strong> der Türkei besonders oft von körperlichen<br />
70 Bei den Jugendlichen s<strong>in</strong>d die häufigsten Beschwerden Stress, Kopfschmerzen,<br />
Bauchschmerzen, Akne, Rückenschwermerzen, Traurigkeit, Atemwege, Gewicht <strong>und</strong><br />
Schw<strong>in</strong>del. Nichtschweizerische Jugendliche nennen häufiger Probleme mit dem<br />
Gewicht <strong>und</strong> Bauchschmerzen (Ges<strong>und</strong>heitsdepartement <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> 2007a: 9).<br />
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