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Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...

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Regeln des Zusammenlebens. E<strong>in</strong>ige Kurse versuchen auf humorvolle Art<br />

<strong>und</strong> Weise den Zugewanderten näherzubr<strong>in</strong>gen, wie die „Schweizer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

Schweizer ticken“. In diesen Kursen sollen die „<strong>in</strong>formellen Codes“<br />

vermittelt werden, die das Zusammenleben prägen. Je nach Inhalt sprechen<br />

die „<strong>Integration</strong>skurse“ e<strong>in</strong> <strong>unter</strong>schiedliches <strong>und</strong> breit gefächertes Zielpublikum<br />

an: Es gibt sowohl Kurse für E<strong>in</strong>bürgerungswillige als auch Kurse<br />

für Personen aus deutsch- oder englischsprachigen Ländern, die mehr über<br />

die Eigenheiten der Schweizer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schweizer lernen wollen.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Projekt, das über den re<strong>in</strong>en Spracherwerb h<strong>in</strong>ausgeht, ist das<br />

von der GGG <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem Vere<strong>in</strong> benevol erarbeitete<br />

„Deutsch durch Begegnung“. Hierbei erhalten die Teilnehmenden die<br />

Gelegenheit, ihre neu erworbenen Sprachkenntnisse <strong>in</strong> regelmässigen<br />

Unterhaltungen mit E<strong>in</strong>heimischen anzuwenden. Durch diese Konversationen<br />

kann die fremdsprachige Person ihre Deutschkenntnisse anwenden <strong>und</strong><br />

verbessern. Die so gebildeten „Tandems“ haben auch e<strong>in</strong>e soziale Komponente,<br />

da sie zu e<strong>in</strong>er besseren Verständigung über Sprach- <strong>und</strong><br />

Kulturgrenzen h<strong>in</strong>weg beitragen.<br />

Im Jahre 2008 legte die Fachstelle Erwachsenenbildung des<br />

Erziehungsdepartements, die alle Sprachfördermassnahmen im Bereich<br />

Deutsch <strong>und</strong> <strong>Integration</strong> koord<strong>in</strong>iert, e<strong>in</strong> Konzept zur <strong>in</strong>tegrativen Sprachförderung<br />

von Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> vor, das<br />

als Gr<strong>und</strong>lage für e<strong>in</strong>e kantonale Steuerung dienen sollte (Bollhalder <strong>und</strong><br />

Tschui 2009). Es bestimmte Qualitätsstandards, an denen sich die<br />

Kursanbieter orientieren können <strong>und</strong> legte als Bezugsrahmen für den<br />

Deutsch<strong>unter</strong>richt den europäischen Referenzrahmen für Sprachen fest.<br />

4.2 Fordern – die <strong>Integration</strong>svere<strong>in</strong>barungen<br />

E<strong>in</strong> weiteres Mittel, um die Defizite bei Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten zu<br />

beheben, stellen die im Jahr 2008 durch das Basler <strong>Integration</strong>sgesetz<br />

e<strong>in</strong>geführten <strong>Integration</strong>svere<strong>in</strong>barungen (IntV) dar. Bei der Evaluation von<br />

Tov et al. (2010) wird ersichtlich, dass <strong>in</strong> <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> die IntV als<br />

Instrumente des Fordern e<strong>in</strong>gesetzt werden. Artikel 5 bildet die rechtliche<br />

Gr<strong>und</strong>lage des „Fördern <strong>und</strong> Forderns“. Gemäss §5 Abs. 2 des <strong>Integration</strong>sgesetzes<br />

kann „die Erteilung <strong>und</strong> die Verlängerung e<strong>in</strong>er Aufenthaltsbewilligung<br />

zur Erreichung der <strong>Integration</strong>sziele mit der Auflage<br />

verb<strong>und</strong>en werden, dass e<strong>in</strong> Sprach- oder <strong>Integration</strong>skurs mit ernsthaftem<br />

Engagement absolviert wird“. Die Auflage (Kursbesuch etc.), die die Migrant<strong>in</strong><br />

bzw. der Migrant erfüllen muss, um die Aufenthaltsbewilligung zu<br />

erhalten, wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er IntV festgehalten. Während der Pilotphase konnten <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er IntV drei obligatorische Massnahmen fest gelegt werden – der Besuch<br />

e<strong>in</strong>es Sprachkurses, der Besuch e<strong>in</strong>es <strong>Integration</strong>skurses oder der Besuch<br />

e<strong>in</strong>er Schuldenberatung (Bryner 2008: 30). Das Erziehungsdepartement hat<br />

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e<strong>in</strong>e Liste der Kurse zusammengestellt, die für den Nachweis der „<strong>Integration</strong>sauflage“<br />

besucht werden können. Mit den Anbietern der <strong>Integration</strong>s-<br />

<strong>und</strong> Sprachkurse wurden Leistungsvere<strong>in</strong>barungen abgeschlossen. Gemäss<br />

der Evaluation der FHNW wurden im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> im Pilotjahr 2008-<br />

9 71 IntVs abgeschlossen (Tov et al. 2010: 45).<br />

Die IntV kann höchstens für 11 Monate abgeschlossen werden, weil die<br />

Erfüllung der <strong>in</strong> der IntV vere<strong>in</strong>barten Massnahme <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres<br />

(Laufzeit der Aufenthaltsbewilligung) nachgewiesen werden muss. Nach<br />

Ablauf der Laufzeit überprüft das <strong>Migration</strong>samt des Kantons <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong>, ob<br />

die Auflage erfüllt wurde oder nicht. Wurde die Auflage <strong>in</strong> der vere<strong>in</strong>barten<br />

Zeit erfüllt, wird die Aufenthaltsbewilligung verlängert, wenn nicht, f<strong>in</strong>det<br />

erneut e<strong>in</strong> Gespräch mit dem <strong>Migration</strong>samt statt, <strong>in</strong> dem das weitere<br />

Vorgehen besprochen wird. Es kann <strong>in</strong> diesem Stadium zu e<strong>in</strong>er zweiten IntV<br />

oder zur Nichtverlängerung der Bewilligung gemäss Art. 54 AuG kommen<br />

(Bryner 2008: 11). Im Gesetz ist ausserdem e<strong>in</strong>e Art von „Belohnung“ für<br />

e<strong>in</strong>e „erfolgreiche <strong>Integration</strong>“ vorgesehen: In diesem Fall kann nämlich<br />

frühzeitig e<strong>in</strong>e Niederlassungsbewilligung erteilt werden. Dazu muss der<br />

Betroffene nachweisen, dass er über gute Deutschkenntnisse verfügt <strong>und</strong><br />

während e<strong>in</strong>es Zeitraums von m<strong>in</strong>destens fünf Jahren un<strong>unter</strong>brochen mit<br />

Aufenthaltsbewilligung <strong>in</strong> <strong>Basel</strong> gelebt hat. Da sich das Projekt<br />

<strong>Integration</strong>svere<strong>in</strong>barungen allerd<strong>in</strong>gs während der Durchführung dieser<br />

Studie noch <strong>in</strong> der Pilotphase befand, können an dieser Stelle ke<strong>in</strong>e Angaben<br />

zu dem Erfolg der „Sanktionen“ bzw. „Belohnungen“ gemacht werden.<br />

Gemäss AuG können mit allen Personen, die ke<strong>in</strong>en völkerrechtlichen<br />

Anspruch auf e<strong>in</strong>en Aufenthalt <strong>in</strong> der Schweiz haben, IntV geschlossen<br />

werden. Damit s<strong>in</strong>d von vornhere<strong>in</strong> all diejenigen ausgeschlossen, die e<strong>in</strong>en<br />

Anspruch haben, sich <strong>in</strong> der Schweiz aufzuhalten, wie etwa die EU-EFTA<br />

Staatsangehörigen, aber auch die Mitarbeiter von Botschaften <strong>und</strong> Konsulaten<br />

sowie alle Personen mit Niederlassungsbewilligung. Damit beschränken<br />

sich die IntV theoretisch auf Angehörige von Nicht-EU Staaten, die über e<strong>in</strong>e<br />

Aufenthaltsbewilligung (B) verfügen. In der Praxis sche<strong>in</strong>en die IntV vor<br />

allem bei Personen im Familiennachzug <strong>und</strong> bei religiösen Betreuungspersonen<br />

zur Anwendung zu kommen (vgl. Achermann 2007; von Büren <strong>und</strong><br />

Wyttenbach 2009), während Personen, die sich nur für e<strong>in</strong>e befristete Zeit <strong>in</strong><br />

der Schweiz aufhalten (Studierende, Kurzaufenthalter etc.), von diesen<br />

Vere<strong>in</strong>barungen ausgeschlossen s<strong>in</strong>d. Dies betrifft ebenfalls wohlhabende,<br />

gut gebildete, Englisch sprechende Personen, was u.a. damit begründet wird,<br />

dass sich dieser Personenkreis aufgr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er englischen Sprachkenntnisse<br />

problemlos <strong>in</strong> der Schweiz verständigen <strong>und</strong> zurechtf<strong>in</strong>den könne (Interviews<br />

15, 16).<br />

Damit mit e<strong>in</strong>er Person e<strong>in</strong>e IntV abgeschlossen werden kann, muss zunächst<br />

e<strong>in</strong> so genanntes <strong>Integration</strong>sdefizit diagnostiziert werden. E<strong>in</strong> <strong>Integration</strong>s-<br />

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