Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...
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E<strong>in</strong>e Auswertung der Sozialhilfestatistik des B<strong>und</strong>esamts für Statistik nach<br />
Nationalitätengruppen zeigt auf, dass 71% der Sozialhilfebezieher<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
–bezieher über e<strong>in</strong>e Niederlassungsbewilligung C verfügen. E<strong>in</strong>e genauere<br />
Aufschlüsselung nach Ländergruppen zeigt, dass <strong>in</strong> <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> der Anteil<br />
der Sozialhilfebezieher<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>- bezieher <strong>in</strong> der Gruppe der Nicht-<br />
EU/EFTA Europäer – also <strong>in</strong>sbesondere bei den Personen aus der Türkei <strong>und</strong><br />
dem West-Balkan – am höchsten ist: Diese Gruppe macht über 40% der<br />
Sozialhilfebezieher<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> –bezieher aus. An zweiter Stelle folgen<br />
Personen aus den Nachbarstaaten der Schweiz (16, 6%). 61 Allerd<strong>in</strong>gs sollte<br />
der Nationalitätseffekt auch bei der Sozialhilfe nicht überbewertet werden:<br />
Die Auswertungen des Statistischen Amtes zur Sozialhilfequote nach<br />
„Bildungsstand“ belegen, dass das Risiko, Sozialhilfe zu beziehen, mit<br />
abnehmender „Bildung“ deutlich zunimmt. 62<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Ausländer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
Ausländer besonders oft von „unfreiwilliger“ Erwerbslosigkeit betroffen<br />
s<strong>in</strong>d: Sie s<strong>in</strong>d – gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung –<br />
sowohl <strong>unter</strong> den Arbeitslosen, als auch <strong>unter</strong> den IV- <strong>und</strong><br />
Sozialhilfebeziehern übervertreten. Die Statistiken weisen darauf h<strong>in</strong>, dass<br />
diese Übervertretung <strong>unter</strong> den Erwerbslosen nicht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf die<br />
Nationalität sondern <strong>in</strong>sbesondere auf den niedrigeren Bildungsstand <strong>und</strong> die<br />
schlechtere sozio-professionelle Stellung zurückzuführen ist. Im folgenden<br />
Kapitel werden im Anschluss an die Auswertung des Datenmaterials die<br />
Massnahmen erläutert, die zu e<strong>in</strong>er besseren <strong>Integration</strong> der Ausländer <strong>in</strong> den<br />
beruflichen Bereich führen sollen.<br />
6.2 Massnahmen zur Verbesserung der<br />
Ungleichstellung der Migrantenbevölkerung <strong>in</strong><br />
der Arbeitswelt<br />
In der wissenschaftlichen Literatur zum Themenbereich Arbeit <strong>und</strong><br />
<strong>Integration</strong> wird die Ungleichstellung <strong>und</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierung der<br />
Migrantenbevölkerung auf dem Arbeitsmarkt als sehr problematisch<br />
geschildert (Egger 2003: 23; Piguet 2009). Diese Ungleichstellung bezieht<br />
sich im wesentlichen auf drei Bereiche: „Ungleichstellung <strong>und</strong><br />
Diskrim<strong>in</strong>ierung vor dem E<strong>in</strong>tritt auf den Arbeitsmarkt (Sprache, Bildung,<br />
Anerkennung von Diplomen etc.); Ungleichstellungen <strong>und</strong><br />
Diskrim<strong>in</strong>ierungen auf dem Markt (Anstellung, Beförderung, Arbeitsbe-<br />
61<br />
Diese Auswertung der Soziahilfestatistik wurde fre<strong>und</strong>licherweise vom BFS zur<br />
Verfügung gestellt.<br />
62<br />
www.statistik-bs.ch/themen/13/sozialhilferisiken07 (konsultiert am 26.02.2010).<br />
124<br />
d<strong>in</strong>gungen) <strong>und</strong> Ungleichstellung im Grenzbereich zum Markt (z.B.<br />
Übergangslösungen)“ (Egger 2003: 23-24). Fibbi <strong>und</strong> Kaya (2003) zeigen<br />
auf, dass bei der Stellensuche die Nationalität e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf die<br />
Stellenvergabe hat: Bei gleichen Qualifikationen haben die Schweizer<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Schweizer e<strong>in</strong>e bessere Chance, e<strong>in</strong>en Arbeitsplatz zu f<strong>in</strong>den als<br />
Stellensuchende aus der Türkei oder aus Ex-Jugoslawien.<br />
E<strong>in</strong>e Möglichkeit, dieser Diskrim<strong>in</strong>ierung zu begegnen, ist der Erlass<br />
rechtlicher Normen. E<strong>in</strong> Vergleich mit der Rechtslage im Ausland zeigt, dass<br />
der Anti-Diskrim<strong>in</strong>ierungsgr<strong>und</strong>satz <strong>in</strong> der schweizerischen Rechtsordnung<br />
relativ schwach verankert ist. Die Stellungnahme der Eidgenössischen<br />
Kommission gegen Rassismus betont, dass sowohl im Privatrecht als auch im<br />
Verwaltungsrecht das ausdrückliche Verbot rassistischer Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />
fehlt. Diese mangelnde rechtliche Absicherung ist vor allem im Bereich des<br />
Arbeitsrechts problematisch (Naguib 2010: 5). Überdies ist unklar, <strong>in</strong>wiefern<br />
der Tatbestand der Leistungsverweigerung auf die Verweigerung von Stellen<br />
angewendet werden kann (Naguib 2010: 9). Doch ist die Aufhebung der<br />
rechtlichen Ungleichstellung e<strong>in</strong>e Aufgabe des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> nicht der<br />
Kantone, weshalb <strong>in</strong> diesem Kapitel auf die rechtlichen Aspekte nicht weiter<br />
e<strong>in</strong>gegangen wird.<br />
E<strong>in</strong>e wichtige Rolle im <strong>Integration</strong>sprozess nehmen die Betriebe e<strong>in</strong>. In der<br />
Literatur steht ausser Zweifel, dass die Arbeitgeber e<strong>in</strong>en wesentlichen<br />
Beitrag zur <strong>Integration</strong>sförderung ihrer Mitarbeiter leisten können (Dah<strong>in</strong>den<br />
et al. 2004). Auch die Erarbeitung „migrantenfre<strong>und</strong>licher“ E<strong>in</strong>stellungs-,<br />
Beförderungs- <strong>und</strong> Kündigungsbed<strong>in</strong>gungen liegt <strong>in</strong> der Verantwortung der<br />
Betriebe. Auf diesen Beitrag der Arbeitgeber wird explizit <strong>in</strong> der Verordnung<br />
zum Gesetz über die <strong>Integration</strong> der <strong>Migration</strong>sbevölkerung (§ 4 Abs. 2)<br />
verwiesen. 63 Da Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten auch als Arbeitgeber fungieren,<br />
wird der Bereich <strong>Migration</strong> <strong>und</strong> Unternehmertum generell immer stärker<br />
gefördert.<br />
6.2.1 <strong>Integration</strong>sförderung am Arbeitsplatz<br />
Im Basler <strong>Integration</strong>sgesetz ist festgeschrieben, dass die Arbeitgeber „im<br />
Rahmen ihrer Möglichkeiten“ e<strong>in</strong>en Beitrag zur <strong>Integration</strong>sförderung der<br />
63 Artikel 4, Abs. 2 der Verordnung zum Gesetz über die <strong>Integration</strong> der <strong>Migration</strong>sbevölkerung<br />
vom 18. Dezember 2007: „Die Arbeitgeberschaft <strong>unter</strong>stützt den Besuch<br />
von Sprach- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>skursen, sofern es die betrieblichen Verhältnisse, <strong>in</strong>sbesondere<br />
die personellen <strong>und</strong> f<strong>in</strong>anziellen Ressourcen des Betriebs, ermöglichen.<br />
Dies kann mit Zurverfügungstellung von Arbeitszeit <strong>und</strong>/oder f<strong>in</strong>anziellen Beiträgen<br />
für den Besuch von Sprach- <strong>und</strong> <strong>Integration</strong>skursen <strong>und</strong>/oder durch die Unterstützung<br />
von geme<strong>in</strong>nützigen Institutionen im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong>, die <strong>in</strong> der <strong>Integration</strong>sförderung<br />
tätig s<strong>in</strong>d, erfolgen“.<br />
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