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Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...

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Schweizer Familien ihre K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Spielgruppe schicken. Die Tatsache,<br />

dass sich die Schweizer Familien e<strong>in</strong>en Ausbau des Spielgruppenangebots<br />

wünschen, weist jedoch darauf h<strong>in</strong>, dass die Nachfrage bei ihnen grösser ist<br />

(Watzek et al. 2005: 83). Diese E<strong>in</strong>schätzung wird von unseren Experten<strong>in</strong>terviews<br />

bestätigt (<strong>in</strong>sbesondere Interview 18).<br />

Der 2-jährige Besuch e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>dergartens ist im Kanton <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> seit dem<br />

Schuljahr 2005/6 obligatorisch. Der Webseite des Statistischen Amtes kann<br />

man entnehmen, dass der Anteil der ausländischen K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> den<br />

K<strong>in</strong>dergärten der <strong>Stadt</strong> <strong>Basel</strong> 40% beträgt. Den Rückmeldungen der<br />

Lehrpersonen ist zu entnehmen, dass ungefähr 50% dieser K<strong>in</strong>der nicht über<br />

ausreichende Deutschkenntnisse verfügen (Riederer 2008). Betrachtet man<br />

allerd<strong>in</strong>gs beim K<strong>in</strong>dergartene<strong>in</strong>tritt die sprachlichen Kompetenzen dieser<br />

K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der Erstsprache, lässt sich feststellen, dass ihre Kompetenzen<br />

vergleichbar mit denen der Schweizer K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der deutschen Sprache s<strong>in</strong>d<br />

(Moser et al. 2008b: 33). Zwar machen die Migrantenk<strong>in</strong>der während des<br />

Besuchs des K<strong>in</strong>dergartens grosse Fortschritte im Spracherwerb, doch reicht<br />

dies nicht aus, um den Rückstand beim K<strong>in</strong>dergartene<strong>in</strong>tritt wettzumachen<br />

(Moser et al. 2008b: 33).<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> hat die <strong>in</strong>terdepartementale Arbeitsgruppe<br />

„Frühförderung“ e<strong>in</strong> aus drei Kernpunkten bestehendes Massnahmenpaket<br />

zur Verbesserung der Situation im Frühbereich entwickelt, das im Folgenden<br />

vorgestellt werden soll.<br />

5.1.2 Massnahmen im Frühbereich<br />

5.1.2.1 „Mit ausreichenden Deutschkenntnissen <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>dergarten“<br />

Im Jahr 2009 hat der Regierungsrat das Projekt Mit ausreichenden<br />

Deutschkenntnissen <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>dergarten lanciert. Es sieht vor, dass alle<br />

K<strong>in</strong>der, die über ungenügende Deutschkenntnisse verfügen, dazu verpflichtet<br />

werden, e<strong>in</strong> Jahr lang an zwei halben Tagen pro Woche e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung mit<br />

<strong>in</strong>tegrierter Sprachförderung zu besuchen. Das Projekt soll <strong>in</strong> mehreren<br />

Phasen umgesetzt werden, wobei das „selektive Obligatorium“ im Schuljahr<br />

2013 e<strong>in</strong>geführt werden wird.<br />

Die Umsetzung des Projekts hat mit der Weiterbildung für Spielgruppen- <strong>und</strong><br />

Tagesheimleiter<strong>in</strong>nen im Schuljahr 2009 ihren Anfang genommen. Auf<br />

dieser Weiterbildung wurden den Betreuungspersonen Kenntnisse zur<br />

„Sprachförderung“ im Vorschulalter vermittelt. E<strong>in</strong>e weitere Massnahme<br />

sieht vor, dass ab dem Schuljahr 2010/2011 e<strong>in</strong>kommensschwache Eltern, die<br />

sich die externe Betreuung ihrer K<strong>in</strong>der nicht leisten können, nach dem<br />

Modell der Krankenkassenprämien-Vergünstigung e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle<br />

Unterstützung beantragen können. Mit dieser Änderung hoffen die<br />

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verantwortlichen Stellen, möglichst viele Familien dazu zu bewegen, ihre<br />

K<strong>in</strong>der extern betreuen zu lassen.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Aspekt des Projekts betrifft die Ausarbeitung von<br />

Qualitätsstandards, die die Spielgruppen bzw. Tagesheime, die e<strong>in</strong>e<br />

Leistungsvere<strong>in</strong>barung mit dem Erziehungsdepartement treffen, e<strong>in</strong>halten<br />

müssen. Diese Kriterien betreffen diverse Aspekte des Betreuungsangebots<br />

wie beispielsweise die Ausarbeitung e<strong>in</strong>es Betreuungsschlüssels oder die<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>es Personalentwicklungskonzepts. Derzeit ist noch unklar,<br />

wie die E<strong>in</strong>haltung der Qualitätsstandards <strong>in</strong> den leistungserbr<strong>in</strong>genden<br />

Institutionen überprüft werden kann. Dasselbe gilt auch für die<br />

Selektionskriterien aufgr<strong>und</strong> deren die K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> das Förderprogramm<br />

aufgenommen werden <strong>und</strong> für die Frage, wie die „geforderte<br />

Sprachkompetenz“ def<strong>in</strong>iert <strong>und</strong> gemessen werden kann. Der „Sprachtest“<br />

wird direkt mit der K<strong>in</strong>dergartenanmeldung verknüpft, weil logistische<br />

Schwierigkeiten die Durchführung e<strong>in</strong>es flächendeckenden Screen<strong>in</strong>gs aller<br />

Dreijährigen im Kanton verh<strong>in</strong>dern (Kantonales Erziehungsdepartement<br />

2008: 19).<br />

5.1.2.2 Standardsprache im K<strong>in</strong>dergarten<br />

Das Projekt Standardsprache im K<strong>in</strong>dergarten basiert auf der Erkenntnis,<br />

dass der weit verbreitete Gebrauch der M<strong>und</strong>art den Erwerb der deutschen<br />

Sprache beh<strong>in</strong>dert. Das während der gesamten Projektdauer wissenschaftlich<br />

betreute Projekt wurde <strong>in</strong> den Jahren 2001 bis 2005 <strong>in</strong> sechs K<strong>in</strong>dergärten mit<br />

e<strong>in</strong>em hohen Anteil an fremd- <strong>und</strong> mehrsprachigen K<strong>in</strong>dern (90-100%)<br />

durchgeführt. In vier der <strong>unter</strong>suchten K<strong>in</strong>dergärten wurde Standardsprache<br />

gesprochen, während <strong>in</strong> zwei Vergleichsk<strong>in</strong>dergärten der Unterricht <strong>in</strong><br />

M<strong>und</strong>art durchgeführt wurde. Der Vergleich der beiden K<strong>in</strong>dergartenmodelle<br />

illustriert, dass die „Standardsprache gegenüber der M<strong>und</strong>art im K<strong>in</strong>dergarten<br />

für den Schulerfolg ger<strong>in</strong>gfügige Vorteile br<strong>in</strong>gt“ (Gyger 2005: 8). Insgesamt<br />

gesehen nehmen beim Gebrauch der Standardsprache die Kompetenzen <strong>in</strong><br />

der gesprochenen Sprache leicht <strong>und</strong> <strong>in</strong> der geschriebenen Sprache relativ<br />

stark zu. In den Empfehlungen befürwortet Gyger die E<strong>in</strong>führung der<br />

Standardsprache <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>dergärten, die e<strong>in</strong>en hohen Anteil an<br />

fremdsprachigen K<strong>in</strong>dern aufweisen (Gyger 2005). Im Anschluss an die<br />

Veröffentlichung der Resultate wurde <strong>in</strong> den Schuljahren 2006-8 <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong><strong>und</strong>dreissig K<strong>in</strong>dergärten die Verwendung der Standardsprache erprobt.<br />

Die positiven Rückmeldungen der beteiligten K<strong>in</strong>der, Lehrer <strong>und</strong> Eltern<br />

führten dazu, dass der Lehrplan <strong>in</strong> Bezug auf die Umgangssprache im<br />

K<strong>in</strong>dergarten mit Beg<strong>in</strong>n des Schuljahrs 2009/10 geändert wurde. Seit dem<br />

laufenden Schuljahr gilt die Regelung, dass die Lehrpersonen <strong>in</strong> den Basler<br />

K<strong>in</strong>dergärten zu m<strong>in</strong>destens 50% Standarddeutsch sprechen müssen. Den<br />

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