Migration und Integration in Basel-Stadt Ein «Pionierkanton» unter ...
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h<strong>in</strong>gewiesen werden, der im Vergleich zu anderen Politikfeldern sehr weit<br />
fortgeschritten ist.<br />
5.2.2.1 Förderung der Sprachkenntnisse <strong>in</strong> der Erst- <strong>und</strong> Zweitsprache<br />
Seit den 80er Jahren weisen empirische Studien auf die Wichtigkeit der<br />
Erstsprachkompetenz für den Zweitspracherwerb h<strong>in</strong>. Diese Erkenntnisse<br />
führten <strong>in</strong> der Schweiz zu e<strong>in</strong>er heftigen Debatte um die E<strong>in</strong>führung des<br />
Erstsprachen<strong>unter</strong>richts, <strong>in</strong> der Argumente aus ähnlichen Diskussionen der<br />
70er Jahre wieder aufgenommen wurden (vgl. auch D'Amato 2001). Am<br />
24.10.1991 erliess die Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK)<br />
schliesslich Richtl<strong>in</strong>ien für die Kantone zum Umgang mit fremdsprachigen<br />
Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülern, <strong>in</strong> denen festgelegt wurde, dass alle<br />
fremdsprachigen K<strong>in</strong>der Unterricht <strong>in</strong> der Erstsprache erhalten sollten. Der<br />
Ausbau des Erstsprachen<strong>unter</strong>richts war auch e<strong>in</strong>e zentrale Forderung des<br />
basel-städtischen Leitbilds (Ehret 1999: 13 ff.).<br />
Zurzeit werden <strong>in</strong> <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> Kurse <strong>in</strong> heimatlicher Sprache <strong>und</strong> Kultur<br />
(HSK) <strong>in</strong> über 20 Sprachen angeboten, wobei der Unterricht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
Sprachen bereits im K<strong>in</strong>dergarten beg<strong>in</strong>nt. Der HSK-Unterricht wird zum<br />
Teil im Rahmen <strong>in</strong>tegrierter Schulmodelle angeboten wie z.B. an den<br />
Primarschulen St. Johann/Volta <strong>und</strong> im Bläsi Schulhaus (Randevu Projekt)<br />
sowie auf der OS-Stufe an der OS Dreirosen (Sprach- <strong>und</strong> Kulturbrücke). In<br />
den <strong>in</strong>tegrierten Modellen s<strong>in</strong>d die HSK-Lehrkräfte mit <strong>in</strong>s Lehrerkollegium<br />
e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> der Erstsprachen<strong>unter</strong>richt ist Teil des regulären<br />
Unterrichts. Die drei oben genannten Schulmodelle <strong>in</strong>tegrieren den<br />
Unterricht <strong>in</strong> der Muttersprache auf <strong>unter</strong>schiedliche Art <strong>und</strong> Weise <strong>in</strong> ihr<br />
Unterrichtspensum. Im Modell St. Johann/Volta besuchen alle Schüler<strong>in</strong>nen<br />
<strong>und</strong> Schüler e<strong>in</strong>er Klassenstufe aus e<strong>in</strong>er Sprachregion (z.B. der Türkei etc.)<br />
den HSK-Unterricht geme<strong>in</strong>sam. Der Erstsprachen-Unterricht f<strong>in</strong>det statt,<br />
sobald fünf Anmeldungen für e<strong>in</strong>e Sprache vorliegen. Die Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
Schüler, die aufgr<strong>und</strong> nicht ausreichender Anmeldezahlen ke<strong>in</strong>en<br />
Erstsprachen<strong>unter</strong>richt haben, werden e<strong>in</strong>er multiethnischen Deutschklasse<br />
zugeteilt. Der Lehrplan des HSK-Unterrichts wird mit den anderen<br />
Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrern koord<strong>in</strong>iert, so wird z.B. <strong>in</strong> der ersten Klasse <strong>in</strong><br />
allen Klassen e<strong>in</strong> „Ich-Buch“ gestaltet.<br />
Im Modell Sprach- <strong>und</strong> Kulturbrücke an der OS Dreirosen <strong>unter</strong>richten die<br />
HSK-Lehrkräfte zur gleichen Zeit <strong>in</strong> den Klassen wie die deutschsprachigen<br />
Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer (Kantonales Erziehungsdepartement 2005). Der<br />
Unterricht f<strong>in</strong>det an dieser Schule daher meistens im Team-Teach<strong>in</strong>g statt.<br />
Da die HSK-Lehrkräfte neben der Muttersprache auch die deutsche Sprache<br />
beherrschen, können sie den fremdsprachigen Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Schülern<br />
helfen, wenn Probleme bei der Vermittlung des Unterrichtsstoffs auftreten.<br />
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Der eigentliche Sprach<strong>unter</strong>richt ist <strong>in</strong> diesem Modell zwar Teil des<br />
Unterrichtspensums, f<strong>in</strong>det aber ausserhalb des Regel<strong>unter</strong>richts statt. Das<br />
Modell Randevu am Bläsi-Schulhaus ist ähnlich konzipiert wie das Modell<br />
Sprach- <strong>und</strong> Kulturbrücke (Kantonales Erziehungsdepartement 2009b). Die<br />
HSK-Lehrkräfte bereiten geme<strong>in</strong>sam mit den deutschsprachigen Lehrkräften<br />
Unterrichtsst<strong>und</strong>en vor, die die Schüler<strong>in</strong>nen zur „Entdeckung“ der eigenen<br />
<strong>und</strong> anderer Sprachen motivieren sollen.<br />
An den übrigen Basler Schulen ist der HSK-Unterricht nicht Teil des<br />
regulären Unterrichts. Somit f<strong>in</strong>den die Lektionen <strong>in</strong> der Freizeit (d.h. am<br />
Mittwochnachmittag, am Samstagmorgen oder am späteren Nachmittag)<br />
statt. Die HSK-Lehrkräfte werden <strong>in</strong> diesem Fall nicht vom Rektorat sondern<br />
von Eltern- <strong>und</strong> Kulturvere<strong>in</strong>en oder von den Konsulaten angestellt <strong>und</strong><br />
bezahlt. Der italienische, spanische, portugiesische <strong>und</strong> türkische Unterricht<br />
wird von den jeweiligen Konsulaten organisiert <strong>und</strong> subventioniert. Die<br />
Eltern- oder Kulturvere<strong>in</strong>e der anderen Sprachgruppen müssen sich selber<br />
organisieren <strong>und</strong> die Kurskosten für den Unterricht <strong>in</strong> der Muttersprache<br />
übernehmen (Kantonales Erziehungsdepartement 2009a). Der Staat<br />
<strong>unter</strong>stützt diese Elterngruppen, <strong>in</strong>dem er Räumlichkeiten <strong>und</strong> Materialien<br />
zur Verfügung stellt. Dafür möchte der Kanton mehr E<strong>in</strong>fluss auf die<br />
Gestaltung des muttersprachlichen Unterrichts nehmen. Zu diesem Zweck hat<br />
der Regierungsrat im Jahre 2004 den Zürcher Rahmenlehrplan für den HSK-<br />
Unterricht genehmigt, der die Lehrpläne der HSK-Kurse vere<strong>in</strong>heitlicht. Seit<br />
dem Jahr 2005 ist dieser Lehrplan für die HSK-Kurse verb<strong>in</strong>dlich<br />
(Regierungsrat des Kantons <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> 2007).<br />
Neben der Herkunftssprache wird <strong>in</strong> <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> auch der Unterricht <strong>in</strong> der<br />
Zweitsprache bzw. im Fach Deutsch <strong>in</strong>tensiv gefördert. Denn es besteht ke<strong>in</strong><br />
Zweifel daran, dass Deutschkenntnisse e<strong>in</strong>e unabd<strong>in</strong>gbare Voraussetzung für<br />
die Schulkarriere der Migrantenk<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d. Der Deutsch<strong>unter</strong>richt f<strong>in</strong>det<br />
entweder <strong>in</strong> so genannten <strong>Integration</strong>sklassen oder <strong>in</strong> der Regelklasse statt.<br />
K<strong>in</strong>der, deren Eltern neu nach <strong>Basel</strong> gezogen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> die ke<strong>in</strong> Deutsch<br />
sprechen, werden <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>er <strong>Integration</strong>sklasse zugewiesen. E<strong>in</strong>e<br />
Ausnahme bildet die OS-Dreirosen, die auf <strong>Integration</strong>sklassen verzichtet; im<br />
Dreirosen Schulhaus werden alle K<strong>in</strong>der sofort den Regelklassen zugeteilt,<br />
wobei es die enge Zusammenarbeit mit den HSK-Lehrkräften ermöglicht,<br />
sprachspezifische Stützmassnahmen <strong>in</strong> den Regel<strong>unter</strong>richt e<strong>in</strong>zubauen (siehe<br />
oben).<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus gibt es <strong>in</strong> <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> diverse, stufenspezifische Förderangebote<br />
<strong>und</strong> Stützmassnahmen für Deutsch als Zweitsprache, die bei Bedarf<br />
angefordert werden können. In <strong>Basel</strong>-<strong>Stadt</strong> existieren zudem seit 2006 für die<br />
verschiedenen Schulstufen Deutsch-„Sprachenprofile“, die den Lehrpersonen<br />
die Gestaltung e<strong>in</strong>es sprachfördernden Unterrichts erleichtern sollen. Die<br />
Autoren der Profile gehen davon aus, dass jede Unterrichtsst<strong>und</strong>e zur<br />
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