Broschüre "Kernfusion" - KIT - PL FUSION
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28<br />
Da Fusionsmagnete neben hoher<br />
Magnetfeldstärke auch große Volumina<br />
besitzen, muss die Nennstromstärke<br />
der Magnetwicklungen etliche 10<br />
Kiloampere betragen. Daher sind einfache<br />
Standarddrähte wie in Abb. 4<br />
(Seite 26) nicht ausreichend. Stattdessen<br />
muss das Leiterkabel aus vielen<br />
Einzeldrähten verseilt werden. Da<br />
wegen der hohen Magnetfeldstärken<br />
und der großen Abmessungen hohe<br />
elektromagnetische Kräfte auftreten,<br />
werden sowohl für Leiter und Spule<br />
spezielle Konstruktionsmaßnahmen<br />
erforderlich. So ist zum Beispiel<br />
beim Test zweier Spulen in der<br />
Testanlage TOSKA (Toroidale<br />
Spulentestanlage Karlsruhe) eine<br />
Kraft von 6000 Tonnen aufzunehmen,<br />
etwa das Gewicht von 100<br />
Bahnlokomotiven. Als Ergebnis langjähriger<br />
Entwicklungsprogramme hat<br />
sich der folgende Leiter- und Wicklungsaufbau<br />
als erfolgreich erwiesen:<br />
Das Leiterseil wird in eine Stahlhülle<br />
eingezogen und das Helium strömt<br />
als überkritisches Fluid hindurch, wie<br />
dies am Beispiel des Leiters für die<br />
Toroidalfeldspule für ITER in Abb. 6<br />
gezeigt ist.<br />
Abb. 6:<br />
Aufbau des Leiters für die ITER-Toroidal-<br />
feldmagnete. Auf einer Rohrspirale als zentra-<br />
lem Helium-Strömungskanal ist ein mehrfach<br />
verseiltes Rundkabel aufgebracht. Die Ein-<br />
zeldrähte haben außen eine Chrom-Plattierung<br />
zur Reduzierung von auftretenden Kopplungs-<br />
strömen bei zeitlich veränderlichen Magnet-<br />
feldern. Das Kabel ist in eine Hülle aus Incoloy<br />
908 eingezogen (Außenmaße: 45 x 45 mm 2 )<br />
(Foto: FZK)<br />
Die Leiterhülle fungiert damit gleichzeitig<br />
als Druckkessel für das Helium,<br />
die Einzelleiter im Seil sind auf einem<br />
Großteil ihrer Oberfläche mit<br />
Helium benetzt, was für eine gute<br />
Kühleffektivität sorgt. Die im Leiter<br />
auftretenden elektromagnetischen<br />
Kräfte werden von der Hülle auf das<br />
gesamte Hüllenensemble des Wickelpaketes<br />
und von dort auf ein dickwandiges<br />
Gehäuse übertragen. In jedem<br />
Fall wird die Hülle beim Wickeln<br />
mit einer elektrischen Isolation umgeben<br />
und das ganze Wickelpaket mit<br />
Epoxidharz vergossen. Auf diese<br />
Weise wird ein starrer Wicklungsblock<br />
mit definierten elektrischen<br />
Isolationseigenschaften und definier-<br />
ten mechanischen Eigenschaften hergestellt.<br />
Nach diesem Konstruktionsprinzip<br />
werden bereits seit 20 Jahren<br />
Toroidalfeldspulen zu Testzwecken<br />
gefertigt. Auch die Spulen für den<br />
Stellarator Wendelstein 7-X in Greifswald<br />
wurden nach diesem Bauprinzips<br />
entwickelt. Im Falle von Nb 3Sn-<br />
Leitern muss die aufgebrachte Isolation<br />
zunächst einer Diffusionsglühbehandlung<br />
der Wicklung standhalten.<br />
Sie besteht deshalb aus einer trockenen<br />
Glasfaserbandage, und der<br />
Epoxidharzverguss kann erst nach der<br />
Glühung erfolgen, bzw. die Isolation<br />
wird erst nach der Glühung aufgebracht.<br />
Dies wurde in jüngster Zeit bei<br />
den Modellspulen für ITER realisiert.