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Broschüre "Kernfusion" - KIT - PL FUSION

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Im äußeren Brennstoffkreislauf (blau)<br />

wird das Tritium, das im Blanket durch<br />

Neutroneneinfang aus Lithium erbrütet<br />

wurde, durch das Spülgas Helium<br />

extrahiert, abgetrennt und in den<br />

inneren Brennstoffkreislauf eingespeist.<br />

Wegen der kurzen Halbwertszeit des<br />

Tritiums von nur etwa 12,3 Jahren ist<br />

seine Strahlung vergleichsweise intensiv,<br />

wenngleich Tritium der energetisch<br />

schwächste bekannte natürliche<br />

Beta-Strahler mit einer maximalen<br />

Energie von nur 18,6 Kiloelektronenvolt<br />

ist. Dementsprechend<br />

beträgt die größtmögliche Reichweite<br />

der Strahlung in atmosphärischer<br />

Luft nur 6 Millimeter, in Metallen<br />

nur etwa 1 Mikrometer. Bauteile aus<br />

organischen Materialien wie zum<br />

Beispiel Dichtungen werden allerdings<br />

innerhalb kurzer Zeit durch<br />

Tritium zersetzt. Grundsätzlich müssen<br />

daher Tritium führende Systeme<br />

ganzmetallisch und ultrahochvakuumdicht<br />

ausgelegt werden. Auch die<br />

Verwendung ölgeschmierter oder gar<br />

ölgedichteter Pumpen in Tritium führenden<br />

Systemen ist nicht möglich.<br />

Eine weitere Schwierigkeit im Umgang<br />

mit Tritium ist seine Eigenschaft,<br />

Metalle oberhalb einer bestimmten<br />

Temperatur (zum Beispiel<br />

Edelstahl oberhalb 150 bis 200 Grad<br />

Celsius) zu durchdringen, in der Fachsprache<br />

„Permeation“ genannt. Heißgehende<br />

Komponenten des Brennstoffkreislaufs<br />

müssen daher zusätzlich<br />

mit einem äußeren Behälter<br />

umgeben werden. Die periodische<br />

Evakuierung des Zwischenraums<br />

sorgt für eine gute thermische Isolierung<br />

der geheizten Komponente und<br />

erlaubt gleichzeitig die Rückgewinnung<br />

des permeierten Tritiums. Die<br />

Wand des äußeren Behälters bleibt auf<br />

niedriger Temperatur und verhindert<br />

so wirksam die Permeation von Wasserstoffisotopen<br />

nach außen.<br />

Die Aufrechterhaltung einer Fusionsreaktion<br />

hängt stark von der Reinheit<br />

des Deuterium-Tritium-Plasmas im<br />

Plasmabehälter ab. Jegliche Verunreinigung<br />

führt zu Strahlungsverlusten<br />

durch Bremsstrahlung und damit<br />

zum Erlöschen der Fusionsreaktion.<br />

Dieser Effekt verstärkt sich deutlich<br />

mit steigender Ordnungszahl der auftretenden<br />

Teilchen. Deshalb muss das<br />

Plasmagefäß zunächst evakuiert, auf<br />

Dichtheit geprüft und die Wände für<br />

Ultrahochvakuumstandards konditioniert<br />

werden.<br />

Wenn das Plasma brennt, besteht die<br />

Hauptaufgabe der Vakuumpumpen<br />

darin, das Fusionsprodukt Helium<br />

durch kontinuierliches Absaugen des<br />

Plasmaabgases auf einer Konzentration<br />

von maximal 3 bis 5 Prozent<br />

zu halten. Neben Helium besteht das<br />

Plasmaabgas zum überwiegenden<br />

Teil aus nicht verbrannten Wasserstoffisotopen<br />

sowie aus unerwünschten<br />

Verunreinigungen, die durch<br />

Wechselwirkung der Plasmapartikel<br />

mit der ersten Wand entstehen. Bei<br />

Verwendung von Graphitziegeln entstehenKohlenwasserstoffverbindungen.<br />

Zu erwarten sind auch Oxide wie<br />

DTO, CO, CO 2 aus chemisorbiertem<br />

Sauerstoff, der beim Konditionieren<br />

nicht komplett aus der Wand ausgetrieben<br />

wurde. Die zunächst noch<br />

ionisierten Teilchen des Plasmaabgases<br />

werden durch geeignete Magnetfelder<br />

aus dem Spalt zwischen<br />

Plasmarand und erster Wand ausgeleitet<br />

und auf die Divertorplatten<br />

geführt. Dort werden sie neutralisiert<br />

und zu Molekülen rekombiniert, die<br />

in der Lage sind, das magnetische<br />

Einschlussfeld zu verlassen. Hinter<br />

den Divertoren befinden sich radial<br />

verlaufende Kanäle, an deren Ende<br />

die Vakuumpumpen installiert sind.<br />

Bei jeder Fusion eines Deuteriummit<br />

einem Tritiumkern entsteht ein<br />

Helium-Atomkern. Der abzupumpende<br />

Massenstrom an Helium ist daher<br />

proportional zur Leistung des Kraftwerkes.<br />

ITER zum Beispiel mit einer<br />

Leistung von 500 Megawatt ist auf<br />

einen Gesamtabgasstrom von etwa 2<br />

Liter pro Sekunde bei Normaldruck<br />

ausgelegt, der mit einem Druck von<br />

0,1 bis 10 Pascal am Pumpeneinlass<br />

ansteht. Dafür ist ein extrem hohes<br />

Saugvermögen des Vakuumsystems<br />

nötig. Am Ort der Pumpen herrschen<br />

hohe Magnetfelder, die in schnell<br />

laufenden Rotoren Wirbelströme erzeugen.<br />

Zudem müssen die Pumpen<br />

auch unter mechanischen Erschütterungen<br />

störungsfrei arbeiten, die zum<br />

Beispiel von Disruptionen ausgelöst<br />

werden. Für diese Anforderungen<br />

sind keine handelsüblichen Vakuumpumpen<br />

verfügbar, sondern es sind<br />

spezielle Entwicklungen nötig.<br />

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