Broschüre "Kernfusion" - KIT - PL FUSION
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3.4. Der Divertor<br />
Der Divertor baut sich im Wesentlichen<br />
aus den thermisch hochbelasteten<br />
Divertor-Prallplatten und der<br />
Divertorstruktur auf. Seine Hauptfunktion<br />
besteht darin, die „Fusionsasche“<br />
– Helium, unverbranntes Deuterium<br />
und Tritium sowie Verunreinigungen<br />
– aus dem Plasma zu entfernen<br />
und die im Divertorraum ankommende<br />
Fusionsenergie – etwa 15 bis<br />
20 Prozent der insgesamt vom Plasma<br />
abgestrahlten Wärmeleistung –<br />
abzuführen.<br />
Seine genaue Position im Plasmagefäß<br />
eines Kraftwerks ist abhängig<br />
von der Gestalt des Magnetfeldes,<br />
welches das Plasma einschließt. Er<br />
befindet sich an der tiefsten oder<br />
auch höchsten Stelle des Vakuumbehälters.<br />
Zusammen mit dem Blanket<br />
bildet er eine geschlossene Mantelfläche<br />
um das Plasma und wirkt daher<br />
auch als Schutzschild vor Neutronenbeschuss<br />
für den Vakuumbehälter<br />
und für die dahinter liegenden supraleitenden<br />
Magnete.<br />
Der Divertor wird zur leichteren<br />
Handhabung und Wartung in einzelne<br />
Kassetten unterteilt. In Abb. 8 ist eine<br />
solche Kassette dargestellt. Jede besteht<br />
aus den Prallplatten, dem Dom,<br />
der die Absaugöffnung enthält, und<br />
der Struktur, die die Leitungen zur<br />
Verteilung des Kühlmittels aufnimmt.<br />
Die Prallplatten werden mit<br />
einer „Opferschicht“ aus Wolfram<br />
oder Wolfram-Legierungen, bei ITER<br />
auch Wolfram mit Kupfereinlagen,<br />
Abb. 8:<br />
Prinzipielles Design eines<br />
mit Helium gekühlten Divertors<br />
(Grafik: FZK)<br />
hergestellt. Sie sind in Verlängerung<br />
der äußersten Magnetfeldlinien positioniert,<br />
entlang derer der Wärmeeintrag<br />
und die Fusionsasche auf die<br />
Prallplatten gelenkt werden.<br />
Die ankommenden Plasmateilchen<br />
besitzen eine hohe kinetische Energie,<br />
die beim Aufschlag in thermische<br />
Energie umgewandelt wird und<br />
über mechanische und thermische<br />
Effekte zur Erosion führt. Die Oberflächen<br />
der Prallplatten sind also<br />
Verschleißteile, daher der Ausdruck<br />
„Opferschicht“. Sie erreichen eine<br />
Lebensdauer von voraussichtlich bis<br />
zu zwei Jahren, dann müssen sie ausgewechselt<br />
werden.<br />
Die Wärmelast, die über den Divertor<br />
abgeführt werden muss, ist im Vergleich<br />
zu sonstigen technisch relevanten<br />
Wärmeleistungsdichten sehr<br />
hoch. Eine ausreichende Kühlung des<br />
Divertors ist daher notwendig, um<br />
ein Überhitzen und damit ein Versagen<br />
des Bauteils zu verhindern.<br />
Gleichzeitig spielt diese Energie auch<br />
für die Gesamtbilanz des Kraftwerks<br />
eine Rolle und soll wirtschaftlich<br />
sinnvoll genutzt, d. h. der Stromerzeugung<br />
zugeführt werden.<br />
Als Kühlmittel sind prinzipiell Wasser,<br />
Helium oder auch Flüssigmetall<br />
geeignet. Helium bietet jedoch den<br />
Vorteil, chemisch und neutronisch<br />
inert zu sein, zudem können höhere<br />
Temperaturen erreicht werden, was<br />
den Wirkungsgrad des Gesamtkraftwerks<br />
um etwa 1 Prozent verbessern<br />
kann. Helium kann zudem direkt in<br />
den Stromgewinnungsprozess eingekoppelt<br />
werden. Vor allem aber dient<br />
es der Sicherheit: Anders als Helium<br />
kann Wasser mit Beryllium reagieren<br />
und dabei Wasserstoff freisetzen. Der<br />
heliumgekühlte Divertor wird daher<br />
am Forschungszentrum Karlsruhe<br />
weiter entwickelt (siehe Kap. 7.3.4).<br />
Die hohe Wärmeleistungsdichte erfordert<br />
eine sorgfältige Divertorauslegung<br />
unter enger Verknüpfung von<br />
Fertigungstechnologie und Materialprozesstechnik,<br />
insbesondere in Bezug<br />
auf das Schutzschichtmaterial<br />
auf Wolfram-Basis und auf das Strukturmaterial<br />
auf Basis von niedrigaktivierbarenferritisch-martensitischen<br />
Stählen.<br />
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