Broschüre "Kernfusion" - KIT - PL FUSION
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72<br />
Abb. 10:<br />
Die für ITER entwickelte<br />
Hochfrequenz-Quelle des<br />
IPP für negative Ionen.<br />
(Foto: IPP)<br />
Da das JET-Programm vor allem der<br />
Vorbereitung von ITER dient, ist der<br />
Vergleich zwischen JET und dem<br />
Garchinger ASDEX Upgrade – den<br />
beiden größten ITER-ähnlichen Tokamaks<br />
in Europa – besonders fruchtbar.<br />
Ein Highlight waren hier die<br />
Experimente zum „Verbesserten H-<br />
Regime“. Im Sommer 2003 gelang es<br />
IPP-Wissenschaftlern, diesen mit<br />
ASDEX Upgrade entdeckten günstigen<br />
Plasmazustand auch an JET zu<br />
realisieren (siehe S. 68). Damit darf<br />
man zuversichtlich sein, dass dies<br />
auch in dem nochmals größeren<br />
ITER gelingen wird. Die zu erwartende<br />
Fusionsausbeute von ITER<br />
würde sich damit mindestens verdoppeln.<br />
Bei sonst gleichen Bedingungen<br />
könnte die Anlage in dieser Betriebsweise<br />
statt der angezielten 400<br />
mehr als 800 Megawatt Fusionsleistung<br />
liefern.<br />
IPP-Physiker und -Ingenieure sind darüber<br />
hinaus auch an der Definition<br />
und Realisation des Ausbaus der JET-<br />
Maschine beteiligt, wiederum hauptsächlich<br />
mit dem Ziel, das Verhalten<br />
von ITER besser vorauszusagen zu<br />
können.<br />
ITER-Mitarbeit<br />
Abgesehen von seiner Rolle als Gastgeber<br />
der EFDA- und ITER-Gruppe<br />
in Garching trägt das IPP mit dem<br />
Forschungsprogramm seines Experiments<br />
ASDEX Upgrade mit einem<br />
Großteil seiner Aktivitäten zur Vorbereitung<br />
des Testreaktors ITER bei.<br />
Hier sind vor allem die Untersuchungen<br />
zur Divertorphysik, zur<br />
magnetohydrodynamischen Stabilität<br />
sowie der Konzeptverbesserung hin<br />
zum „Advanced Tokamak“ zu nennen.<br />
Außerdem stehen die IPP-<br />
Wissenschaftler in allen physikorientierten<br />
Fragen in engem Kontakt mit<br />
der ITER-Gruppe und haben darüber<br />
hinaus in zahlreichen Vertragsstudien<br />
spezielle Probleme für ITER bearbeitet.<br />
Schließlich übernimmt das IPP zunehmend<br />
Arbeiten, die auf den Entwurf<br />
und Bau spezieller Komponenten<br />
von ITER hinzielen. Hier sollen<br />
Beiträge zur Diagnostikentwicklung,<br />
zu Heiz- und Stromtriebmethoden sowie<br />
zur Experimentsteuerung und<br />
-regelung erbracht werden. Zum Beispiel<br />
läuft im Bereich Technologie in<br />
Garching zur Zeit ein Entwicklungsprogramm<br />
für eine neuartige Ionenquelle<br />
zur Plasmaheizung von ITER<br />
mit energiereichen Neutralteilchenstrahlen<br />
(Abb. 10). Ausgangspunkt<br />
hierzu sind, anders als für bisherige<br />
Fusionsanlagen, Strahlen aus negati-<br />
ven Ionen. Die Erzeugung, Beschleunigung<br />
und anschließende Neutralisation<br />
negativer Wasserstoff-Ionen,<br />
die im Unterschied zu positiven Ionen<br />
sehr fragile Gebilde sind, ist in physikalischer<br />
und technischer Hinsicht<br />
allerdings eine große Herausforderung.<br />
Für ITER verlangt sind zudem<br />
hohe Teilchenenergien nahezu im<br />
Dauerbetrieb.<br />
Neutralteilcheninjektoren mit negativen<br />
Ionen werden weltweit in mehreren<br />
Laboratorien entwickelt, bisher<br />
auf der Grundlage von Bogenquellen.<br />
Da diese Quellen jedoch sehr reparaturanfällig<br />
sind und solche Reparaturen<br />
bei ITER nur per Fernbedienung<br />
möglich wären, würden sie<br />
erheblichen Aufwand und lange Ausfallzeiten<br />
verursachen. Hochfrequenz-Plasmaquellen,<br />
wie sie Mitte<br />
der 90er-Jahre erstmals am Garchinger<br />
Tokamak ASDEX Upgrade<br />
eingesetzt wurden, versprechen dagegen<br />
eine erheblich längere Lebensdauer<br />
und sind zudem einfacher aufgebaut.<br />
Im Rahmen eines Entwicklungsvertrag<br />
untersucht das IPP daher<br />
die Eignung einer Hochfrequenz-<br />
Quelle für ITER genauer, wobei alle<br />
für ITER erforderlichen Parameter<br />
nachzuweisen sind. Wie die bisherigen<br />
Ergebnisse zeigen, ist die Hochfrequenz-Ionenquelle<br />
des IPP auf<br />
dem besten Wege, als Kandidat für<br />
ITER in Betracht gezogen zu werden.