Broschüre "Kernfusion" - KIT - PL FUSION
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stoß des Treibhausgases Kohlendioxid<br />
deutlich reduziert werden soll. Dann<br />
könnte Fusion im Jahr 2100 etwa 20<br />
bis 30 Prozent des europäischen<br />
Strombedarfes decken. Hauptkonkurrenten<br />
der Fusion sind dabei Kohle<br />
und Kernspaltung. Während ein<br />
starker Ausbau von Kohle- oder<br />
Kernspaltenergie die Ausbreitung<br />
der Fusion verhindern würde, entwikkeln<br />
sich Fusion und Erneuerbare<br />
Energien parallel, was sich durch die<br />
sehr unterschiedliche Charakteristik<br />
der Techniken erklärt: Fusion bedient<br />
in erster Linie die Grundlast, wofür<br />
Wind- und Sonnenkraftwerke wegen<br />
ihrer intermitterenden Leistungsabgabe<br />
nicht geeignet sind, solange<br />
nicht Speicher mit großer Kapazität<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Die ECN-Studie zeigt, dass Fusion<br />
dort die meisten Marktanteile gewinnen<br />
wird, wo die geforderte Reduktion<br />
der Treibhausgase am striktesten<br />
ist. Zwar werden kurz- und mittelfristig<br />
Kohlendioxid-Einsparungen<br />
möglich, indem Kohle durch Gas ersetzt<br />
wird. In der zweiten Jahrhunderthälfte<br />
müssen die Gaskraftwerke<br />
aber ersetzt werden, wofür sich die<br />
Fusion anbietet. Im globalen Blickwinkel<br />
wird die Bedeutung der Option<br />
Fusion noch deutlicher: In Ländern<br />
wie Indien und China sind in<br />
den nächsten Jahrzehnten fast nur<br />
Kohlekraftwerke geplant. Kraftwerke<br />
und Infrastruktur sind auf Lebenszeiten<br />
von 30 bis 40 Jahren ausgelegt –<br />
zu dieser Zeit soll das Fusionsdemon-<br />
strationskraftwerk DEMO mit der<br />
Stromerzeugung beginnen.<br />
Fusion in Indien<br />
Entsprechend wurde untersucht, welche<br />
Rolle Fusionskraftwerke für die<br />
künftige Energieversorgung Indiens<br />
spielen könnten. Hierzu erschien<br />
2002 die Studie „Long-term Energy<br />
Scenarios for India“, die gemeinsam<br />
von dem Indischen Institut für Management<br />
(IIM) in Ahmedabad, dem<br />
Max-Planck-Institut für Plasmaphysik<br />
(IPP) in Garching und der Netherlands<br />
Energy Research Foundation<br />
(ECN) erarbeitet wurde. Die für die<br />
Langzeitstudie benutzten Rechenverfahren<br />
modellieren die künftige Wirtschaftsentwicklung<br />
Indiens und die<br />
damit einhergehende Energienachfrage<br />
bis zum Jahr 2100. Informationen<br />
über die Entwicklung der Energieressourcen,<br />
verschiedener Energietechnologien<br />
sowie weiterer Faktoren,<br />
die den Energiemarkt beeinflussen,<br />
fließen aus gesonderten Studien<br />
ein. Das Modell sucht dann –<br />
unter jeweils vorgegebenen Randbedingungen<br />
wie freie Marktentwicklung<br />
oder Kohlendioxidbegrenzung –<br />
die Kombination von Energietechnologien<br />
heraus, bei denen die Gesamtkosten<br />
des Systems am niedrigsten<br />
sind.<br />
Die indische Bevölkerung – bereits<br />
heute mehr als eine Milliarde Menschen<br />
– wächst pro Jahr um etwa 15<br />
Millionen; die Wachstumsraten der<br />
indischen Wirtschaft zählen zu den<br />
höchsten weltweit: Von 1975 bis<br />
2000 hat sich das Bruttosozialprodukt<br />
verdreifacht, der Energieverbrauch<br />
– hauptsächlich Kohle – vervierfacht<br />
und die Stromnachfrage<br />
verfünffacht. Ähnlich rasant wird es<br />
nach den Prognosen der indischen<br />
Wirtschaftswissenschaftler weitergehen:<br />
In den nächsten hundert Jahren<br />
wird die Bevölkerung Indiens auf 1,6<br />
Milliarden Menschen anwachsen, das<br />
Bruttosozialprodukt auf das 80fache<br />
und die Energieerzeugung von jetzt<br />
15 auf 110 Exajoule auf das siebenfache<br />
steigen.<br />
Bleibt die Entwicklung der indischen<br />
Energiewirtschaft den Marktkräften<br />
alleine überlassen, so wird auch im<br />
Jahr 2100 die im Lande reichlich vorhandene<br />
Kohle der wesentliche Energielieferant<br />
sein, insbesondere in der<br />
Stromwirtschaft – mit fatalen Folgen<br />
für die weltweiten Bemühungen um<br />
den Klimaschutz (Abb. 2, s. Seite<br />
48): Über 70 Prozent des Strombedarfs<br />
wird durch das Verbrennen von<br />
Kohle gedeckt werden, 5 Prozent<br />
übernehmen Erdöl und Erdgas. Sieben<br />
Prozent wird die Kernspaltung<br />
liefern; sechs Prozent werden Erneuerbare<br />
Energien beitragen, vor<br />
allem Wind- und Wasserkraft. Fusion<br />
als neue und kapitalintensive Technologie<br />
kann unter diesen Bedingungen<br />
nicht mit den anderen Grundlast-<br />
Energieerzeugern konkurrieren.<br />
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