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Analyse des menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen

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In Gedanken und Gesprächen wird das erlebte Beben gleichsam wiederholt.<br />

...“Wir erwägen verschiedene Möglichkeiten der Vorbeugung!! (Butollo 1984, 51)<br />

Butollo und se<strong>in</strong>e Familie gehen dann wieder <strong>in</strong> die Wohnung zurück.<br />

„Das Ausführen e<strong>in</strong>er gewohnten Tätigkeit lenkt von angstbezogenen Gedanken<br />

ab“ (Butollo 1984 53).<br />

„Ich gehe vor das Haus, schaue mir den Abendhimmel, das Meer und die Häuser<br />

an. Die existentielle Bedrohung durch das Erdbeben wird plötzlich <strong>in</strong> der Vorstellung<br />

sehr lebendig. Die Angst tritt jetzt ungebremst auf, doch ist es diesmal<br />

ke<strong>in</strong> „heißes“, aktives, me<strong>in</strong> Verhalten antreiben<strong>des</strong> Gefühl wie im Falle der<br />

fluchtbegleitenden Furcht. Es ist „kalt“, „klirrend“, e<strong>in</strong> Gefühl, das gepaart ist<br />

mit klarer E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Hilflosigkeit und dem Kontrollverlust angesichts elementarer<br />

Ereignisse, e<strong>in</strong> Gefühl <strong>des</strong> Grauens und der Katastrophenerwartung,“<br />

Butollo 1984, 53, Hervorhebung von Verf.).<br />

Der Distressnachschlageffekt wurde bisher bei E<strong>in</strong>satzkräften im Zuge der Rettung<br />

von bedrohten Menschen zu wenig beachtet. Obwohl über das Phänomen<br />

noch wenig bekannt ist, sollte zukünftig darauf geachtet werden. Trifft es doch<br />

vorwiegend Menschen, die e<strong>in</strong>er dysfunktionalen Extremlage ausgesetzt waren<br />

und dar<strong>in</strong> lebensbedrohliche Erlebnisse hatten. Nach dem beschriebenen Entstehungsmechanismus<br />

ist es ratsam, die Nachbewertung der bedrohlichen Situation<br />

zu begleiten, <strong>in</strong>dem körperlich aktiviert wird. E<strong>in</strong> anderer Weg besteht noch dar<strong>in</strong>,<br />

den Alarmzustand <strong>des</strong> bedrohten Menschen nur allmählich abkl<strong>in</strong>gen zu lassen.<br />

5.4.3.4 Vorwarnsymptome bei beg<strong>in</strong>nenden Distressphasen<br />

Bei Beobachtungen und <strong>Analyse</strong>n von E<strong>in</strong>sätzen ergaben sich nicht nur die bereits<br />

näher beschriebenen Verhaltensbesonderheiten, sondern die e<strong>in</strong>zelnen Distressphasen<br />

ließen sich durch Vorwarnsymptome rechtzeitig erkennen. Solche Vorwarnsymptome<br />

s<strong>in</strong>d für die E<strong>in</strong>satzkräfte bedeutungsvoll, weil sie durch Eigenbeobachtung<br />

oder Beobachtungen durch den Nebenmann beg<strong>in</strong>nen<strong>des</strong> Fehlverhalten<br />

rechtzeitig ausmachen und bee<strong>in</strong>flussen können. Folgende Vorwarnsymptome<br />

konnten gefunden werden:<br />

(1.) Mentales Fremdgehen:<br />

Hierbei handelt es sich um e<strong>in</strong> gedankliches Auswandern aus der bedrohlich<br />

werdenden Situation. E<strong>in</strong>satzleiter gehen nach Hause, um ihr Hemd zu wechseln,<br />

andere Führungskräfte verschw<strong>in</strong>den <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Park, wieder andere verlassen<br />

ihren Platz im Lagezentrum und halten sich auffallend lange <strong>in</strong> den Toiletten<br />

auf. Das Auswandern kommt auch bei Piloten vor, wenn sie den<br />

E<strong>in</strong>druck haben, dass die Notlage nicht mehr beherrschbar ist und das Flugzeug<br />

abstürzt. Das mentale Fremdgehen begleitet offensichtlich Menschen,<br />

die den E<strong>in</strong>druck haben, dass sie der Bedrohungssituation nicht mehr gerecht<br />

werden. Ihre Gedanken suchen weniger strapaziöse Belastungen. Durch diese<br />

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