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Analyse des menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen

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ung während <strong>des</strong> Zweiten Weltkrieges (Dok. 9). Vor allem die Risikoe<strong>in</strong>schätzungen<br />

bei e<strong>in</strong>stürzenden Häusern und bei Fliegerangriffen adaptieren<br />

realistisch. Damit ist gesagt, dass <strong>in</strong> realen Situationen, die Risikoe<strong>in</strong>schätzungen<br />

und das danach ausgerichtete Verhalten gefahrenzweckmäßig ist. Im<br />

Laufe der Zeit schleifen sich Überschussreaktionen ab. Die Risikosensibilität<br />

kann sich offensichtlich sehr präzise entwickeln. Allerd<strong>in</strong>gs gel<strong>in</strong>gt dies vermutlich<br />

nur, wenn das Individuum den Gefahren <strong>in</strong> unterschiedlichem Maße<br />

fortlaufend ausgesetzt ist. Dies ist auch durch die Augenzeugen <strong>des</strong> Luftangriffes<br />

auf Hamburg dokumentiert (Luftangriff Hamburg 1943). Die Polizeibeamten,<br />

Offiziere und sonstigen Berichterstatter behielten gemäß den Schilderungen<br />

e<strong>in</strong>e relative Übersicht. Menschen, die Erfahrungen aus<br />

vorhergegangenen Bombennächten hatten, schätzten die Risiken z.B. von<br />

Feuerwänden, von Rauch, Hitze und geschlossenen Kellern richtig e<strong>in</strong>. Vor<br />

allem die orkanartigen Stürme konnten von den erfahrenen Menschen nach<br />

ihren Risiken richtig e<strong>in</strong>geschätzt werden. Das anfangs nicht kalkulierbare<br />

Risiko wurde allmählich kalkulierbar. Dies galt besonders für das Hitzerisiko.<br />

Viele haben sich verschätzt, wenn es darum g<strong>in</strong>g, die Kleider nass zu<br />

machen. Viele konnten auch bei Feuerwänden und beim Feuerregen nicht e<strong>in</strong>schätzen,<br />

ob sie zwischendurchgehen oder wieder <strong>in</strong> ihren Keller zurückkehren<br />

sollten. G<strong>in</strong>gen sie zurück, kamen sie <strong>in</strong> den „Schutzräumen“ um. Solche<br />

Risikoabwägungen s<strong>in</strong>d aufgrund ihres akuten Anforderungscharakters auf<br />

Anhieb meistens nicht kognitiv zu bewältigen.<br />

Risikoabwägungen <strong>in</strong> akuten lebensbedrohlichen <strong>Gefahrensituationen</strong> gel<strong>in</strong>gen<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich nur dann noch, wenn schon die E<strong>in</strong>schätzungsmuster für<br />

die jeweilige Gefahr und ihre Entwicklung vorprogrammiert s<strong>in</strong>d. Das Verhalten<br />

organisiert sich sonst nach der noch überschaubaren Möglichkeit, die<br />

aber nicht immer die sichersten Überlebenschancen e<strong>in</strong>räumt.<br />

(3.) Dynamisierende Risikosituationen<br />

Das menschliche Verhalten <strong>in</strong> dynamisierenden Risikosituationen ist nicht<br />

mehr e<strong>in</strong>zuschätzen. Dies gilt auch für die Gefahrenseite. Die Situationen<br />

eskalieren, wodurch die sonst zur Risikoe<strong>in</strong>schätzung treffsicheren Funktionen<br />

weitgehend versagen. Dynamisierende Lagen s<strong>in</strong>d solche, über die die<br />

Kontrolle verloren gegangen ist. Dynamisierende Risikosituationen werden<br />

auch oftmals als chaotisch bezeichnet. Die Übersicht ist vollständig verloren<br />

gegangen. Allerd<strong>in</strong>gs muss bei solchen Begriffen immer genau h<strong>in</strong>gesehen<br />

werden, welchen Situationen sie zugeordnet s<strong>in</strong>d und wer sie benutzt. Meistens<br />

s<strong>in</strong>d es Menschen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Risikosituation nicht nur die Übersicht<br />

verloren haben, sondern auch nicht mehr <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, Entwicklungen der<br />

Risiken, Lokalisation der Risiken, Art der Risiken u.v.m. auszumachen. Die<br />

Dimensionierung und Funktion der Risiken können von den betreffenden<br />

Menschen nicht mehr verarbeitet werden.<br />

Dynamische Risikosituationen s<strong>in</strong>d auch e<strong>in</strong> <strong>Analyse</strong>gegenstand aus chaostheoretischer<br />

Sicht. Term<strong>in</strong>ologisch s<strong>in</strong>d Unübersichtlichkeit, Desorganisation<br />

<strong>des</strong> Verhaltens, der Kommunikation u.ä. Stützen dieses Ansatzes. So wird<br />

mit Vorliebe versucht, das Unerklärbare, das nicht E<strong>in</strong>schätzbare, das nicht<br />

genau Erkennbare u.v.m. als chaostheoretische Variablen zu benutzen. In der<br />

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